In der GTI-Liga ist nicht nur der VW Golf heimisch. Nach dem BMW 1er lässt es nun auch Mercedes mit der A-Klasse krachen. Wir testen das Spaß-Trio.
Bild: Christoph Börries
Schon mal etwas von Brinellprüfung gehört? Von der Vickers-oder der Rockwellmethode? Alle drei Begriffe bezeichnen Verfahren, um die Härte eines Materials zu bestimmen. Unsere Prüfungen heißen Zarrentin oder Hemmingstedt. Hier in Ludwigslust-Parchim beziehungsweise Dithmarschen, wo die Straßen schlecht, der Asphalt brüchig und die Fahrbahnen wellig sind, verlaufen unsere Komfort-Prüfrunden. Hier stöbern wir (zu) harte Fahrwerke auf. Wie zuletzt bei der A-Klasse. Die war uns (und wohl auch vielen Kunden) zu straff abgestimmt, entsprechend gab es Schelte für ungebührliches Ruckeln im Gebälk und Punktabzug im AUTO BILD-Vergleichstest.
Bei den Motoren gehen die drei ziemlich in die Vollen
Kräftig gebaut: Die Leistungsspanne von 1er, Golf und A-Klasse reicht von 211 bis 230 PS.
Bild: Christoph Börries
Inzwischen steht die überarbeitete A-Klasse bereit – wir drücken auf Neustart. Im Prinzip gibt es eine solche Taste tatsächlich. Auf Knopfdruck reagieren bei der sogenannten Dynamic-Select-Funktion die Stoßdämpfer sanfter, aus der ehemals harten Klasse rutscht der Babybenz dann, elektronisch an die Hand genommen, direkt in die sanfte Liga. Kurz: Der Fahrkomfort einer A-Klasse steigt. Etwa über das Niveau der Konkurrenten? Wir lassen den A 250 in die Blechflanken von BMW 125i und VW GolfGTI pieksen. In dieser sportlich orientierten Klasse (der Mercedes schafft 211 PS, aus dem 125i kitzelt BMW 218 PS) darf es bei Volkswagen schon ein 230 PS starker GTI Performance sein. Also: Nehmen wir die drei Kompakten hart ran. Am Ende küren wir den Besten. Nicht nur auf Härte wie bei Vickers oder Brinell geprüft – sondern natürlich in allen Belangen nach der AUTO BILD-Methode.
Mit der Dynamic-Select-Funktion wird die A-Klasse komfortabel
Gut: Die A-Klasse trifft die Mitte von komfortabler Federung und sportlich-innigem Fahrbahnkontakt.
Bild: Christoph Börries
Mercedes A 250: "Comfort" heißt der Kuschelmodus im A 250 – in diesem Programm reagiert das Gaspedal sanft, die Lenkung unterstützt mit ordentlich Servozugabe, die Stoßdämpfer arbeiten feinfühlig. Ausreichend feinfühlig, wie wir auf besonders welliger Oberfläche feststellen konnten. Die A-Klasse trifft die Mitte von komfortabler Federung und sportlich-innigem Fahrbahnkontakt. Ein sauberer Kompromiss. Was man vom Motor nicht sagen kann. Den haben die Schwaben ohne Wenn und Aber auf Schub geschaltet. So heftig wie dieser Zwoliter-Turboblock drückt hier keine andere Maschine ihr Drehmoment heraus. Bereits ab knapp über 1000 Touren geht die Post ab, geschmeidig dreht der Vierzylinder im 250 hoch, läuft in allen Bereichen vibrationsarm. Tempo 200 plus erreicht ein A 250 quasi im Handstreich. Allerdings: In dieser Tempoliga fühlt sich das Auto nicht besonders wohl. Leicht schwimmend zieht der kleine Mercedes seine Bahn, ständig muss der Fahrer die kleinen Abweichungen ausgleichen.
