Marktlage und Qualität

Eine Zeitlang galten viersitzige Cabriolets als Inbegriff automobiler Exklusivität: Käufer konnten wählen zwischen Rolls-Royce Corniche und VW Käfer. Erst die in den achtziger Jahren stürmisch einsetzende Cabrio-Welle offerierte Frischluft-Viersitzer an jeder Straßenecke. Eine kleine schwedische Marke setzte aber nicht Stückzahlen an erste Stelle, sondern selektierte willige Kunden über den Kontostand.

So veranschlagte Saab beim Debüt des Cabrios 1987 sagenhafte 67.100 Mark für die einfachste Vierzylinder-Version. Ein offener BMW 325i war 18.400 Mark billiger - und bot serienmäßig das Flair und die Laufruhe eines Sechszylinders. Heute, im gesetzten Alter eines Gebrauchtwagens, hat sich an diesem Verhältnis wenig geändert: Der alte Dreier driftet ab in die billigen Hinterhöfe der Tiefer-breiter-härter-Gemeinde, das Saab Cabrio sucht seine Kenner nach wie vor in den Villenvierteln. Die Preise liegen auf stolzem Niveau und oft deutlich über den Listennotierungen.

Die Ursache für die Traumwerte liegt allerdings woanders: Gerade mal 2500 Stück werden beim Kraftfahrtbundesamt geführt, die Fahndung nach der Nadel im Heuhaufen ist ein Klacks gegen die Suche nach dem Saab. Denn wer seinem 900er-Cabrio einmal das Jawort gegeben hat, der hält ihm nicht selten ewig die Treue. Mit gutem Grund: Zwar ist bekannt, daß die Qualität der Schweden zumindest bis zur Übernahme durch General Motors über jeden Zweifel erhaben war. Doch die alten 900er verdienen noch mal besonderes Lob.

Karosserie und Motor

Dazu gehört vor allem die Verwindungsfestigkeit, bei Cabrios im allgemeinen und bei viersitzigen im besonderen ein heikler Punkt: Hier sind selbst betagte 900 noch topfit und ihrem 94 erschienenen Nachfolger offenkundig überlegen. Kritik muß sich nur das Verdeck gefallen lassen: Bis 92 waren Dach und Heckfenster von einem Keder aus Kunststoff eingefaßt, der versprödet und reißt. Dann wird auch der Saab zur Tropfsteinhöhle.

Oft läßt sich aber mit Hilfe eines Sattlers der teure Verdeckaustausch von rund 4500 Mark hinauszögern. Für die serienmäßig elektrohydraulische Verdeckbetätigung gilt dafür: keine Vorkommnisse. Der Antrieb zeigt dagegen mehr Allüren. Allen voran die Turbolader, die ein gewisses technisches Verständnis beim Fahrer voraussetzen. Wer seinem Turbo Dauervollgas gibt und danach sofort am Rastplatz abstellt, riskiert Lagerschäden und Reparaturen um 1500 Mark.

Beliebt ist vor allem der große Turbo-Motor mit 170 PS (G-Kat), die schwächeren Modelle mit 126 oder 141 PS lassen den 900er dagegen geradezu schwerfällig in Fahrt kommen. Wer das mit seinem Gasfuß ausgleichen will, riskiert schnell verschlissene Kupplungen oder sogar ein ruiniertes Getriebe. Beim Kauf auf Geräusche und ein sauberes Schaltbild achten.

Außerdem kommt kein Kunde um eine Besichtigung des Unterbodens herum – nicht wegen Rost, der spielt keine Rolle. Aber im Souterrain zeigen sich die kleinen Ölundichtigkeiten, die auch der TÜV ab dem siebten Lebensjahr moniert. Ab diesem Alter kann die Saab-Liebe dann schnell zur Lebenskrise werden, denn Reparaturpreise sind so exklusiv wie das Auto. Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Für die erklärten Saab-Liebhaber kein Problem. Für sie zählt nur die klassische Exklusivität, die kaum ein fabrikneues Cabrio bietet.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 1/87 Einführung des Cabrios auf Basis des dreitürigen Saab 900 Coupés. Zweiliter-Sechzehnventil-Turbo mit 175 PS, Lederausstattung und elektrohydraulische Verdeckbetätigung serienmäßig. Katalysator gegen Aufpreis lieferbar, Leistung dann 160 PS 9/91 Facelift, alle Modelle serienmäßig mit ABS 3/92 Fahrer-Airbag Serie, Einführung Sondermodell Top mit Komplettausstattung ähnlich Turbo 16 8/92 Turbo 16 auf 170 PS gesteigert 5/94 Modellreihe vom Cabrio der neuen Baureihe 900/II abgelöst

SchwachstellenWischerblätter der Scheinwerfer-Reinigungsanlage gehören zu den meistverkauften Ersatzteilen - sie werden oft gestohlen • Getriebe sind sowohl in der handgeschalteten als auch in der automatischen Ausführung zu schwach ausgelegt. In Verbindung mit den kleineren Motoren halten sie einigermaßen, doch im Turbo beginnt das Zähneklappern oft schon vor Erreichen der 100.000-Kilometer-Marke • Turbolader benötigen nach heißer Fahrt eine Abkühlminute im Leerlauf. Wird diese nicht gewährt, gehen die Lager des Turbos kaputt • Kupplung ist unterdimensioniert und daher zügigem Verschleiß ausgesetzt. Mit rund 900 Mark ist der Ersatz aber noch bezahlbar • Ölverlust am Motor kommt oft aus dem Steuerkettenkasten

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Saab 900 Cabrio 2.0 Turbo 16, 118 kW/160 PS, Bj. 92. Der opulente Preis für den Kotflügel ist bei einem kleinen Crash nur die halbe Wahrheit – oft ist auch noch die überlappende Motorhaube hin.

Fazit und Urteil

Fazit "Das alte Saab 900 Cabrio hat schon echte Klassikerqualitäten. Wer eins hat, gibt es meist nicht mehr her. Denn das Cabrio ist von der Substanz grundsolide. Rost ist kein Thema, und das Stoffverdeck ist langlebig, leidet aber bei Waschstraßenbesuchen. Probleme mit dem Turbolader sind meist auf Bedienfehler zurückzuführen: Nach Vollgasfahrten darf der Motor nicht sofort abgeschaltet werden. Sonst wird der glühende Turbo nicht ausreichend geschmiert. Dabei genauso wichtig: Immer das vorgeschriebene Öl verwenden und die Intervalle einhalten. Vorsicht bei Re-Importen aus den USA. Dort wurde eine andere Motorelektronik eingebaut, für die nur schwer Ersatzteile zu bekommen sind." Kfz-Meister Nils Arnold, Saab Zentrum Hamburg

AUTO BILD-Urteil: sehr empfehlenswert