Wenn ein Model über Jahrzehnte hinweg die oberen Ränge der Statistik belegt, bedeutet das in der Regel zwei Dinge. Erstens: Die Verantwortlichen haben viel richtig, nur wenig falsch gemacht. Zweitens: Der Druck steigt mit jeder neuen Auflage, mit jeder nachfolgenden Generation, auf die die Kundschaft zum Teil sehnsüchtig wartet. Ein Modell, auf das diese zwei Dinge ganz gut zutreffen, Sie ahnen es, ist der Nissan Qashqai. 2006 startet die Erfolgsgeschichte des Japaners, der sich seinen Namen von einem kleinen Stammesverband aus dem Süden Irans leiht. Anders als dieser Verband, der vor allem für seine Teppichherstellung bekannt ist, glänzt das japanische Vehikel der Kompaktklasse vorrangig durch seinen günstigen Einstiegspreis sowie sein umfangreiches Angebot an Motoren, wahlweise Allradantrieb und bei Bedarf eine siebensitzige Variante, bekannt unter dem simplen Namen Qashqai+2. Mit dem Generationswechsel 2011 auf Baureihe J11 entfiel der Siebensitzer. Dass zwei Sitzplätze fehlen, tangierte wohl die wenigsten, immerhin blieb es beim umfangreichen Motorenangebot, Offroad­-Tauglichkeit und attraktivem Einstiegspreis.
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Nissan Qashqai

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Der Qashqai wächst ein paar Zentimeter in alle Richtungen

Acht Jahre später rollt schließlich Baureihe J12 zu den Händlern. Später als ursprünglich geplant, eigentlich sollte es schon 2020 schon so weit sein, aber dann kam die Coronapandemie. Was die Linienführung betrifft, bleibt sich der Japaner treu, steht unverkennbar da als ein Qashqai, aber eben mit neuem Markengesicht. Ein paar Zentimeter mehr in alle Richtungen sorgen für einen standesgemäßen Auftritt. Standesgemäß fällt vor allem der Einstieg ins Auto aus, gerade in den Fond.
Nissan Qashqai
Unverkennbar ein Nissan. Der neue Qashqai trägt wie seine Geschwister das neue Markengesicht.
Bild: Aleksander Perkovic / AUTO BILD
Hier öffnen die Türen in einem Winkel von 85 Grad. Das erleichtert das Einsteigen nicht nur allgemein, sondern hilft vor allem Eltern, die ihren Nachwuchs, wahlweise gleich mit dem Sitz zusammen, problemlos in der zweiten Reihe unterbringen möchten. Kinder und kleinere Erwachsene sitzen hier ohne große Schwierigkeiten, wer aber über dem Durchschnitt liegt, kommt bei anderen Kandidaten in der Klasse teils deutlich bequemer unter. Vorn punktet Nissan mit Sitzen, die guten Komfort bieten. Ein sechster und siebter Sitz feiern im Qashqai kein Comeback, um beispielsweise Tiguan Allspace oder Mitsubishi Outlander die Kundschaft abzuluchsen, die noch nicht auf einen Van umsteigen möchte. Hausintern besteht die Möglichkeit, auf einen X­-Trail umzusteigen, der bei 29.135 Euro startet, aber auch schon etwas in die Jahre gekommen ist, und ausschließlich mit einem 1,3-­Liter­-Vierzylinder­-Benziner vom Band läuft.

