Kennen Sie das? Sie bekommen ein Geschenk und öffnen gaaanz langsam, behutsam und voller Vorfreude den Karton? Genau so öffneten wir die Türen unseres neuen Dauertests Sunlight A 70. Laufleistung: frische neun Kilometer. 
Für uns ist dieser Dauertest sogar doppelt spannend, denn unter dem Alkoven steckt der neue 2,3-Liter-Ducato mit AdBlue, den wir das erste Mal auf seine Dauerleistung testen.

Hersteller wollen Alkoven vom piefigen Image befreien

Sunlight A 70
Die Sitzgruppe ist groß und wirkt mit den schwarz-grau-weißen Polstern recht edel.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Das ist er: Auf den ersten Blick ein ziemlicher Riese, auf den zweiten Blick aber tatsächlich nur 7,25 Meter lang und damit mehr als 20 Zentimeter kürzer als der Ahorn Alaska TD in unserem Dauertest-Fuhrpark. Es ist die Höhe des Alkovens, die Eindruck macht. Obwohl die Wohnmobile mit der großen Nase über dem Fahrerhaus schon seit Jahren totgesagt werden, sind sie noch immer gut vertreten auf dem deutschen Markt – vielleicht auch deshalb, weil Hersteller wie Sunlight dem piefigen Image der Bauform mit Palmen in der Werbung, schickem Design und Geschichten von jungen Extremsportlern begegnen. In Sachen Optik macht der Sunlight A 70 mit seinem modernen, klaren Design außen wie innen viel her. Der Grundriss ist klassisch und besteht aus Querbett im Heck, Alkovenbett, sehr geräumigem Badezimmer, Vierer-Sitzgruppe dahinter und großer Küche auf der Einstiegsseite. Die offen gestaltete Blickachse und die hohe Decke im Wohnraum sorgen für ein unglaubliches Raumgefühl von Weite und Größe.

Unfassbar viel Platz und Stauraum

Sunlight A 70
Das Querbett ist schön groß, doch die Matratze fällt etwas zu dünn aus.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILDSven Krieger / AUTO BILD
Das hat er: Seine guten und schlechten Seiten. Zum einen gehören zur Serienausstattung in Wagenfarbe lackierte Frontstoßfänger, USB-Steckdosen, die große Truma Combi 6 sowie ESP und Hillholder. Zum anderen listet Sunlight in seiner Preisliste sogenannte "Zwangsoptionen" auf, die extra bezahlt werden müssen, wenn der Kunde sich gegen bestimmte Pakete entscheidet. Das gilt unter anderem für die Steckdosen im Küchenblock und in der Garage (jeweils 49 Euro), die Duschraumverkleidung (499 Euro) oder den höhenverstellbaren Beifahrersitz (129 Euro). Auch der Beifahrerairbag steht mit 399 Euro in der Liste der Sonderausstattungen, dito Beckengurte und Kopfstützen für die Mitfahrer 5 und 6 (349 Euro).
 
Dafür punktet der Sunlight A 70 mit unfassbar viel Platz und Stauraum. Wir zählen insgesamt neun Dachschränke, einen geräumigen Kleiderschrank und eine Heckgarage mit Durchreiche, in der man fast noch ein weiteres Zimmer unterbringen könnte. Und die Qualität? Solide – bis auf die Matratze im Heckbett. Die erwies sich als zu dünn, die Camperhüfte liegt auf dem Holz des Lattenrosts auf. Auch an Warmluftdüsen fehlt es hinten. Die starke Combi 6 lief eine ganze Weile, bis bei fünf Grad Außentemperatur der Schlafbereich endlich warm wurde.