Der Rest vom A 250 ist typisch A-Klasse: aufgeräumt in der Bedienung, eher eng im Innenraum und nicht ganz so perfekt zusammengebaut – die Karosseriespaltmaße erscheinen uns zu groß und unregelmäßig für einen Grundpreis von über 32.000 Euro. Ebenfalls nicht unbedingt der Preisliga würdig: Der Schalthebel rutscht auf längeren Wegen unwillig in die Rasten, hohe Fahrgeräusche dringen in den Innenraum, und in den ersten beiden Gängen ringen Grip der Vorderreifen und Stärke der Maschine um die Macht – oft verlieren die Reifen und drehen durch.
Solide: Das sehr weich ansprechende Fahrwerk verleiht dem 1er eine große Portion Gelassenheit.
Bild: Christoph Börries
BMW 125i: Der Hinterradantrieb des 125i, saftige 218 PS sowie eine direkt ansprechende Lenkung deuten auf eine quicklebendige Fahrmaschine hin. Von wegen! Den knackigen Kracher haben wir aus dem fast 1,5 Tonnen schweren Fünftürer nicht herauskitzeln können. Eher ist der BMW der luxuriöse Gleiter in diesem Trio. Tatsächlich verleihen ihm das sehr weich ansprechende Fahrwerk (reagiert in vier Stufen auf Tastendruck), der ebenso leise wie elastische Motor und die im Testwagen verbaute Achtstufenautomatik eine dicke Portion Gelassenheit. Fehlt nur ein unbeirrbarer Geradeauslauf (besonders bei hohem Tempo) sowie eine tadellose Sitzposition (man sitzt hoch und leicht verdreht vor der schräg angeordneten Lenksäule), schon wäre der 1er der ideale Reisebegleiter. Noch etwas stört das Gefühl vollendeter Fürsorge: Die Ausstattung fällt sowohl in Sachen Komfort als auch Sicherheit verhältnismäßig mager aus. Eine Kollisionswarnung zum Beispiel kostet ebenso Aufpreis (520 Euro im Paket) wie eine Bluetooth-Anbindung fürs Smartphone oder die Echtzeitverkehrsinfo-Funktion RTI (plus 1890 Euro).
Der Golf kombiniert Sport und Alltagstauglichkeit perfekt
Mal von seiner Sportlichkeit abgesehen, ist der Golf neben A-Klasse und 1er der funktionalste Testkandidat.
Bild: Christoph Börries
VW Golf GTI: Der Golf gilt ja unbestritten als Begründer der Klasse "Kompakt mit Kawumms". GTI heißt diese Formel traditionell – und entsprechend reif wirkt hier das Konzept. Der Golf ist nämlich ein Paradebeispiel für die passende Mixtur aus Spaß und Tourentauglichkeit in einem Auto. Um das Fahrvergnügen kümmern sich ein giftiger Motor mit heller Drehfreude, die knackigste Schaltung in diesem Test sowie ein sauber abgestimmtes Fahrwerk. Feinfühlig nimmt der GTI die Straße unter die Räder, bleibt auch auf fiesen Oberflächen in innigem Kontakt mit dem Teer. Die mitteilsame Lenkung hilft, zielgenau zu dirigieren. Klasse: Der GTI klingt unter Last und bei höheren Drehzahlen sogar richtig kernig (wenn auch per künstlich erzeugter Akustik). Neben seiner lebenslustigen Ader hat der Golf aber auch noch die bodenständigen Argumente auf seiner Seite. Der GTI ist im Vergleich zu 1er und A-Klasse der mit Abstand funktionalste Wagen. Platz für Mann und Material, hervorragende Sitze sowie eine brauchbare Rundumsicht erleichtern den Umgang ungemein.
Obendrein ist der GTI in diesem Vergleich das, wenn man das so sagen darf, Angebot. Kratzen die Konkurrenten in der Testwagenkonfiguration bereits an der 40.000-Euro-Grenze, macht's VW für 5000 Euro weniger. Das ist hart – für Mercedes und BMW.
Der satte Punktabstand zu seinen Gegnern belegt: Ein VW Golf führt diese Klasse spielerisch an. Unabhängig von Leistung und sportlicher Gesinnung schafft der VW den Spagat zwischen Spaß und Fahrt ins Büro am besten. Der BMW spielt trotz dynamischer Grundhaltung den Tourer in diesem Trio – und das passt. Für Mercededs bleibt nur der dritte Platz. Der potente Motor allein reicht der A-Klasse nicht.