Modellpalette*

Modellpalette*
Motor/Hubraum
R4, Turbo/1332 cm³
R4, Turbo/1332 cm³
R4, Turbo/1332 cm³
Getriebe (man. | autom.)
6-Gang | –
6-Gang | stufenloses Getriebe (Xtronic)
– | stufenloses Getriebe (Xtronic)
kW (PS) bei 1/min
103 (140)/5000
116 (158) / 5500
116 (158)/5500
Nm bei 1/min
240/1650-4000
260/1800-4000
270/1800-3750
Höchstgeschwindigkeit
196 km/h
206 | 199 km/h
198 km/h
0–100 km/h
10,2 s
9,5 | 9,2 s
9,9 s
Normverbrauch (Mix)
5,8 l Super
5,6 | 5,5 l Super
6,2 l Super
Abgas CO2 • Abgasnorm
131 g/km • Euro 6d
128 | 125 g/km • Euro 6d
140 g/km • Euro 6d
Ottopartikelfilter
ja
ja
ja
Grundpreis
26.390  Euro | –
32.130  Euro | 34.030  Euro
– | 38.410 Euro
Fazit
1,3 Liter Hubraum klingen nach wenig und leisten unterhalb von 2000 Touren auch wenig. Trotz der Unterstützung durch das Mildhybrid-System wirkt das Aggregat schwach. Das Schaltgetriebe präsentiert sich deutlich besser als das im Vorgänger, die Schaltwege dürften aber etwas kürzer sein.
Mehr Leistung bei gleichem Hubraum und minimal mehr Drehmoment lassen den sportlichen Fahrer weiterhin hoffen. Nissan stellt jetzt ein stufenloses Getriebe (CVT) zur Wahl, das nicht nur im Sport-Modus Stufen simuliert. Ein gewisser Gummiband-Effekt lässt sich aber auch dadurch nicht verheimlichen.
In Verbindung mit dem Allradantrieb (rund elf Prozent Marktanteil in Deutschland) streicht Nissan das Schaltgetriebe. Die Kraftzufuhr an die Hinterachse erfolgt über eine neue Direktkupplung – funktioniert absolut tadellos. Einen Diesel oder Plug-in-Hybrid mit Allradantrieb wird es nicht geben. Anhängelast? 1,8 Tonnen.

Fahraktive Assistenz fährt ab der ersten Ausstattungslinie mit

Zurück zum Qashqai. Im Vergleich zum Vorgänger steigt das Kofferraumvolumen um 49 Liter auf mindestens 504 Liter. Bei umgeklappter Rückbank (60:40) stehen Ihnen 1593 Liter zur freien Verfügung. Für eine bessere Ladungssicherung finden Sie ab Linie N-Connecta das Flexi­-Board (aufpreisfrei) vor. Ist es aufgestellt, gehen Kleinigkeiten aus dem Baumarkt oder der Wocheneinkauf nicht mehr ungefragt auf Reisen. Wuchten müssen Sie all das aber über eine Ladekante mit satten 78 cm. Für die unteren Linien Visia und Acenta gibt es diese Vorrichtung leider nicht. Was es gibt und was es nicht gibt beim neuen Qashqai, bestimmen die insgesamt fünf Linien Visia, Acenta, N­-Connecta, Tekna und Tekna+. Hier müssen wir Nissan ein Lob aussprechen, denn fahraktive Assistenz wie ein Totwinkelassistent, ein Adaptivtempomat, ein Notbrems­- und Frontkollisionsassistent fahren bereits ab der ersten Ausstattungslinie mit. Nissan dreht den Spieß um, möchte seinen Kunden die höheren Linien über gesteigerten Komfort schmackhaft machen.
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Nissan Qashqai (2021): Neuvorstellung - Sitzprobe - Preis - Info

Erster Check im neuen Qashqai

Bild: AUTO BILD

Ein guter Schritt, denn Sicherheit sollte in der Liste der Prioritäten stets vor Komfort stehen. Den müssen Sie keinesfalls missen, Linie Tekna bietet hier mit 36.840 Euro einen guten Kompromiss aus Preis und Leistung. Annehmlichkeiten, von denen die meisten von uns träumen, fahren mit. Die Klassiker wie Sitz- und Lenkradheizung, Voll-­LED-­Scheinwerfer und ein paar ansehnliche 19­-Zöller stehen in der Liste, dazu gesellen sich dann feine Extras wie ein Head-up-­Display (ohne Plastikscheibchen), digitale Instrumente, ein Touchdisplay mit neun Zoll in der Diagonalen und eine Stoff-­Leder-­Kombi für das Gestühl. Tekna+ (zusätzliche 4090 Euro) thront mit Massage und elektrischen Sitzen für zwei, Volllederausstattung mit Rautensteppung, Bose­-Soundsystem und Panorama-­Glasdach oben auf.
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Die Linie N­-Connecta lohnt einen genauen Blick

