Jede Menge Kies, Schotter, Schlamm und ein paar Pfützen – die ideale Spielwiese also für unsere vier Testkandidaten mit Allrad, die sich auch alle ganz tapfer schlugen. Technisch gibt es dabei kaum Systemunterschiede zwischen Hyundai Tucson, Nissan Qashqai, Renault Kadjar und Seat Ateca. Alle sind grundsätzlich Fronttriebler mit einer elektronisch gesteuerten Lamellenkupplung zur Kraftübertragung an die Hinterachse. Dazu kommt ein ebenso elektronisch gesteuerter Bremseingriff an allen vier Rädern.

Der Seat macht im Vergleich am meisten aus seiner Größe

Seat Ateca
Raumwunder: Auf 4,37 Metern Länge bietet der Ateca fühl- und messbar am meisten Platz – vorn und hinten.
Im Alltag, also etwa auf trockener, fester Straße, ist vom Vierradantrieb nicht viel zu spüren. Schon gar nicht bei sonnigen 23 Grad Celsius und in der norddeutschen Tiefebene. Aber klar, in bergigen Gegenden und im nächsten Winter werden die Karten neu verteilt. In der Kiesgrube jedenfalls schien der Seat leichte Vorteile zu haben, sein System spricht am konsequentesten an. Kann der Spanier auch sonst alle nass machen? Angesichts der kompakten Größe – der Ateca ist mit 4,36 Metern immerhin elf Zentimeter kürzer als etwa der Tucson – verblüfft sein großzügiges Raumangebot immer wieder. Er bietet fühl- und messbar vorn und hinten am meisten Platz und dazu große, sportlich-straffe Sitze. Nur bei der Kofferraumgröße (485 Liter) und der Zuladung (535 Kilogramm) muss sich der Spanien-SUV mit Platz zwei zufriedengeben.
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Qashquai und Kadjar teilen sich die technische Basis

Nissan Qashqai
Der Qashqai ist etwas enger als Technikbruder Kadjar, macht dafür aber mehr aus dem 1,6er-Diesel.
Vorn liegt der Tucson, der bei stehender Rückbank 513 Liter schluckt und 558 Kilo einpacken darf. Das geschmackssichere Cockpit kann sich sehen lassen und punktet mit problemfreier Bedienung. Der Hyundai wirkt luftig und geräumig. Vorn gibt es passend ausgeformte Sitze, hinten eine gemütliche Bank mit verstellbarer Lehnenneigung. Renault und Nissan bauen ja auf der gleichen Plattform auf, und unter Brüdern ist natürlich besonders interessant, wer mehr bietet. Im Kadjar-Cockpit lassen sich die digitalen Instrumente in vier verschiedenen Grafikstilen darstellen. Klar, eine Spielerei, aber nett und fröhlich. Im Nissan sind die Rundinstrumente ganz klassisch arrangiert. Beim Raumangebot sammelt der Kadjar ein paar Punkte mehr – wegen seiner größeren Innenhöhe, vorn und hinten gibt es etwas mehr Luft überm Scheitel als im Qashqai. Dort haben uns die Sitze nicht so gut gefallen, mit ihrer (zu) kurzen Auflage, der relativ niedrigen Lehne und den weichen Polstern. Die im Renault können das aber nicht viel besser. Sie sehen zwar großartig aus, erfüllen aber die Erwartungen nicht ganz: wenig Seitenhalt, Lehne zu kurz.
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Angetrieben werden Renault und Nissan vom gleichen 1,6-Liter-Vierzylinder mit 130 PS, aber mit leicht unterschiedlichem Ergebnis. Im Qashqai wirkt der lebendige Motor noch ein bisschen kerniger und spritziger, dreht lockerer aus. Im Kadjar dagegen scheint er besser gedämmt, läuft eine Spur ruhiger – auch wenn sich das in den reinen Messwerten kaum widerspiegelt.

Die Zeit der Sänften ist bei Renault endgültig vorbei

Renault Kadjar
Französische Härte: Der Kadjar poltert mit 17-Zöllern ausgesprochen heftig über Querfugen und Ähnliches.
Sänften bauen die Franzosen schon lange nicht mehr, wie wir wissen. Allerdings haben sie die neu entdeckte Härte beim Kadjar – als Bose Edition mit 225/45 R 19 – ganz schön ausgereizt. Der poltert ausgesprochen heftig über Querfugen und Ähnliches, wir empfehlen eher die 17-Zoll-Bereifung. Andererseits bringt eine solche stramme Auslegung auch ein recht knackig-handliches Fahrverhalten. Der Nissan kommt da nicht ran, liegt unruhiger und schaukeliger. Zusammen mit der teigigen, bei schnellen Richtungswechseln verhärtenden Lenkung ergibt das ein schwerfälligeres Fahrverhalten als im Renault. Aber klar, für die Kurvenjagd sind SUVs sowieso nicht gebaut, das weiß auch Hyundai. Der Tucson wird angetrieben von einem laufruhigen, durchzugsstarken 2,0-Liter mit 136 PS. Ein sympathischer Typ, der den Tucson flott beschleunigt. Er ist schneller unterwegs als der Nissan und der Renault. Überhaupt: Im direkten Vergleich mit den ausgeruhteren 2,0-Liter-Dieseln – auch dem im Seat – wirkt der 1,6-Liter in Kadjar und Qashqai bemüht und leicht angestrengt.
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Beim Bremsen steht der Tucson etwas zu spät

Hyundai Tucson
Verbesserungswürdige Anker: Der Hyundai stand in diesem Test erst nach mehr als 38 Metern.
So fährt sich der Tucson unaufgeregt und handlich, federt ausgewogen und schluckt Unebenheiten routiniert. Nicht ganz so toll jedoch: die Bremsen. Der Hyundai stand in diesem Test erst nach mehr als 38 Metern. Das ist der schlechteste Wert in diesem Vergleich. Der Seat blieb jeweils knapp darunter, auch nicht gerade ein Ruhmesblatt für ein nagelneues Auto. Aber das war es dann auch schon an Kritik, abgesehen davon fährt der Ateca hier in einer eigenen Liga. Sein 150-PS-2,0-Liter tritt kräftig an, dreht lebhaft. Er scheint zwar etwas weniger gedämmt als zum Beispiel im baugleichen VW Tiguan und brummt bei höheren Drehzahlen durchaus vernehmbar. Macht aber nichts, das passt gut zum kernig-sportlichen Charakter des Ateca – der auch in dieser Konstellation den Sportler unter den Kompakt-SUVs gibt. Er fährt sich betont handlich und mühelos, federt stramm, seine Lenkung spricht präzise an.
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Vorn liegt der Ateca auch beim Preis, steht in Test-Ausstattung für 31.165 Euro in der Liste. Nissan berechnet für den komplett ausgestatteten Qashqai 32.150, Hyundai für den Tucson 32.800 Euro. Wie immer gibt es bei den Koreanern fünf Jahre Garantie. Die hat auch der Renault, der mit 33.890 Euro der Teuerste ist. Es spricht also vieles für den Seat, der hier tatsächlich alle nass macht.
Dirk Branke

Fazit

Ein großer Wurf, schrieben wir nach dem ersten Vergleich. Und das bestätigt der sehr moderne, zeitgemäße Seat hier eindrucksvoll. Auf Platz zwei der sympathisch ausgewogene Hyundai. Und im Bruderduell liegt der knackigere Renault diesmal vor dem Nissan.