Coupés können sie bei Mercedes: CL, CLS, E-Coupé – keine deutsche Nobelmarke ist so gut bestückt und geschmückt wie die Stuttgarter. Trotzdem haben sie unterm Sternenhimmel eine dunkle Lücke entdeckt. Der zweitürige GTI für Schlipsträger, das Gegenstück zum BMW 3er Coupé – das fehlte bisher. Licht aus, Spot an: Anfang Juni 2011 erstrahlt erstmals das neue C-Klasse Coupé, stolze 4,59 Meter lang und unzweifelhaft der elegantere Bruder von Limousine und T-Modell. Aber Moment mal, blinkt der Neuling nicht in verwirrender Nähe zum E Coupé? Gerade mal elf Zentimeter Länge trennen die beiden Sternchen, die wir zusammen ausfahren.

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Video: Mercedes E-Klasse Coupé vs. C-Klasse Coupé

Verwechslungsgefahr

Bild: AUTO BILD
Ihre Ähnlichkeit verwirrt – nicht nur auf den ersten Blick. Gepfeilter Bug, flache Frontscheibe und dieser souverän-lässige Dach-Abschwung – bei so viel Gemeinsamkeiten darf sich niemand wundern, wenn später in der Niederlassung mancher Kunde vom E schwärmt und vorm C steht! Schauen wir genauer hin. Das kleine Coupé ist kürzer, sehniger, im Design aufgeregter als der gelassene E, der eher die rundere, graumelierte Linie pflegt. Kleiner Tipp, um die peinliche Verwechslung zu vermeiden: Der E hat keine B-Säule, die rahmenlosen Seitenscheiben rücken beim Türöffnen nach unten. Das erinnert an einen beflissenem Hoteldiener. Da gibt sich das C Coupé rustikaler: Die Türsäule steht – von innen betrachtet – massiv im Blickfeld, macht den Innenraum zumindest gefühlt enger. Auch die drei Rundanzeigen in tiefen Höhlen betonen den sportlichen, moderneren Touch des Neulings.

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Mercedes E-Klasse Coupé
Eleganter Gleiter: Im Gegensatz zum C Coupé kommt das E Coupé ohne B-Säule aus.
Im großen Coupé muss das Cockpit den Standesunterschied demonstrieren, denn wer ein paar Tausend Euro mehr anlegt, blickt dafür auf die Uhren-Landschaft aus der E-Klasse. Und in der Tür warten vier statt nur zwei Tasten darauf, alle Fenster zu einer großen, gelassenen Brise von Cabrio zu öffnen. Etwas Fitness verlangen beide, denn der Fahrer sitzt zwei Zentimeter tiefer als in der C Limousine und entdeckt verräterische Gleichteile: die elektrische Sitzverstellung vorn, der unvermeidliche Dreh-Drück-Vielseitigkeits-Knubbel links vom Lenkrad oder die beiden Einzelplätze hinten mit den unpraktisch fest stehenden Kopfstützen, die dem Fahrer dauernd die Sicht versperren, obwohl im Fond doch nur ganz selten überhaupt jemand zusteigt. Und das aus gutem Grund: Der knappe Knieraum zeigt, wie schmerzhaft Arthrose sein kann.
Der C 250 CGI startet mit leichtem Knurren, eine freiere Abgasanlage untermalt auch akustisch den Sportgeist. Den besitzt der 1,8-Liter-Benziner, der Turbo schiebt das Coupé laut Werk in 7,2 Sekunden auf 100 km/h und bis 240 Spitze – genug, um auf der Autobahn Minderwertigkeitsgefühle vor drängelnden Dieseln zu vermeiden. Oder der Käufer wählt gleich einen der beiden CDI mit 170 oder 204 PS. Mercedes erwartet beim C Coupé zwei Drittel Diesel-Anteil! Unseren Testwagen hat Mercedes mit Extras nachträglich angespitzt: Die 18-Zoll-Räder von AMG (1845 Euro Aufpreis) lassen das Coupé straffer abrollen, ohne dass es die Mercedes-Manieren vergisst. Das Sportfahrwerk (458 Euro) senkt den Schwerpunkt um 15 Millimeter ab, damit arbeitet auch die Parameterlenkung mit direkterer Übersetzung und höheren Lenkkräften.

