Der erste Eindruck lässt sich nicht wiederholen. Stimmt. Das heißt aber nicht, dass er der richtige sein muss. Manchmal täuscht er über wahre Qualitäten hinweg. Warum wir Ihnen das erzählen? Weil "unsere" neue E-Klasse genau so ein Fall von Liebe auf den zweiten Blick ist. Oder sagen wir besser: Liebe ab der ersten Ausfahrt. Der erste Rundgang in unserer Testgarage wollte erst mal keine richtige Begeisterung wecken. Ja, der Wagen sieht stattlich aus. Allerdings fällt es Mitfahrern im Fond schwer, ihre Füße ordentlich unter die Vordersitze zu stecken.
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Die E-Klasse überzeugt am meisten in Bewegung

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Video: Mercedes E-Klasse (2016)

So fährt die neue E-Klasse

Auch beim neuen Bedienkonzept mit unzähligen Verstellmöglichkeiten und immer neuen Menüs und Untermenüs, die im virtuellen Cockpit aufploppen, geht einem nicht spontan das Herz auf. Dazu noch ein paar nicht ganz korrekt eingebaute Teile bei unserem Testwagen – wo steckt denn jetzt das Wohlfühlaroma mit Sternchen? Ganz einfach: in der Bewegung. Sobald die E-Klasse einmal Fahrt aufgenommen hat, kann ihr kaum einer noch das Wasser reichen. Dann zeigt sie, was sie wirklich auf dem glänzenden Blech hat. Souverän auf jedem Meter. Extrem sicher ist sie dabei auch noch unterwegs – der Benz bremst die Konkurrenz gleich in mehreren Disziplinen aus. Gegen den neuen E 220 d mit 194 PS treten an: der Audi A6 2.0 TDI mit 190 PS sowie der 190 PS starke BMW 520d. Gucken wir in die Preisliste, entdecken wir sofort einen vermeintlichen Preisvorteil. Den Audi gibt es als ultra (mit Vorderradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe) ab 44.600 Euro, BMW und Mercedes sind 850 beziehungsweise 2500 Euro teurer. Diesen theoretischen Vorteil hält der Audi jedoch nicht.
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Der Audi fährt nicht ganz auf Höhe der Konkurrenz

Audi A6
Unterlegen: An den Komfort von BMW und Mercedes reichen weder Federung noch Antrieb des A6 heran.
Im direkten Vergleich zu den beiden anderen fehlt ihm das gewisse Quäntchen Ruhe. Heißt: An den hohen Fahrkomfort von BMW und Mercedes reichen weder Federung noch Antriebscharakter heran. Das übereifrige Anfahrverhalten des Doppelkupplungsgetriebes (begleitet von gelegentlichem Scharren der Vorderräder) sowie die zu direkte und unnötig leichtgängige Lenkung verleihen dem Auto immer etwas Nervöses. Für die Oberklasse ist das schon fast zu jugendlich wild. Dass dem Audi zum Beispiel im Vergleich mit dem Mercedes gleich zwei Fahrstufen weniger zur Verfügung stehen, wirkt sich in der Praxis kaum aus. Allerdings verbrennt der A6 mit durchschnittlich 6,1 Litern Diesel auf 100 Kilometer 0,2 Liter mehr als die E-Klasse. Dafür beweist der A6 einmal mehr seinen hohen Reifegrad: Nichts knistert oder knarzt, alles scheint perfekt auf- und aneinander zu passen. Gleichzeitig bietet er reichlich Raum auf allen Plätzen sowie üppig dimensionierte Sitze.
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Das gilt auch für den BMW. Die gut ausgeformten Sportsitze kosten faire 490 Euro Aufpreis, sind dank unzähliger Verstellmöglichkeiten und bester Polsterung jeden Cent wert. Kleiner Abstrich: Der Mitteltunnel ist breit geraten, so steht der Gasfuß immer etwas nach links abgewinkelt. Gefühlt geht es im Passagierabteil enger zu; in Millimeter gefasst steht dem 5er-Fahrer jedoch am meisten Ellenbogenraum zur Verfügung.

Per Fahrerlebnisschalter wird der BMW zum Schmeichler

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Video: E-Klasse gegen 5er BMW

Neue E-Klasse im ersten Vergleich

Den Spitzenplatz holt sich der 5er auch im Kapitel Federungskomfort. Steht der sogenannte Fahrerlebnisschalter (eine Taste, die verschiedene Stoßdämpferkennungen abruft) auf Comfort plus, wiegt der BMW seine Passagiere erstklassig über schlechte Pisten. Die Federung spricht fein an, bietet auch auf derben Wellen Reserven, insgesamt rollt die Limousine angenehm geschmeidig ab. Der Motor läuft ruhig, allenfalls unter Volllast rumort der Zweiliter präsent und für diese Klasse zu dumpf im Klang. Tadellos: Die Achtstufenautomatik schaltet erstklassig schnell und sanft, reagiert ebenfalls wach auf Kick-down-Befehle und sorgt dank breiter Spreizung für erträgliche Verbrauchswerte. Auf unserer Runde genügen dem 190 PS starken Diesel 6,1 Liter im Schnitt. Wie schlägt sich da der Motor im Mercedes? Schließlich ist das ein ganz neues Aggregat. Er schnurrt hörbar – und doch so leise wie bislang noch kein Vierzylinder-Diesel in einer E-Klasse. Selbst bei voller Beschleunigung wird er nicht zum Rüpel, läuft beinahe vibrationsfrei und kultiviert. Er zieht ohne größere Verzögerung an, dreht samtig aus.
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Weitere Details zum Test der Oberklasse-Limousinen sowie das Endergebnis finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv.

Fazit

Fahrverhalten top! So könnte man die neue E-Klasse auf die Schnelle charakterisieren. Aber das gilt auch für die Konkurrenz. Der BMW zum Beispiel hat sogar bessere Reisequalitäten. Mag das Bedienkonzept der E-Klasse verspielte Ansätze haben – so steckt auch eine Menge dahinter. Allein in Sachen Sicherheitsausstattung legt Mercedes die Latte enorm hoch. Das alles reicht für einen lockeren Sieg.