Unser Dauertestfuhrpark war schuld! Vielleicht erinnern Sie sich, wir hatten vor einiger Zeit einen wunderschönen Mercedes Sprinter von einer Reisemobilmanufaktur aus Echzell im Dauertest. Leider war der La Strada Regent S 4x4 wegen des Allradantriebs auf 4,1 Tonnen aufgelastet.
Während also einige meiner Kollegen munter mit meinem Traumvan auf Testfahrt gingen, konnte ich mir nur neidisch ihre Reisefotos ansehen. Glücklicherweise gibt es eine Lösung für diese Misere. Und die heißt Peter.
C1 Führerschein
Unser Fahrschul-Truck: ein Renault D mit 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Peter ist bei der Fahrschule Musick in Hamburg unter anderem für die "kleine" Lkw-Ausbildung zuständig, also die Führerscheinklasse C1 – und soll meiner Kollegin Helene Schmidt, die sich auch regelmäßig in zu schwere Reisemobile verguckt, und mir das Fahren mit dem 7,5 Tonnen schweren Fahrschul-Truck beibringen.

Sechs Abende à 90 Minuten Unterricht

Hinter uns liegen sechs Abende à 90 Minuten Unterricht inklusive Spezialwissen zu Lkw-Technik und gewerblichem Gütertransport sowie eine bestandene Theorieprüfung. (Deutschlands beste Caravan- und Reisemobilhändler)
"Und jetzt halte bitte an und fahr rückwärts auf die Laderampe zu", sagt Peter und beobachtet mich aufmerksam. Mist, denke ich. Ausgerechnet das Rückwärtsfahren ist mein Schwachpunkt.

Ein Sehtest mit Gesichtsfeldprüfung ist Pflicht

Ich habe leider Probleme mit dem räumlichen Sehen. Das wusste ich zwar, doch die Augenärztin hat mir das bei dem langen Sehtest, unter anderem mit Gesichtsfeldprüfung und Augenbeweglichkeit, den man im Vorfeld machen muss, schriftlich bestätigt. Bestanden habe ich ihn trotzdem. Kann also nicht so schlimm sein.
Während ich in den Spiegeln Ausschau nach nahendem Verkehr halte, wandert meine Hand Richtung Schaltknauf. "Halt!", donnert es plötzlich vom Beifahrersitz. "Ganz wichtig: Wenn du den Rückwärtsgang einlegst, bevor du jemanden gebeten hast, dich einzuweisen, ist die Prüfung gleich vorbei", erklärt Peter.

Auf zur Prüfung – die Nerven liegen blank

Solche Sätze höre ich im Laufe der Ausbildung häufiger. Ehe ich mich versehe, steht der Prüfungstermin vor der Tür. Meine Nerven liegen blank. Bei meiner letzten Fahrprüfung auf dem Motorrad bin ich beim ersten Mal durchgerasselt.
Doch der Prüfer ist nett und entspannt. Zu dritt hocken wir im Lkw und düsen durch Hamburg. Landstraße, Autobahn, Stadtverkehr, einparken, schon sind 75 Minuten um. "Herzlichen Glückwunsch", sagt er und händigt mir meinen neuen Führerschein aus. "Juhu!", schreie ich. Der Satz mit dem Rückwärtsgang hat sich eingebrannt.

Theorie

Die gelben Zettel sind passé. Gebüffelt und geprüft wird heute per App. Neben Wissensfragen kommen auch Fotos und Videos mit Verkehrssituationen vor. Es gibt verschiedene Trainingsprogramme und geführte Lernwege.
C1 Führerschein
Die Theorieprüfung umfasst 30 Fragen. Auf Wunsch kann sie auch in einer anderen Sprache abgelegt werden.
Bild: Helene Schmidt / Reisemobil

Hat man genügend Testprüfungen bestanden, wird obiges Bild angezeigt, und der Schüler bekommt einen Prüfungstermin.