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Mercedes C-Klasse Coupé E-Klasse Coupé
Verwechslungsgefahr: E-Klasse und C-Klasse Coupé sind sich optisch sehr ähnlich.
Und schließlich setzt die weiterentwickelte Automatik Gasbefehle schneller um als bisher (die 7G-tronic Plus bekommt die E-Klasse nach den Werksferien). Resultat des Nachwürzens: Der Stern kriegt schärfere Zacken, hinterm Lenkrad erwacht der Kampfgeist, eine Kurve anzuvisieren und im Scheitelpunkt zu treffen. So ganz neu ist das nicht bei Mercedes, aber das C Coupé liefert eine neue Qualität. Was unterm Strich möglich ist, zeigt der C 63 AMG. Mit dem stärksten Stern peilen die Stuttgarter den BMW M3 an. Doch gemach: Von solchen Extremen liegt der C 250 eine halbe Galaxie entfernt. "Fahrwerk und Lenkung haben wir im Grenzbereich eher untersteuernd ausgelegt", bestätigt Michael Krämer, Entwicklungschef der C-Klasse. Die bleibt im Kern ein Mercedes: weniger agil, weniger spitz als ein BMW 3er. Aber leichtfüßiger als das größere E Coupé, das zum Vergleich als E 500 mitfährt.
Dessen V8 holt tief Luft, bevor er losstürmt, der Motor liegt schwer auf der Vorderachse, und in flotten Kurven hebt es den Gleiter stärker aus den Federn. Es sind kleine, feine Unterschiede, obwohl doch Radstand, Achsen und Spurweiten fast identisch sind – beide laufen in Bremen vom gleichen Band. Deshalb greift Mercedes in die Trickkiste, um die zweieiigen Zwillinge auseinanderzurücken. Für das E Coupé gibt es drei statt einem Sechszylinder, und exklusiv im C überlebt der hochdrehende 6,2-Liter-V8 – fast ein Relikt und turbofreier Gegenpol zum nächsten BMW M3, der "nur noch" sechs Zylinder hat. Wo wir gerade zählen: Das C 250 Coupé kostet 4968 Euro weniger als das gleich starke E-Coupé (siehe unten), andererseits aber nur 600 Euro mehr als die vergleichbare C Limousine. Das sind ja mal ganz neue Sternzeichen bei Mercedes.
Technische Daten Mercedes C 250 Coupé: Vierzylinder, Turbo, vorn längs • Hubraum 1796 cm³ • Leistung 150 kW (204 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 310 Nm bei 2000/min • Siebenstufen-Automatik • L/B/H 4590/1770/1406 mm • Kofferraum 450 l • Leergewicht 1550 kg • Spitze 240 km/h • 0–100 km/h 7,2 s • EU-Mix 6,5 l Super/100 km • CO2 152 g/km • Preis: ab 41.174 Euro
Technische Daten Mercedes E 250 Coupé: Vierzylinder, Turbo, vorn längs • Hubraum 1796 cm³ • Leistung 150 kW (204 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 310 Nm bei 2000/min • Siebenstufen-Automatik • L/B/H 4698/1786/1393 mm • Kofferraum 450 l • Leergewicht 1575 kg • Spitze 247 km/h • 0–100 km/h 7,4 s • EU-Mix 6,4 l Super/100 km • CO2 149 g/km • Preis: ab 46.142 Euro

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Fazit

von

Joachim Staat
Die Überraschung am C Coupé ist nicht sein Sportgeist – den besitzt eine entsprechend aufgerüstete C-Klasse auch. Attraktiv macht den Zweitürer sein sehniger Auftritt und der geringe Aufpreis zur Limousine. Nur 600 Euro, da wird mancher Kunde schwach. Wem das C Coupé zu muskulös, zu krawallig erscheint, der findet im E den klassischen Mercedes. Elegant, souverän, feiner. Trotzdem rangiert der E zu nahe am C. Die gut 5000 Euro Abstand könnte ein stattlicheres, höherwertiges Coupé leichter rechtfertigen.

Von

Joachim Staat