75-Liter-Tank reduziert die Reichweite

Sunlight A 70
Der hohe Aufbau sorgt bei schnell gefahrenen Ausweichmanövern für viel Unruhe im Fahrwerk.
Bild: Bernd Hanselmann / AUTO BILD
So fährt er: Ziemlich komfortabel. Klar, der hohe Aufbau neigt wie bei allen Alkoven zum leichten Wanken in den Ausweichtests. In dieser Hinsicht tun Länge und Überhang dem Sunlight als Gegengewicht zum hohen Schwerpunkt ganz gut. Die optionalen 140 PS (949 Euro) sind sogar auf hügeligen Etappen ausreichend – weniger sollten es jedoch nicht sein. Eine Schwäche des neuen Ducato: Um das Gewicht des Basisfahrzeugs durch den neuen AdBlue-Tank nicht noch weiter zu erhöhen, verkleinerte Fiat den Dieseltank von serienmäßigen 90 Litern auf 75 Liter und damit auch die Reichweite. Hinzu kommt die ungenaue Füllstandsanzeige des Harnstoffs. Sobald fünf von 19 Litern AdBlue verbraucht sind, piept der Ducato einmal panisch, zeigt eine orangefarbene Warnleuchte an und verlangt nach sofortiger Befüllung, obwohl noch genug im Tank wäre.

Das ist während des Dauertests aufgefallen

Sunlight A 70
Der Fahrradträger hängt zu hoch. Eine Lift-Funktion wäre rückenschonender.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Über die gesamte Testdauer konnte nichts den Sunlight A 70 ausbremsen – außer der rätselhafte Liegenbleiber, der Redakteurin Helene Schmidt bei hochsommerlichen Temperaturen auf der A 61 ereilte. Nachdem sie knapp vier Stunden in einem Stau stehen musste, ging auf einer anschließenden Steigung nichts mehr: Piep, gelbe Motorkontrollleuchte, Notlaufprogramm! Laut Fehlerprotokoll waren Turboladedruck und Temperatur zu hoch, wie sich später in der Werkstatt herausstellt. Schäden? Keine, immerhin. In die Werkstatt ging's deshalb nur noch zwei weitere Male: zur Nachrüstung des Infotainmentsystems Alpine X903DDU2 (ab 1699 Euro) inklusive Rückfahrkamera sowie dreier Halterungen an der Heckwand. Die braucht's für den Quipon-2er-E-Bike-Träger (ab 259 Euro) aus dem Movera-Zubehörprogramm, der sich leicht selbst montieren lässt, aber eine zu große Beladehöhe hat. Was zudem nervte: besagte übervorsichtige AdBlue-Füllstandsanzeige. Ansonsten passte der neue 140-PS-Motor (949 Euro) gut zur Fahrzeuggröße und verhalf zu ordentlichen Fahrleistungen.

Und der Aufbau? Bis auf ein ausgeleiertes Scharnier an der Durchladetür zum Heckstauraum und die laschen Matratzen ließ sich kein Verschleiß feststellen. Das erfreut umso mehr, als es sich bei den von Capron im sächsischen Neustadt gefertigten Sunlight ja um Einsteigermodelle handelt. Dafür fällt das an Basics wie dem fehlenden Beifahrerairbag genauso auf wie an zu wenigen Warmluft-Austrittsdüsen der Truma Combi 6 und dem Einfachboden, der die Wintertauglichkeit einschränkt. Insofern wird wohl kaum ein A 70 zum Basispreis vom Händlerhof rollen. Allen Testpersonen gefallen hat dagegen das gemütliche Ambiente im Interieur. Mit hellem Holzdekor, mattweiß abgesetzten Klappen sowie der sanften Beleuchtung sorgt es für Wohlfühlstimmung. Dazu passend sind die Polster der Sitzgruppe nicht zu weich und mit kuschelig-filzartigem Stoff bezogen. Und die gigantischen Gepäckkapazitäten erfüllten zusammen mit der Zuladung von 564 Kilo auch die Bedürfnisse von Besatzungen in Familiengröße.

Bildergalerie

Wohnmobil-Test Sunlight A 70
Wohnmobil-Test Sunlight A 70
Wohnmobil-Test Sunlight A 70
Kamera
Wohnmobil-Test Sunlight A 70
Fazit: Ein Basispreis ist nur ein Basispreis. Das hat sich beim A 70 erneut bewiesen. Denn so verlockend das Angebot auch klingt – ohne ein paar Kreuzchen auf der Sonderausstattungsliste kommt der Spaß zu kurz. Serienmäßig sind dagegen das enorme Platzangebot, die routinierte Verarbeitung und ein beruhigend sicheres Fahrverhalten.
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