Wenn Opel etwas braucht, dann gute Nachrichten – Werksschließungen, Manager-Wechsel und Milliardenverluste schwingen zurzeit immer mit, wenn man sich mit der Traditionsmarke beschäftigt. Mit neuen Modellen will Opel jetzt aus der Krise fahren. Nachdem der Mini-SUV Mokka und der Kleinwagen Adam gut angekommen sind, startet im Mai das viersitzige Cabrio Cascada. Das ist vor allem fürs Image wichtig, große Stückzahlen erwarten selbst die Rüsselsheimer nicht. Kein Wunder also, dass die Marketing-Strategen richtig auf die Pauke hauen, wenn sie den Cascada anpreisen.

Überblick: Das kostet der neue Opel Cascada

Opel Cascada
"Athletisches Mittelklasse-Cabrio mit Glamour": Beim Marketing schlägt der Cascada große Töne an.
Der Wagen sei ein "athletisches Mittelklasse-Cabrio mit Glamour", teilen sie im Überschwang mit. Er solle "die Tradition der prestigeträchtigen und spärlich gesäten viersitzigen Cabriolets mit Stoffdach wieder zum Leben erwecken". Heißt wohl konkret: Obwohl der Cascada auf der Plattform des kompakten Astra basiert, soll er gegen den offenen BMW 3er und seine Konkurrenten antreten. Haben die es nicht ein bisschen kleiner? Zwar drängt der Opel mit einer Außenlänge von 4,70 Metern in die Mittelklasse – aber hat er tatsächlich auch das Format, um gegen die Edelcabrios aus dem Süden der Republik anzutreten? Um diese Frage beantworten zu können, haben wir zur ersten Begegnung mit dem Cascada neben dem BMW 3er Cabrio auch den deutschen Cabrio-Klassiker VW Golf mitgebracht. Schnell zeigt sich: Der Opel ist ein richtig großes Auto geworden, der Kompaktklasse entwachsen. Das Design orientiert sich an der aktuellen Linie des Hauses. Steht dem Cabrio ausgezeichnet, von der Basis Astra ist nichts mehr zu sehen.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Golf

VW Golf
Irgendwie unharmonisch: Man sieht dem Golf an, dass er eigentlich nicht als Cabrio konzipiert worden ist.
Dazu trägt vor allem das feine Stoffdach bei. Knapp geschnitten und mit bündig eingefügter Heckscheibe – ähnlich der des Mercedes SLS Roadster. Wirkt richtig edel, hochwertiger sogar als das feste Blechklappdach des BMW, das vor allem bei dem weiß lackierten Testwagen mit unfeinen Fugen das Auge stört. Der Golf wirkt im Vergleich zierlich und seltsam unharmonisch. Dem Auto ist anzumerken, dass es in seiner Grundform nie als offene Version geplant war.  Ein ähnliches Bild im Innenraum. Opel hat sich mächtig ins Zeug gelegt, um den Cascada attraktiv zu gestalten. Der Armaturenträger ist mit Leder bezogen, die Sitze mit Nappaleder – beides allerdings gegen Aufpreis. Dazu kommen Oberklasse-Extras wie Sitzlüftung, Lenkradheizung oder elektronische Helfer wie eine Verkehrszeichenerkennung und Spurwechselassistent. Schade, dass die Designer vergessen haben, die Mittelkonsole zu entrümpeln. 45 Knöpfe und vier Drehschalter sind einfach zu viel des Guten, um die Übersicht zu behalten, von der verschachtelten Bedienung ganz zu schweigen.
Das können BMW und VW besser. Das Golf-Cockpit wirkt zwar im Vergleich schlicht, aber nicht ärmlich. Jeder Schalter befindet sich dort, wo man ihn auch erwartet. Die Bedienungsanleitung braucht hier wohl niemand. BMW ist noch einen ganzen Schritt weiter. Die Bedienung über das Drehrad des iDrive ist über jeden Zweifel erhaben, der 3er geht anders als Opel und VW online und liefert zum Beispiel eine Stauumfahrung in Echtzeit. Auch Qualität und Verarbeitung wirken im Detail feiner.
Als erster Opel nutzt der Cascada den neu entwickelten 1,6-Liter-Turbo. Der Vierzylinder soll leiser und geschmeidiger laufen als die bisherigen Aggregate sowie sparsamer sein. Und tatsächlich: Der 170 PS starke Motor ist mit einem Normverbrauch von 6,3 Litern um einen halben Liter knauseriger als ein gleich starkes BMW 320i Cabrio und einen Zehntelliter sparsamer als ein zehn PS schwächeres VW Golf Cabrio. Das spricht für den neuen Motor, immerhin ist der Cascada mit einem Leergewicht von rund 1700 Kilogramm schwer geworden. Unterm Strich zeigt diese erste Begegnung, dass Opel mit dem Cascada tatsächlich das richtige Format gefunden hat. Die Preise bleiben auf dem Boden, Größe und Anmutung haben Mittelklasse-Niveau. Das könnte die Marke für Käufer wieder interessant machen – was endlich mal eine gute Nachricht wäre.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Nach Mokka und Adam scheint Opel mit dem Cascada wieder ins Schwarze getroffen zu haben. Ein Cabrio zum Golf-Preis im Mittelklasseformat mit moderner Technik gibt es bei der Konkurrenz nicht. Ich bin mir sicher: Der kommt bei den Käufern an.

Von

Stefan Voswinkel