Karosserie und Technik

Nur zwölf Zentimeter Blech liegen zwischen dem Renault Clio und seinem Ahn, dem R 5. Doch damit wuchs der kleine Freund auf das stadtliche Format, das vor allem junge Damen lieben: im Alltag handlich, für mehr als einen HandtaschenEinkauf geräumig genug. Mehr als drei Millionen Käufer/innen fuhren weltweit seit 91 auf den Clio in seiner ersten Form ab. Meist gelang es dem Charmeur, sich einzuschmeicheln. Obwohl er nicht zu den zuverlässigsten Partnern zählt.

Streikposten Nummer eins: die Elektrik. Harmlos sind stumme Hupen oder festsitzende Fensterheber. Ärgerlicher wird es schon, wenn die Fernbedienung versagt, der Lichtmaschinenregler sein Leben aushaucht, die Motorelektronik aufgibt. Und spätestens wenn der Clio wegen eines defekten Anlassers nicht mehr anspringt, folgt der erste Tritt gegen das Blech. Folge: eine Beule, mehr nicht. Denn der forsche Franzose trägt zum Teil verzinkte Bleche unter der Lackhaut. Auch unser 95er Laternenparker-Modell wirkte noch kernig. Nur an wenigen Schnittkanten zeigten sich braune Spuren. Da auch neunjährige Exemplare in TÜV-Prüfungen besser als der Durchschnitt aussehen, scheint über längere Zeit kein Rostärger programmiert.

Wenn das doch bloß für die Radlager gelten würde. Schon im AUTO BILD-Dauertest (Heft 42/93) wurde diese Schwachstelle offenbar, die von unserern Lesertestern ebenfalls immer wieder bestätigt wird. Im schlimmsten Fall kann das sogar zu Stoßdämpferschäden führen. Auch ausgeschlagene Spurstangen und schadhafte Lenkgetriebe zählen zu den Auffälligkeiten. Die Lenkhebel und -gelenke schneiden bei den Hauptuntersuchungen gut ab.

Motor und Qualität

Die angenehme Federung und bequeme, wenn auch eine Spur zu weiche Sitze sind Clio-Freunden gerade recht. Verbreitet das Radio dazu noch gute Laune, fallen dezente Klapper- und Knarrgeräusche im Innern schon viel weniger auf.

Aber in Sachen Verarbeitungsqualität gelten die französischen Nachbarn von jeher als tolerant. Ein typisches Beispiel: Das Sonnendach unseres Test-Clio klapperte, tropfte, ließ sich nicht mehr einwandfrei öffnen. Unter dem Wagen sieht es auch nicht immer sonnig aus. Wenn dem TÜV-Prüfer zum Beispiel wieder mal Öl auf den Kittel kleckert. Die Mängelquote liegt hier mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt. Da fährt unser Clio im Trend: Nach 65.000 Kilometern zeigt die Ventildeckeldichtung ihre Schwäche, auch an der Ölwanne läuft es munter runter.

Dabei gelten die kleinen Vierzylinder als standfeste Triebwerke. Am beliebtesten ist die Basisvariante mit 55 PS. Kein Renner, aber schnell genug für die Stadt bei akzeptablen sieben bis acht Liter Verbrauch. 96 wurde das 1,2-Liter-Maschinchen noch verbessert, ist seitdem für sechs Liter gut. So billig kommen 75-PS-Fahrer nicht weg, und Sport-Piloten mit 88, 109 oder GTi-starken 135 Pferden zahlen den Zehnliterzuschlag. Muss aber nicht sein, denn der 64 PS starke Diesel läuft auch kultiviert, durchzugsstark und begnügt sich mit weniger als sechs Litern.

Da ließe sich was für die Shoppingtour sparen, wären nicht öfter Verschleißteile wie Auspuff oder Bremsscheiben fällig. Aber so ist das eben im Leben: geschundene Freunde schlagen von Zeit zu Zeit teuer zurück. Billig sind Clio eh nicht. Das Angebot ist bei mehr als 350.000 Zulassungen zwar stattlich, die Preise jedoch auch: Vierjährige mit 55 PS bringen noch den halben Neupreis. Die weniger gesuchten Modelle über 75 PS sind zwar günstiger, kosten aber hohe Versicherungsprämien. Deshalb liegt im Kleinen die Größe. Wahre Lieblinge – die halt nur gelegentlich einen Tritt brauchen.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 1/91 Neueinführung als größerer Bruder des R 5. Kompaktmodell als 3- und 5-Türer. Kat-Benziner: 55 PS (1.2), 75 PS (1.4) 2/91 Dieselmodell: 64 PS (1.9) mit Oxi-Kat 8/91 weitere Kat-Motoren: 1.8 (88 PS), 1.8 16V (135 PS) 3/94 Modellpflege: Airbag serienmäßig 1/96 Doppelairbag serienmäßig 4/96 Facelift: Motorhaube, Grill, Scheinwerfer, Zusatzscheinwerfer, in Frontstoßfänger, dritte Bremsleuchte, Wegfahrsperre 6/98 Einführung Nachfolger Clio II, Produktionsende I im Oktober

Schwachstellen • Auspuffanlagen sind kurzlebige Verschleißteile. Renault änderte 94/96 die Serie • Elektrik ist trickreich – unbedingt alle Verbraucher beim Kauf checken. Hilft leider nicht gegen streikende Anlasser und defekte Steuergeräte der Einspritzanlage • Keilriemen fangen an zu quietschen oder reißen gleich ganz, wie die ADAC-Pannenstatistik registriert. Auch die Lichtmaschinen fallen öfter mal aus • Zahnriemen reißen ebenfalls gerne vorm Wartungsintervall, wenn das Lager der Wasserpumpe ausschlägt und der Riemen aus der Spur läuft • Verarbeitung ist ein wunder Punkt beim Clio: Knister- und Klappergeräusche im Innenraum und ungenaue Spaltmaße der Karosserie

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Renault Clio 1.2, 40 kW/55 PS, Baujahr 93. Die Preise sind zivil und liegen auf dem Niveau eines 45-PS-Polo. Immer beachten: Zahnriemenwechsel alle 120.000 Kilometer (etwa 400 Mark).

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Der Clio schneidet beim TÜV recht gut ab. Allerdings häufen sich die Mängel bei älteren Modellen. Als besonders störanfällig erweist sich die Elektrik, wie Anlasser und Lichtmaschine. Überdurchschnittlichen Verschleiß zeigen die Radaufhängung der Vorderachse sowie die Bremsleitungen. Regelmäßig teuer wird es auch im Bereich der Abgasanlage. Trotzdem: Gebrauchte Clio sind ab 94 empfehlenswert, denn sie haben bereits Fahrerairbag und bequemere Sitze." Gunnar Dahm, Gutachter TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg

Modellempfehlung Clio 1.2 (40 kW/55 PS) ab 96 mit Doppelairbag

Steuer/Schadstoffklasse: 144 Mark im Jahr/Euro 2 Testverbrauch: 6,3 Liter, gemessen 6,0 Liter Super Versicherung: Vollkasko (16/1000 Mark SB): 1548 Mark; Teilkasko (20/300 Mark SB): 250 Mark; Haftpflicht (14): 1370 Mark (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent Einstufung) Inspektion/Kosten: alle 15.000 Kilometer, etwa 300 bis 500 Mark Wertverlust: Dreijährige verlieren etwa 40 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich rund 1500 Mark Verlust