Motor und Antrieb

Der Traum von ewiger Jugend ist so alt wie die Menschheit. Und was beim Homo sapiens nicht klappt, funktioniert im Autoreich schon gar nicht. Ständige Facelifts und wechselnde Trends lassen jedes neue Modell nach spätestens drei Jahren alt aussehen. Nur der Renault Twingo ­– bereits seit 1993 am Markt ­– scheint irgendwie in den Jungbrunnen gefallen zu sein. Er wirkt frisch wie am ersten Tag, und nur Kenner können ein Fahrzeug der ersten Serie von einem Neuwagen unterscheiden. 1998 und 1999 wurden die Scheinwerfer verändert, andere kosmetische Eingriffe blieben dem Twingo erspart.

Unter dem Blech gab es Juli 1997 eine wichtige technische Veränderung: einen neuen Motor. Der alte 1.3er (54 PS stark) diente bereits im Renault 5 und war reif für die Rente, machte er doch im Alter vor allem mit klapprigen Ventilen, durchgebrannter Zylinderkopfdichtung und defekten Zündanlagen von sich reden. Deshalb der Tipp: Ein 97er Twingo mit dem neuen Vierzylinder kostet einige Euro mehr, fährt aber zuverlässiger.

Trotz scheinbar ewiger Jugend werden auch die Twingo-Knochen morsch, etwa an der Vorderachse. Bei den fünf- und siebenjährigen Prüflingen verschreibt der TÜV gerne eine Kur beim Schrauber. Besser durchtrainiert ist die Hinterachse, denn hier sind Probleme selten. Ölverlust an Motor und Getriebe fällt bei der Hauptuntersuchung nicht häufig auf, meist ist es der defekte Radialwellendichtring an der Kurbelwelle hinter der Schwungmasse, der für dunkle Flecken zwischen Motor und Getriebe sorgt. Dunkel wird es auch in der Nacht, wenn die Scheinwerfereinstellung nicht stimmt, wie es nach dem dritten Fahrensjahr immer wieder vom TÜV beobachtet wird. Ebenso sind Funktionsprobleme an der hinteren Beleuchtungseinrichtung wiederholt zu bemerken.

Karosserie und Innenraum

Spätestens aber bei den Bremsen ist Schluss mit der ewigen Jugend. Hier ist der Alterungsprozess des Twingo kaum zu stoppen: Die Wirkung der Fußbremse vorn und hinten liegt in allen Jahrgängen über dem Durchschnitt. Auch die Bremsscheiben sind bereits bei der ersten Hauptuntersuchung auffällig oft verschlissen, nach fünf Jahren ist ein Austausch der Bremsschläuche häufig notwendig. Die Bremskraftregelung moniert der TÜV nur bei einem Jahrgang, den Dreijährigen. Schuld an diesem Leiden hat bestimmt nicht nur die Konstruktion, sondern auch das übliche Einsatzgebiet des kleinen Renault: Ein Twingo ist nun mal ein Stadtauto, und da werden die Bremsen vor jeder Ampel stark beansprucht.

Geht es schnell über Schwellen und passt man beim Einparken nicht auf die Randsteinkante auf, machen sich die Radlager der Vorderachse lautstark bemerkbar und ersuchen um Austausch. Zeigen die lackierten Stoßfänger Kratzer oder sind sie verformt, sollte der Verkäufer den Schaden beheben oder kräftig den Preis nachlassen: Das Lackieren der Stoßfänger kann bei einigen Metallic-Farbtönen ganz schön ins Geld gehen.

Kritische Blicke sind auch bei Fahrzeugen mit Faltdach angebracht. Undichte Exemplare sorgen für ständige Frischluftzufuhr und bei Regen für ungewollte Kopf-Duschen. Besonders begehrt sind Twingo mit Servolenkung. Ohne die Lenkhilfe steuert er sich indirekt wie ein Segelboot. Vor der Probefahrt kommt das Probesitzen. Die Polster sind klein und dünn dimensioniert. Erst mal durchgesessen, werden Langstrecken zur Qual. Austausch oder Aufschäumen kommt teuer. Besser hält man sich an die altbekannte Regel: Nur ein wirklich junger Twingo ist ein guter Twingo.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 5/93 Neueinführung mit dem 54 PS starken 1,3-Liter-Benzinmotor 3/95 Sondermodell Air mit Faltschiebedach und Zentralsperre mit Fernbedienung 8/95 Sondermodell Kenzo mit Alurädern 2/96 Sondermodell Benetton mit Panorama-Faltschiebedach, elektrischen Fensterhebern, Zentralverriegelung 7/96 Einführung des 1,2-Liter-Motors mit 54 PS 3/97 Einführung des 1,2-Liter-Motors mit 58 PS 9/98 Modellpflege; neue Scheinwerfer, kleinere Spaltmaße

Schwachstellen • Bremsen sind der größte Schwachpunkt des Twingo, hier wird von der Wirkung bis zu den verschleißfreudigen Bremsscheiben bei den TÜV-Hauptuntersuchungen so ziemlich alles kritisiert • die Zündanlage reagiert auf Nässe mit Aussetzern, vor allem die Verteilerkappe schätzt Spritzwasser nicht. Folge: Startschwierigkeiten und Zündaussetzer während der Fahrt • Radlager sind nachtragend, wenn der Fahrer beim Einparken wiederholt den Randstein rammt oder Schwellen zu schnell überquert • bei Fahrzeugen mit Faltdach bilden sich aufgrund der UV-Strahlung nach einigen Sommern Risse. Danach tropft es bei Regen und Waschstraßenbesuchen in den Innenraum

Reparaturkosten (Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Renault Twingo 1.2, 40 kW/54 PS, Baujahr 96): Reparaturen kommen teuer, wobei es nicht an den Ersatzteilpreisen liegt. Vielmehr erfordern einige Arbeiten sehr viel Zeit ­und damit Geld.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Bei den Hauptuntersuchungen zeichnen die Bremsen des Twingo ein dunkles Bild: Überdurchschnittlich oft kritisieren wir die Bremsanlage. Die Bremsscheiben verschleißen stark, die Bremsschläuche monieren wir häufig bei den Fünf- und Siebenjährigen. Die Wirkung der Fußbremse vorn und hinten wird bei allen Jahrgängen überdurchschnittlich oft beanstandet, ebenso die Abblendlicht-Einstellung und die hintere Beleuchtungseinheit. " Gunnar Dahm, Gutachter TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg

Modellempfehlung Renault Twingo 1.2 (40 kW/54 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 60 Euro im Jahr/D3 Testverbrauch: Werksangabe 6,0 Liter, gemessen 6,8 Liter (Super) Versicherung: Vollkasko (15/500 Euro SB) 630 Euro, Teilkasko (19/150 Euro SB) 106 Euro; Haftpflicht (13) 725 Euro (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 150 bis 225 Euro Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 35,7 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 700 Euro Verlust