Das Wichtigste vorweg: Nein, dieser Lexus hat noch nicht den Hybridantrieb, der so viel Wind macht. Die Japaner präsentieren zunächst den LS 460, ihre neue Toplimousine, nur mit V8-Benziner. Das Hybridmodell mit dem aufgesattelten Elektromotor, das LS 600 heißen soll, folgt erst 2007.

Womit, auch ohne Hybrid, zumindest eines erreicht wäre: Über das Toyota-Flaggschiff wird schon jetzt mehr geredet als je zuvor in seiner Dornröschen-Karriere. Denn die "ideale Luxuslimousine", so der Anspruch von Toyotas Edelmarke, schlummert hierzulande dahin – seit 1990 bescheidene 6153mal verkauft. Zum Vergleich: Mercedes lieferte bei uns allein 2005 rund 50.000 S-Klassen aus. Ganz anders in den USA, wo der große Lexus deutsche Nobelkarossen seit Jahren abgehängt hat.

Im November kommt also der LS 460. Auch die vierte Generation des japanischen Flaggschiffs schielt wieder unverkennbar gen Stuttgart und will vor allem eines: besser sein als die Deutschen. Was beim Image noch fehlt, soll eine klotzende Breitseite von High-Tech-Neuheiten wettmachen: Achtstufen-Automatik, neuer 4,6-Liter-Motor, gegen Aufpreis beste Pre-Crash-Sicherheit – als ob Toyotas Design-Papst Wahei Hirai nicht genau wüsste, dass vor allem der erste Anblick zählt.

Ein Hintern à la Jennifer Lopez: Beim LS ist ordentlich was dran.
Ein Hintern à la Jennifer Lopez: Beim LS ist ordentlich was dran.
Und da kann der neue LS sich endlich im Kreis der Großen sehen lassen. Ruhige Flächen, wuchtige Flanken, kräftiger Stand auf der um 45 Millimeter gewachsenen Spur – der japanische Drang, ein großes Auto hinzustellen, wirkt nicht gezwungen, sondern selbstsicher. Und Details wie gewaltige Endrohre oder der kecke Fahrlichtkranz demonstrieren stolzen Mut. Nur der hintere Stoßfänger trägt einen unpassenden Ring Wohlstandsspeck. Im Vergleich wirkt der S 500, der fast auf den Zentimeter genauso groß ist, beinahe zierlich. Und innen eine Spur luftiger dank schmalerer Dachsäulen und größerer Glasflächen.

Beide Fünf-Meter-Schiffe bieten Platz im Überfluss und Luxus bis zur Spielgrenze: Schlüsselloses Türöffnen, elektrisch verstellbare Sitze, Leder und Holz sind serienmäßig, im Lexus auch ein Navigationssystem. Die hinteren Einzelsitze (Aufpreis) im Test-LS schweben zwischen Ministersessel und Kinoqualität: In der Mittelarmlehne stecken separate Sitz- und Klimaeinstellung, Eisfach und die Bedienung des DVD-Systems mit Monitor im Dachhimmel. Gibt's bei Mercedes auch.

Im Cockpit entscheidet nur der persönliche Geschmack. Rund ums Lenkrad des Lexus sprießen die Schalter wie Pilze nach dem Regen – wer beim iDrive von BMW verzweifelt, erlebt im LS 460 die klassische Suchaufgabe.
Qualität und Ausstattung im Edel-Toyota sind premium.
Qualität und Ausstattung im Edel-Toyota sind premium.
"Das wollen unsere älteren Kunden", entgegnen die Lexus-Entwickler. Die S-Klasse, die ihren kleinen Schalthebel an die Lenksäule verbannt hat, ist deutlich aufgeräumter.

Für das Ziel, wieder den komfortabelsten Antrieb der Luxusklasse zu bauen, hat Lexus das ganze Auto neu konstruiert. Der summende 4,6-Liter-Achtzylinder löst den Konflikt "Saugrohr- oder Direkteinspritzung?" auf seine Weise: Er hat beides. Je nach Last wird der Kraftstoff vor oder hinter den Ventilen eingespritzt. Ergebnis sind 380 PS, beste Abgaswerte und 5,7 Sekunden bis 100 km/h. Die weltweit erste Automatik mit acht Stufen soll so sanft schalten wie ein Schmetterlingsflügel schlägt. Die S-Klasse hat sieben Stufen, holt ihre 388 PS aus dem größeren Hubraum von 5,5 Litern.

Doch entscheidend ist immer die Reisequalität, und da will Lexus wieder der Flüstermeister seiner Klasse sein. Dafür sind große Teile des Fahrwerks aus Alu. Luftfederung mit elektronischer Dämpferverstellung ist serienmäßig an Bord. An deren Europa-Abstimmung arbeiten die Techniker derzeit ebenso mit Hochdruck wie an der elektrischen Lenkung mit variabler Übersetzung. Beides war bislang amihaft soft ausgelegt, das straffere Luftfahrwerk der S-Klasse gilt hier als Maßstab.

Beim Preis (vermutlich knapp 80.000 Euro) dürfte der LS deutlich unter dem des Mercedes (89.668 Euro) liegen, die Ausstattung steht nicht fest. Das gilt auch für die beiden Sicherheitspakete, die Abstandsradar, Heck-Kollisionswarner und Fahrerüberwachung auf neue Weise kombinieren. Sie allein sind einen eigenen Test wert, da dürfen wir uns schon mal anschnallen. Nur einen Diesel wird es im LS nie geben. Dafür den Hybrid. Das japanische Dornröschen erwacht.

Fazit von AUTO BILD-Testredakteur Joachim Staat Kein Zweifel, Lexus ist oben angekommen. Technisch fährt der LS 460 keinem vergleichbaren Mercedes, Audi oder BMW mehr hinterher. Der Entwicklungsschritt vom alten zum neuen LS ist mindestens so groß wie der vom Mercedes W 220 zur aktuellen S-Klasse. Keine Frage: Dieser neue Lexus ist eine echte Alternative zu den deutschen Luxus-Linern, die höchstens noch in einer Disziplin punkten könnten: der Fahrdynamik.

Technische Daten Lexus LS 460 V8 • 4 Ventile pro Zylinder • 4 obenliegende Nockenwellen • Hubraum 4608 cm³ • Leistung 280 kW (380 PS) bei 6400/min • max. Drehmoment 493 Nm bei 4100/min • Hinterradantrieb • Achtstufen-Automatikgetriebe • Luftfedersystem • Kofferraum 510 Liter • Tank 84 Liter • Länge/Breite/Höhe 5030/1875/1465 mm • Reifen 235/50 R18 • Leergewicht 1945 kg • Spitze 250 km/h • 0–100 km/h in 5,7 s • Verbrauch 11,1 l Super/100 km • Preis ca. 80.000 Euro

Technische Daten Mercedes-Benz S 500 V8 • 4 Ventile pro Zylinder • 4 obenliegende Nockenwellen • Hubraum 5461cm³ • Leistung 285 kW (388 PS) bei 6000/min • max. Drehmoment 530 Nm bei 2800/min • Hinterradantrieb• Siebenstufen-Automatikgetriebe • Luftfedersystem • Kofferraum 560 Liter • Tank 90 Liter • Länge/Breite/Höhe 5076/1871/1473 mm • Reifen 235/55 R17 • Leergewicht 1940 kg • Spitze 250 km/h • 0–100 km/h in 5,4 s • Verbrauch 11,9 l Super/100 km • Preis 89.668 Euro

Von

Joachim Staat