Karten

"1. Bedienung der Schalter am EG-Kontrollgerät." Das ist eine mögliche Aufgabe, die der Fahrschüler zu Beginn der Prüfung erfüllen muss. Der Prüfling soll damit zeigen, dass er die spezifische Lkw-Technik und deren grundlegende Wartung und Prüfung verstanden hat.
C1 Führerschein
Die gelben Karten sind Teil der praktischen Prüfung. Der Schüler soll sein Grundwissen zur Technik zeigen.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD

Der Fahrschüler zieht eine von zehn Karten, auf denen jeweils sieben solcher Aufgaben stehen, und erfüllt sie nach und nach.

Abfahrkontrolle

Sind die Reifen beschädigt? Wurde die Plane richtig befestigt? Laufen Betriebsflüssigkeiten aus? Funktioniert die Beleuchtung? Bevor es auf die Straße geht, müssen Lkw und Aufbau auf Schäden und Defekte kontrolliert werden. Vor allem bei längeren Standzeiten, die ja häufig auch Wohnmobile haben, ist das besonders wichtig. Und es ist Teil der praktischen Prüfung.
C1 Führerschein
Zu den Einstellungen von Sitz und Spiegel kommt noch die Bedienung des Fahrtenschreibers hinzu.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD

Einstellungen

Wer schon lange seinen Pkw-Führerschein hat, kennt das: nur mal kurz mit dem Auto des Partners zum Bäcker fahren. Da braucht man ja nun nicht extra die Spiegel zu verstellen. Beim Fahren eines Lkw kann das im schlimmsten Fall das Leben von Passanten kosten. Bei der Ausbildung wird deshalb besonders genau darauf geachtet.

Fahren

Reisemobilisten mit Erfahrung, die auf ein größeres Fahrzeug umsteigen, haben es leichter. Der Lkw der Fahrschule ist höher, länger und breiter als Mobile an der 3,5-Tonnen-Grenze, doch nicht so viel, dass man sich komplett umgewöhnen muss. Noch kniffliger wird es jetzt in Baustellen. Hier bleiben links und rechts nur wenige Zentimeter Platz.

Alles zum "kleinen" Lkw-Führerschein

Dauer

Die hängt von vielen Faktoren ab wie Stundenanzahl und -häufigkeit. Größtes Problem in den meisten Fahrschulen: Die Stunden finden am Tag unter der Woche statt. Berufstätige, die das zeitlich nicht schaffen, sollten noch vor der Anmeldung in der Fahrschule nachfragen, ob Fahrten am Wochenende oder am späten Abend möglich sind.

Kosten

Der endgültige Preis setzt sich u. a. aus Anmeldegebühr, Vorstellung zu den Prüfungen und den Fahrstunden zusammen. Verpflichtend sind Sonderfahrten, die aus drei Überland- sowie jeweils einer Autobahn- und Nachtfahrt bestehen. Hinzu kommt die Grundausbildung nach der Fahrschüler-Ausbildungsordnung. Diese benennt keine verpflichtende Stundenanzahl, aber konkrete Lerninhalte, die der Fahrlehrer in Übungsstunden vermitteln muss.
C1 Führerschein
Hat man die Prüfung bestanden, händigt der Prüfer sofort den neuen Führerschein aus. Dann kann's ja losgehen!
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Eine Fahrstunde à 45 Minuten kostet bei der Fahrschule Musick 70 bzw. 80 Euro, ein üblicher Satz. Die Gesamtkosten lagen bei uns am Ende bei knapp 3000 Euro pro Person.

Führerscheinklassen

Seit dem 1. Januar 1999 dürfen Pkw-Führerschein-Neulinge nur noch Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von maximal 3,5 Tonnen fahren. Wer bis zu 7,5 Tonnen bewegen will, braucht die Klasse C1. Achtung: Die bezieht sich nur auf das Fahrzeug. Die Anhängelast ist auf 750 Kilo begrenzt. Seit 2017 ist der C1-Führerschein befristet. Nach fünf Jahren müssen erneut ein ärztliches Attest sowie ein Sehtest vorgelegt werdend. Bisher betraf das nur C1-Fahrer ab 50. Nun gilt es für alle, auch rückwirkend.