Dass sich der Qashqai in vielerlei Hinsicht verbessert hat, stellen wir auch beim logischen Bedienkonzept fest. Ein richtiger Regler für die Lautstärke, Kurzwahltasten unter dem Display, eine Taste zum Ein-­ beziehungsweise Ausschalten des Lenkassistenten und eine Klimasteuerung, wie sie im Buche steht, beweisen, dass Nissan nicht auf der Touchwelle reitet. Das Infotainment lässt im Übrigen auch nur wenig Fragen offen. Apple CarPlay und Android Auto nutzen Sie ab Linie Acenta, darüber hinaus spendiert Nissan sein eigenes Navi auf neun, nicht mehr acht oder sieben Zoll, und CarPlay funktioniert ohne Kabel. Traditionell halten japanische Hersteller wenig von freier Wahl bei Extras, das gilt gleichermaßen für Nissan.
Nissan Qashqai
Für deutlich weniger blinde Tasten links vom Lenkrad braucht es Linie N-Connecta. Ab hier spendiert Nissan für 950 Euro ein großes Head-up-Display sowie einen autonomen Lenkassistenten und Voll-LEDs.
Bild: Aleksander Perkovic / AUTO BILD
Es gibt aber eine feine, wenn auch kleine Auswahl an Extras wie beispielsweise das Technologie­-Paket für faire 950 Euro. In Verbindung mit Linie N­-Connecta bindet das Paket das großflächige Head-­up-Display und die leuchtstarken Voll-­LED­-Scheinwerfer. Etwas mehr Großzügigkeit hätte beim Winter­-Paket nicht geschadet. Interessenten der unteren beiden Linien Visia und Acenta müssen auf N­-Connecta upgraden, um an eine Sitz-­, Lenkrad- und Scheibenheizung zu gelangen. Nettigkeiten wie die volldigitalen Instrumente finden Sie als Einzeloption für 550 Euro vor. Wir empfehlen Ihnen, Linie N­-Connecta in Augenschein zu nehmen, da hier die Ausstattung bereits sehr umfangreich ausfällt und Nissan einen Großteil der Optionen gegen Aufpreis freigibt, die erst die Linien Tekna und Tekna+ bereithalten.

Alternative Antriebe stehen nicht auf dem Programm

Eingangs dieser Kaufberatung sprachen wir vom Druck, der auf Nissan lastet, dass die dritte Generation des Qashqai zum Erfolgsgaranten reift. In Sachen Antrieb muss sich zeigen, ob das funktioniert. Alternative Antriebe stehen nicht auf dem Programm, ein folgender Qashqai ePower setzt zwar auf einen rein elektrischen Antrieb, die Batterien lädt jedoch ein benzinbetriebener Generator. Alternativ bleibt, da auch der Selbstzünder ersatzlos entfällt, nur der 1,3-­Liter-­Mildhybrid mit 140 und 158 PS. Das Schaltgetriebe weiß zu überzeugen, auch wenn der erste Gang sehr lang übersetzt ist und die Wege von Gasse zu Gasse ebenfalls recht lang sind. Das CVT­-Getriebe harmoniert gut mit dem mildhybridisierten Benziner, simuliert Fahrstufen mit sinnvoller und angenehmer Abstimmung. Im Kapitel Fahrwerk mag der Qashqai es ebenfalls angenehm, federt komfortabel, schaukelt zuverlässig über lange Wellen, neigt nur in Kurven zu etwas stärkeren Wankbewegungen. Los geht es immer mit 17­-Zoll-­Bereifung, es folgen 18 und 19 Zoll, für Linie Tekna+ stehen sogar 20 Zoll für 500 Euro zur Wahl.

Bildergalerie

Nissan Qashqai
Nissan Qashqai
Nissan Qashqai
Kamera
Kaufberatung Nissan Qashqai

Fazit

von

AUTO BILD
Ob die dritte Generation des Qashqai an die Erfolge ihrer Vorgänger anknüpfen kann, zeigt die Zeit. Die Chancen stehen gut, auch wenn es in puncto Antriebsvielfalt nicht mehr ganz so umfangreich zugeht. Dafür überzeugt der Japaner mit punktgenauer Optimierung, dazu kommt das nach wie vor überzeugende Preis-Leistungs-Verhältnis. Letztlich kreuzt Nissan mit dem Qashqai wieder alle richtigen Punkte, die Käufer von einem guten SUV erwarten.

Von

Christoph Richter