Der Designer Gordon Murray sagt, er habe keine Computer, er arbeite nur mit Zettel und Stift. Man kann das verschroben finden. Er behauptet, den mündigen Autokäufer gäbe es erst seit der Finanzkrise. Man kann das arrogant finden. Er erklärt, sein Modell werde eine neue Ära im Automobilbau einläuten. Man kann das großkotzig finden. Man findet ihn in einem kleinen Industriegebiet in Shalford, eine Autostunde südwestlich von London. Hierhin hat sich Professor Gordon Murray mit seinem Team von 29 Mitarbeitern zurückgezogen, um in Ruhe an seinem Traumauto zu arbeiten. Projektname: T25.

Murray war der Kopf hinter dem legendären McLaren F1

Projekt T25
Berühmte Vorbilder: Murray sieht den hier noch verpackten T25 in einer Reihe mit Fiat 500 und dem Ur-Mini.
"Dieses Stadtauto", sagt Murray und nippt heißen Tee aus einem Becher, auf dem "Professor" steht, "ist radikaler als der Smart oder der neue Toyota iQ. Kleiner, leichter, sparsamer und günstiger herzustellen." So sieht er die Zukunft. Eine kleine Revolution. "Bis vor einem Jahr haben doch nur die Marketing-Leute entschieden, wer welches Auto fahren soll. Erst jetzt, in der Krise, entscheiden die Menschen wieder selbst." Gordon Murray (62), gelernter Fahrzeugingenieur, muss niemandem mehr irgendetwas beweisen. Von ihm entwickelte Formel-1-Rennwagen gewannen in den 80er-Jahren mehr als 50 Grand Prix. 1993 war er der Kopf hinter dem legendären Supersportwagen McLaren F1. Und so einer redet jetzt über Staus, Spritverbrauch und Energiesparen?

Der T25 soll 20 Prozent weniger Bauteile haben als ein Smart

Projekt T25
Einfach einfach: 20 Prozent weniger Bauteile als ein Smart. Das spart Kosten, Gewicht und Sprit.
Bild: Werk
Murray lächelt, stellt den Teebecher ab und sagt: "Der McLaren F1, das war ein Auto für seine Zeit. Aber diese Zeit ist vorbei." Noch vor der Premiere des Sportwagens hatte der Brite ein Schlüsselerlebnis, das ihn umdenken ließ. Murray stand im Stau auf der Londoner Ringautobahn. Neben ihm standen große Limousinen. Und in jeder saß nur ein einziger Mensch. Welch eine Verschwendung, dachte Murray. Seitdem hat er die Vision im Kopf von einem Auto, das so schmal ist (1,30 Meter), dass zwei davon nebeneinander in eine Fahrspur passen. Und so kurz (2,40 Meter), dass vier davon nebeneinander quer auf einem Stellplatz parken können. Die Idee ist nicht neu. Der Smart fährt schon zehn Jahre, und der T25 sieht dem Tata Nano erstaunlich ähnlich. Der Erfolg anderer beflügelt Murray nur. Er fährt privat selbst einen Smart roadster. "Der T25 wird aber 20 Prozent weniger Teile haben als ein Smart." Er soll nur 550 Kilo wiegen, von einem Dreizylinder mit 51 PS aus Japan angetrieben werden, drei Liter verbrauchen, vier Sitze und Schiebetüren haben und umgerechnet 6200 Euro kosten.

Vertrieb per Franchise-Modell

Doch es geht Murray um mehr als nur um ein neues, kleines Auto. "Der T25 ist nur der Türöffner für eine ganz neue Art, Autos zu bauen", erklärt der Entwickler. Mit Details hält er sich noch zurück. Nur so viel: 20 Prozent weniger Energieverbrauch bei der Produktion, keine Stahlpresse, keine Lackiererei, eine Kombination verschiedener Materialien für Steifigkeit, Sicherheit und Gewichtsreduzierung, ein Monocoque. Der T25 soll ein Baukastenauto werden. Ein Chassis und darauf verschiedene Aufsätze für ein Cabrio, einen Pick-up, einen Mini-Van. Der Vertrieb, so stellt der Macher es sich vor, soll über ein Franchisesystem erfolgen. Unter welcher Marke sein Auto verkauft werden wird, ist Gordon Murray ziemlich egal. "Sony, Virgin, Dyson – es können große Industrieunternehmen sein, die bislang noch gar nichts mit Autos zu tun hatten." Mit solchen Firmen stünde er in letzten Verhandlungen. Der erste fahrbare Prototyp soll im Mai fertig sein. Ab 2012 sollen 100.000 Stück pro Jahr vom Band rollen.
Die Pläne der großen Autobauer bestätigen Murray. Überall werden derzeit Kleinwagen entwickelt, der Markt schreit danach. "Autos wie der BMW X6 oder der Audi Q7 sind tot", sagt Murray und ergänzt: "Gott sei Dank." Muss der T25 nicht konsequenterweise auch einen Elektroantrieb bekommen? "Nein", sagt Murray, "Elektroautos sind Mist." Punkt. Noch was? Ja, wofür steht T25? "Ganz einfach. Es wird das 25. von mir entwickelte Auto, das in Produktion geht." T24 war der Mercedes SLR McLaren.