Eigentlich trägt ein Range Rover immer und überall den Smoking. Doch jetzt schlüpft das Offraod-Flaggschiff von der Insel in den Schottenrock: Denn auf der IAA 2013 präsentiert Land Rover auf Basis seines Top-Modells den ersten Hybriden in der Firmengeschichte und senkt so den Verbrauch noch einmal um ein Viertel. "Stark wie ein V8 und sparsam wie ein Vierzylinder", lautet die Devise für den Kaventsmann, der so ab Januar 2014 zum Knauser werden will. Allerdings lässt sich Land Rover den Sparkurs teuer bezahlen, schlägt auf das Basismodell etwa 30 Prozent auf und verlangt rund 120.000 Euro. Nur gut, dass es die Technik gleichzeitig auch im Range Rover Sport gibt. Dort sollte der Preis gerade noch fünftstellig bleiben. Dafür bieten die Briten aber auch eine einzigartige Kombination. Als erster Geländewagenhersteller kombinieren sie eine 48 PS starke E-Maschine mit einer 1,76 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie und einem Diesel. Obwohl drei Liter groß und schon alleine 292 PS stark, kommt der V6 so mit elektrischer Hilfe auf einen Normverbrauch von 6,4 Litern. Nicht schlecht für ein Prunkschloss auf Rädern, das auf knapp 2,5 Tonnen Gewicht kommen dürfte, dank eines vereinten Drehmoments von maximal 700 Newtonmetern in 6,9 Sekunden auf Tempo 100 stürmt und mit 218 km/h die Überholspur erobert.

Das sind die Stars der IAA 2013

Range Rover Hybrid Wasserdurchfahrt
Der Range Rover Hybrid soll trotz Hybrid-Technik voll geländetauglich sein.
Aber Land Rover geht es hier nicht nur ums Sparen. "Für einen Range Rover gelten schließlich ein paar andere Kriterien als für einen Toyota Prius", sagt Ingenieur Ross McMurrain und legt Wert drauf, dass der Teilzeitstromer im Gelände keinen Deut schlechter sei als die Verbrenner. Zwar büßt er durch die im Fußraum des Beifahrers montierte Batterie elf von 300 Millimetern Bodenfreiheit ein. Doch dafür hilft das sofort abrufbare Drehmoment der E-Maschine bei schweren Geländepassagen. "Im Sand, auf Schnee und beim Bergsteigen auf Felsen tut sich der Range Rover damit noch leichter", sagt McMurrain und erzählt von einem marternden Testprogramm. Denn genau wie der normale Range Rover war auch der Hybrid weltweit in Wüste, Eis und Gebirge unterwegs, um sich unter allen Widrigkeiten zu bewähren. Auch jetzt nehmen ihn die Ingenieure noch einmal hart ran: Die erste Testfahrt führt deshalb nicht einfach ums Werksgelände, sondern mal eben 16.000 Kilometer von England bis zur Zentrale des Firmeneigners Tata nach Indien. Zwar funktioniert das Zusammenspiel der beiden Antriebe tatsächlich reibungslos. Die Ruhe beim Anlassen ist ein Genus, der Blick auf die Verbrauchsanzeige ist selbst dann ein schönes Trostpflaster fürs Gewissen, wenn dort statt der versprochenen 6,4 knappe acht Liter stehen. Und wenn die beiden Motoren im Sportmodus mit vereinten Kräften losstürmen, dann fühlt man sich hoch oben im Kommandosessel ein bisschen wie ein Rennfahrer beim Truck-Grand-Prix, so gewaltig prescht der Riese dann voran.

Alle News und Tests zu Range Rover

Range Rover Hybrid Heckansicht
Maximal 1,6 Kilometer Fahrt im elektrischen Modus sind drin. Doch Land Rover arbeitet längst an Plug-in-Systemen mit größerer Reichweite.
Doch darf alle Begeisterung nicht darüber hinweg täuschen, dass die Konfiguration der Briten ein paar Pferdefüße hat. Zum einen ist das die winzige Batterie, die gerade einmal Tempo 50 und maximal 1,6 Kilometer ohne Verbrenner zulässt und so ziemlich blass aussieht gegen die vielen Plug-in-Hybriden, die in den nächsten Monaten auf den Markt drängen. Doch auch Land Rover – daraus macht Entwickler McMurrain kein Geheimnis – arbeitet längst an einem eigenen Plug-in-Hybrid mit größerer elektrischer Reichweite. Ein weiterer Nachteil ist die Wahl eines Diesels als Leistungsträger. Zwar ist das natürlich die denkbar sparsamste Kombination. Doch sparen die Briten damit die großen Hybridmärkte USA und Japan komplett aus und machen für den Range Rover auch in China die Tür zu. Beim Export in ferne Länder hofft Land Rover auf neue Regularien und kann sich zur Not irgendwann auch einen Benzin-Hybriden vorstellen. McMurrain ergänzt: "Aber all diese Technologien haben wir jetzt bei jedem neuen Modell mit auf dem Zettel."

Von

Thomas Geiger