Ab Oktober 2014 steht der kantig gestylte Lexus NX bei den Händlern in Deutschland. AUTO BILD ist den Zackenbarsch schon einmal Probe gefahren.
Video: Lexus NX (2014)
So fährt das neue Lexus-SUV
Kleiner ist feiner. Das haben jetzt auch die Strategen bei Lexus erkannt und stellen ihrem großen Geländewagen RX deshalb den NX zur Seite. Ab Oktober 2014 wollen sie damit Erfolgsmodellen wie BMW X3 oder Audi Q5 ans Leder. Nicht umsonst wird der Geländegänger mit seinen 4,63 Metern eine Handbreit kürzer als der RX – und fast 15.000 Euro billiger. Denn starten werden die Preise knapp unter 40.000 Euro. Dass zwischen der fast schon schockierend bösen Studie von der IAA 2013 und dem Serienstart nur ein Jahr liegt, hat einen einfachen Grund: Viel hat sich an dem Auto seitdem nicht mehr geändert. Wo die Japaner sonst gerne die leisen Töne anschlagen und deshalb oft genug überhört werden, hat dieses Auto sein brüllendes Design behalten: Mit dem fiesen Kühlergrill im Diabolo-Style, dem teuflischen Grinsen und den klaren Kanten stempelt der NX sogar Modelmodelle wie den neuen BMW X4 zu Langweilern und hat das Überholprestige eines Batmobils. Wo seine LED-Scheinwerfer aufflammen, räumt man freiwillig die linke Spur.
Der Motor ist schwächer als erwartet
Die unverwechselbare Gestaltung setzt sich auch am Heck fort.
Dumm nur, dass der Nachzügler unter den kompakten Kraxlern für die Oberliga lange nicht so forsch fährt, wie er auftritt. Denn so ganz kann die Toyota-Tochter eben doch nicht aus ihrer Haut und spielt deshalb erst einmal die Hybrid-Karte. Wo die Konkurrenz ihre Kundschaft mit potenten Sechszylinder-Benziner oder drehmomentstarken Dieseln verführt, regiert bei Lexus die Vernunft: Wie der GS fährt der NX mit einem 2,5 Liter großen – aber nur 155 PS und 210 Nm starken – Vierzylinder, der elektrisch unterstützt wird. In der Frontantriebsvariante hilft dabei ein 143-PS-Stromer, und wer für rund 2000 Euro das AWD-Paket bestellt, bekommt auch noch eine 68-PS-Maschine im Heck. So klettert zwar die Systemleistung auf 197 PS, doch schon kurz nach dem Kickdown verliert sich die Kraft irgendwo im stufenlosen Automatikgetriebe. Beim Ampelspurt noch relativ weit vorn dabei, schwimmt man in der Stadt und über Land nur im Verkehr mit und fährt auf der Autobahn sogar hinterher. Denn während die Konkurrenten locker mit mehr als 200 Sachen über die linke Spur stürmen, ist für den Lexus bei 180 km/h Schluss.
Klare Kante: Auch die Heckleuchten haben ihren eigenen Stil.
Dabei hätte er auch über das Design hinaus durchaus das Zeug zum Sportler – nicht umsonst ist die aus Lexus CT und Toyota RAV4 kombinierte Plattform extrem steif. Und nicht ohne Grund gibt es drei verschiedene Fahrmodi, mit denen man den Charakter nachhaltig beeinflussen kann: Die Lenkung wird mit jedem Dreh am Schalter auf dem Mitteltunnel ein bisschen schärfer, die Federung versteift sich spürbar, die Hybrid-Anzeige im Cockpit macht Platz für einen Drehzahlmesser und die Gasannahme wird spontaner – nur auf der Straße kommt von dieser Sportlichkeit irgendwie nicht viel an. Aber Lexus hat einen doppelten Trost: Erstens hat man die ganzen Raser mit einem Durchschnittsverbrauch von 5,0 Litern spätestens an der Tankstelle wieder eingeholt. Und zweitens gibt es im nächsten Frühjahr ja noch einen Benziner. Der hat zwar auch nur vier statt sechs Zylinder, aber dafür zum ersten Mal in der Lexus-Geschichte einen Turbo. So kommt er bei 2,0 Litern Hubraum auf immerhin 238 PS und 350 Nm, schafft den Sprint von 0 auf 100 in 7,3 statt 9,2 Sekunden und kratzt wenigstens an der 200er-Marke.
Was dem Lexus an Elan fehlt, macht er mit Eleganz wett. Denn während der NX außen provozierend böse wirkt, lockt er innen mit Lack und Leder wie eine Luxuslimousine. Dabei fühlt man sich vorn zwischen dem hohen Mitteltunnel und der zackigen Mittelkonsole mit den Augen auf dem Head-up-Display und den Fingern auf einem neuen Touchpad fast so vereinnahmt wie in einem Sportwagen, während der Lexus hinten beinahe den Kombi gibt. Denn sobald man mal unter dem niedrigen Dachholm durchgetaucht ist, kann man auch auf der Rückbank überraschend gut sitzen. Und wer sich als Lademeister versuchen will, kann nicht nur einen 555 Liter großen Kofferraum mit elektrischer Klappe und endlich auch einem Staufach im Tiefparterre nutzen, dass durch den Umzug der in zwei Hälften geteilten Hybridakkus unter die Sitzpolster möglich wird. Sondern zum ersten Mal in diesem Segment lassen sich im NX auch die Rücklehnen elektrisch um- und wieder aufklappen. Und das ist nicht die einzige Technik-Premiere, die man im Kleingedruckten entdeckt. Sondern auch das Pad zum kabellosen Laden das Handys und die Türgriffe mit den unsichtbaren Schlössern gibt es so noch bei keinem anderen Auto.
Fazit
von
Thomas Geiger
Das Design ist eigenständig, die Preisposition konkurrenzfähig und das Interieur zwar ein bisschen überladen, aber ausgesprochen vornehm und obendrein sehr funktional. Im Prinzip könnte der NX damit den etablierten Erfolgsmodellen aus dem deutschen Süden in die Parade fahren. Aber zumindest in ihrer Heimat werden sich Audi, BMW und Mercedes kaum Sorgen machen müssen. Bei aller Liebe zur Umwelt fehlt dem Hybriden im Mutterland der Autobahn die Leistung der Benziner und das Drehmoment der Diesel.