Missbrauch der E-Auto-Förderung: legale Tricks verschlingen Steuergelder
Wie viele in Deutschland geförderte E-Autos im Ausland verschwinden

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Für den Kauf eines E-Autos gab's vom Staat lange Zeit hohe Prämien. Von den neu zugelassenen Pkw ist nun jeder fünfte nicht mehr in Deutschland unterwegs. Für den Steuerzahler ein Schaden von über 600 Mio. Euro!
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
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Deutsche Steuerzahler subventionieren die Elektroautokäufer in Europa: Auf diese Kurzfassung läuft die Entwicklung der Elektroauto-Zulassungszahlen nach KBA-Statistik hinaus. Das Kraftfahrtbundesamt hat in den vergangenen zwölf Monaten rund 480.000 rein elektrische Autos in Deutschland zugelassen. Doch jetzt sind rund ein Fünftel davon nicht mehr im Land. Ursache: die hohe Förderprämie für E-Autos, die bis Ende des Jahres fast 10.000 Euro betrug.
Die meisten gingen vermutlich nach Skandinavien, mutmaßt die "Süddeutsche Zeitung". Dort sind die Autopreise einerseits sehr hoch, andererseits hat sich der Betrieb von Verbrennern aufgrund deftiger lokaler Besteuerung massiv verteuert. Allein in Dänemark seien in den vergangenen zwölf Monaten rund 30.000 mehr Elektroautos zugelassen worden, als elektrische Neuwagen in Betrieb gingen. Es kann sich also nur um Gebrauchtwagen aus dem Ausland handeln. Besonders krass ist der Schwund bei Tesla: 25 Prozent der US-Elektroautos, die einst in Deutschland zugelassen wurden, sind nicht mehr hier.
Tatsächlich könnten weitaus mehr Elektroautos hierzulande fahren, wäre der Missbrauch der Prämie nicht schon seit Jahren gang und gäbe. Das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach analysierte bereits im März 2023 die Zahlen aus dem gesamten Vorjahr: 2022 wurden demnach in Deutschland 470.559 vollelektrische Autos neu zugelassen. Der Fahrzeugbestand stieg 2022 aber nur um 394.549 E-Autos. Das heißt: 76.010 Stück fuhren damals bereits im Ausland.

Ins Ausland verkauft: Die Differenz zwischen der Zahl der Neuzulassungen und dem Bestand an E-Modellen der größten Hersteller.
Bild: KBA / CAM
Das sind 16,2 Prozent der 2022 neu zugelassenen Elektroautos. Ein erheblicher Anteil dieser Autos wurde also nur wenige Monate später gewinnbringend über die Grenze verkauft. Mit anderen Worten: Legale Tricks verschlingen Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe. Durch den Rückgang der Förderprämie und die Erhöhung der Mindesthaltedauer auf zwölf Monate dürften die Fallzahlen indes zurückgehen.

Audi e-tron GT: Fast ein Viertel (23,5 Prozent) der 2021 und 2022 geförderten Audi ist mittlerweile nicht mehr in Deutschland zugelassen.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Das Phänomen begann schon 2021. Schon damals verschwanden 13,1 Prozent der neuen E-Autos ganz schnell von deutschen Straßen. AUTO BILD legte die Gesetzeslücke bereits im Mai 2021 offen, berichtete über den schwunghaften Handel mit fast neuen, vom Staat geförderten Tesla-Modelle.
Im Jahr 2022 nahm die Zahl der ins Ausland verkauften Autos also weiter zu. Denn weiterhin galt eine vorgeschriebene Mindesthaltedauer von nur sechs Monaten. Heißt: Schon nach einem halben Jahr konnte ein vom Staat mit bis zu 9000 Euro gefördertes Elektroauto ins Ausland weiterverkauft werden. Allein für 2021 geht das CAM von rund 230 Millionen an staatlichen Fördergeldern aus, die auf diese Art missbraucht wurden – konservativ gerechnet. Und das Institut schätzt, dass es 2022 noch einmal 380 Millionen Euro waren.

Besonders häufig wechseln fast neue Tesla-Modelle den Besitzer: Von den rund 52.000 2022 neu angemeldeten Tesla landeten nur 36.000 Autos im Bestand.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Besonders mit Tesla machten Käufer in Deutschland so ihr Geld: Von den rund 52.000 im vergangenen Jahr neu angemeldeten Tesla kamen im selben Zeitraum nur etwa 36.000 Autos neu zum Bestand hinzu.
Schon 2012 ging jeder dritte neue Tesla ins Ausland
Die naheliegende Vermutung: Fast jeder dritte Tesla (31,3 Prozent) wurde ins Ausland weiterverkauft. Auch bei Audi (23,5 Prozent), BMW (21,2 Prozent) und Mercedes (19,4 Prozent) bleibe rund jeder fünfte E-Neuwagen nicht in Deutschland, so das CAM. Vergleichsweise günstigere E-Autos sind weniger häufig betroffen, werden weniger häufig exportiert (Renault: 9,1 Prozent).

BMW i7: Exakt 21,2 Prozent aller elektrischen BMW aus 2021 und 2022 haben die deutsche Grenze hinter sich gelassen.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Die gute Nachricht: In diesem Jahr dürfte diese Praktik deutlich weniger attraktiv sein. Aus zwei Gründen: Zum einen wurde die Förderprämie auf maximal 6750 Euro reduziert (inklusive Hersteller-Anteil), zum anderen wurde die Mindesthaltedauer von geförderten E-Autos auf zwölf Monate erhöht. Überdies gehen die Verkaufszahlen von Elektroautos insgesamt zurück, die Nachfrage scheint derzeit zu sinken.
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