Nachhaltigkeit: Pkw, Innenraum, Recycling, BMW, Seat, Continental
Diese Materialien haben die Autohersteller neu erfunden

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Die Industrie experimentiert mit diversen Materialien, um Autos nachhaltiger zu produzieren. Seat, BMW und Zulieferer Continental nutzen dafür vermehrt Recyclingstoffe. Zu Hilfe kommt ihnen eine neue Fertigungstechnik.
Bild: Continental
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Nachhaltigkeit im Auto kann man sehen und fühlen: Viele Hersteller experimentieren mit Materialien im Innern, die aus Recycling-Stoffen entwickelt wurden. An sie werden hohe Anforderungen gestellt: Sie müssen nicht nur CO2-neutral und in einer Kreislaufwirtschaft produziert, sondern natürlich auch angenehm anzuschauen und überdies möglichst haltbar sein.
"Unser nachhaltiges Produktdesign stützt sich auf drei Säulen: Kohlenstoffneutralität, Kreislaufwirtschaft und einzigartige Produkteigenschaften", sagt zum Beispiel Dirk Leiß, Leiter des Geschäftsfelds Surface Solutions bei Continental. Schon heute kann der Zulieferer maßgeschneiderte Oberflächenlösungen ermöglichen, die bis zu 100 Prozent klimaneutral sind.
Ein Nebeneffekt: Weil mit modernen Technologien wie etwa 3D-Druck zum Teil völlig neuartige Stoffe geschaffen werden, haben diese auch völlig neue Eigenschaften. So setzen einige Hersteller eine 3D-Flachstricktechnologie ein. Weil passgenau produziert werden kann, fällt kein Ausschuss an.

Seat experimentiert mit natürlichen Materialien. Durch die Kombination mit 3D-Druck können völlig neue Effekte erzielt werden, z. B. unterlegte Grafiken.
Bild: Seat
Der eigentliche Clou aber ist der schichtweise Aufbau im 3D-Druck. "Wir können Grafiken innerhalb des Materials selbst erstellen, was zu einem einzigartigen Ergebnis führt", sagt Francesca Sangalli, die bei Seat für die neuen Produkte zuständig ist.
Auch bei BMW ist nachhaltiges Design ein Teil des Vorhabens, die Fertigung ganzheitlich neu zu denken. So bilden wiederverwertete Nylonabfälle die Basis für ein Kunststoffgarn, aus dem unter anderem die Bodenverkleidungen im elektrischen BMW iX sowie im neuen BMW X1 bestehen. Als Ausgangsstoff für dieses als Econyl bezeichnete Material dienen ausgediente Fischernetze sowie zerschlissene Bodenbeläge und Restabfälle aus der Kunststoffproduktion, die vorher am Computer speziell designt worden sind. (Nachhaltig: BMW reduziert CO2)
Besonders bei Thermoplast-Kunststoffen in Neuwagen lässt sich viel nachhaltiger produzieren: BMW hat sich dort das Ziel gesetzt, den Anteil an Recycling-Materialien bis zum Jahr 2030 von derzeit rund 20 auf durchschnittlich 40 Prozent zu erhöhen. "Damit schöpfen wir das volle Potenzial der Digitalisierung aus", hat sich BMW-CEO Oliver Zipse dazu kürzlich geäußert.
Der Zuliefer-Gigant Conti seinerseits hat noch einiges mehr auf Lager: zum Beispiel das Oberflächenmaterial Xpreshn, insbesondere einsetzbar für Türverkleidungen und Armaturenbretter, kann mit nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und liefert so eine besonders umweltfreundliche Lösung.

Die Gestaltung der Innenräume im Auto wird immer wichtiger. Die Produkte sollen gefallen, lange halten und nebenbei auch noch nachhaltig sein.
Bild: Continental
"Mit biobasiertem Xpreshn können wir ein Produkt mit optimalem CO2-Fußabdruck liefern, das hervorragende technische Eigenschaften und gleichzeitig eine Vielzahl an Designmöglichkeiten in sich vereint", erläutert Dr. Gabriele Wittmann, Forschungsleiterin im Bereich Oberflächen von Continental. (Aus Flaschen werden Reifen: Continental setzt auf PET-Recycling)
Die Wiederverwendung von Materialien ist ein wesentlicher Schritt zur Schonung von Ressourcen. So bietet Xpreshn Lösungen für Recyclingkonzepte mit ganzen Bauteilen, wenn beispielsweise das Trägerbauteil und die Oberfläche aus denselben Materialien bestehen, was ein gemeinsames Recycling ermöglicht.
Mit Acella, einem künstlichen Leder, bietet Continental ein Produkt aus wiederverwendeten Materialien und biobasierten Rohstoffen an. Für die Produktion werden Garne aus recycelten Plastikflaschen hergestellt.

Für die Produktion des künstlichen Leders Acella werden Garne aus recycelten Plastikflaschen hergestellt.
Bild: Continental
Der Kunststoff Benova Eco Protect ist ebenfalls für Fahrzeuginnenräume gedacht. Das Material ist besonders widerstandsfähig und bietet trotz seiner Langlebigkeit neue Möglichkeiten für Innenraumdesigns.
Neben einem geringen Gewicht ist die Langlebigkeit ein wichtiger Aspekt für den minimalen Fußabdruck, weil sich die Robustheit über Jahre bezahlt macht. Wichtiger denn je ist das zum Beispiel für Shared-Mobility-Konzepte und in Nutzfahrzeugen.
Da allein in Europa aktuell rund 600.000 Berufskraftfahrer fehlen, wollen die Nutzfahrzeughersteller den Arbeitsplatz auch dadurch attraktiver machen, indem sich die Aufenthaltsqualität in einem Lastwagen deutlich verbessern.
Dies soll nicht nur durch komfortablere Sitze, sondern auch hinterleuchtete Oberflächen oder Ambientelicht gelingen. Beheizbare Oberflächen wie aus Luxuslimousinen ermöglichen ein neues Komforterlebnis. Angenehmer Nebeneffekt auch in Sachen Elektromobilität: Aufgrund des geringen Energieverbrauchs, der schnellen Erwärmung und ihrer Leichtbauweise sind sie zudem klimaschonend – und erhöhen nebenbei die Reichweite.
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