Wie soll das gehen? Hubraum runter, Verbrauch auch, Fahrspaß aber rauf. Das klappt doch nie. Das kann gar nicht klappen. Doch! In Golf GT und Astra 1.6 Turbo arbeiten zwei kleine, aber dafür umso explosivere Vierzylinder, deren Unterhaltungstalent die Kompaktmodelle zu Stimmungskanonen der Extraklasse befördert. "Downsizing" heißt der Trick, mit dem Motorenbauer heute den Zielkonflikt zwischen geringem Spritbedarf und hoher Leistung lösen. Das Rezept ist eigentlich ganz simpel. Durch geschickte Aufladung werden kleine Motoren stark wie große. Und an der Tankstelle? Super – nicht nur als Treibstoff, sondern auch der Betrag auf der Rechnung: Astra wie Golf geizen mit dem Sprit. Also Vorhang auf für zwei Trend-Typen, die beweisen, dass Fahrfreude trotz Triebwerks-Diät nicht auf der Strecke bleiben muss.

Es macht Laune, den Golf TSI zu fahren

Spaßfaktor: Nach dem Einkuppeln hängt der Golf gierig am Gas.
VW hat dem Golf den 1,4 Liter kleinen Basisbenziner eingepflanzt, der von einem Kompressor sowie einer Abgasturbine zwangsbeatmet wird – daher der Name Twincharger. Ergebnis sind 170 Lader- statt 80 Saug-PS. Da der starke Doppellader mit Direkteinspritzung arbeitet, trägt die Technik das Kürzel TSI. Zusammen mit Touran und Jetta hat VW bislang rund 17.000 TSI-Exemplare in Deutschland verkauft. Der Grund für den Erfolg liegt auf der Hand. Es macht Laune, den Golf TSI zu fahren: Er bietet neben den bekannten Golf-Qualitäten wie präziser Lenkung, gekonnter Fahrwerkabstimmung und bequemer Sitze eine sehr vergnügliche Motor-Charakteristik. Gleich nach dem Einkuppeln hängt er gierig am Gas. Und dann zieht der Vierzylinder so gleichmäßig hoch, dass er sich wie ein Sechszylinder anfühlt. Von Turboloch keine Spur. Stattdessen entwickelt er mit zunehmendem Schub einen metallisch-kernigen Klang, bei dem sich leichtes Kompressor-Singen bei höheren Drehzahlen mit dem Pfeifen des Laders mischt.

Das rechte Pedal ist der Spaßschalter

Jenseits von 6000/min erinnert der TSI-Motor an ein Sporttriebwerk.
Ganz klar: Dies ist ein Auto für Technik- Freaks, denen ein TDI zu raubeinig wirkt und der Zweiliter-Benziner sterbenslangweilig vorkommt. Das rechte Pedal im Golf TSI ist der Spaßschalter. Wird draufgedrückt, ist Showtime. Gefühlt ist der TSI dem 30 PS stärkeren GTI näher als dem 20 PS schwächeren 2.0 FSI. Und das Beste: Schon bei früheren AUTO BILD-Tests konnte er mit Verbräuchen um acht Liter überzeugen. Jetzt erzielt er mit 7,3 Litern pro100 Kilometer sogar einen noch niedrigeren Wert. Bei extrem verhaltener Fahrweise sinkt der Spritkonsum sogar auf rund fünfeinhalb Liter. Hurra! Das schaffen sonst bestenfalls seine TDI-Brüder, aber keine 170-PS-Benziner. Nur im Bereich um 2400 Touren – hier übergibt der Kompressor an den Turbo – wirkt die Gasannahme manchmal zäh. Ganz oben dagegen, jenseits von 6000/min, erinnert der TSI-Motor eher an ein rassiges Sporttriebwerk als an ein 1,4-Liter-Sparaggregat. In den Gängen eins bis drei dreht er sogar bis 7500/min. Da kann der Astra 1.6 Turbo nicht mithalten. Sein roter Bereich beginnt schon bei 6500/min.
Der aufgeladene Vierzylinder mit dem verwirrenden Werkscode Z16LET stammt aus dem Corsa OPC, leistet im Astra aber nur 180 statt 192 PS. Dennoch stürmt er beim Gasgeben so druckvoll nach vorn, dass er seinen Fahrer sofort begeistert. Aber hallo: Der Opel gibt seine Leistung spitzer ab als der Golf GT. Ein bisschen erinnert er noch an die Turbos alter Schule: Unter 2000 Umdrehungen wirkt er verhalten. Erst dann spuckt er Feuer und zerrt an der Lenkung. Egal, der turbobefeuerte Astra ist eben ein Hans Dampf in allen Gassen – mit einem wilden Charme, der seinen ganz speziellen Reiz hat. Selbst im sechsten Gang tritt er so nachdrücklich an, dass seine optisch identischen Artgenossen im Rückspiegel schnell ganz klein werden.

Wird das Gaspedal gestreichelt, sinkt der Spritkonsum

Zylinderkopf, Ölwanne, Ansaugrohr – beim Astra ist alles aus Alu.
Bei der Entwicklung holten die Rüsselsheimer fast alles aus dem Regal, was moderne Aufladetechnik zu bieten hat. Da der Lader strömungsgünstig direkt in den Auslasskrümmer integriert ist, reagiert der Motor spontan aufs Gas. Die BorgWarner-Turbine ist wassergekühlt und drückt die Luft mit maximal 1,3 Bar in die vier Brennräume. Tritt der Fahrer das Gaspedal bis zum Anschlag durch, wechselt der Motor bis zu fünf Sekunden in den Overboost-Modus, und sein Drehmoment steigt auf 266 Newtonmeter. Bei derart rabiater Fahrweise steht der Spaß aber vor dem Spareffekt. Der Bordcomputer zeigt Werte jenseits von zwölf Litern an. Wird das Gaspedal gestreichelt, sinkt der Spritkonsum auf die Hälfte. Im direkten Vergleich mit dem Golf TSI wirkt der Turbo-Astra wie ein nervöser Sprinter neben einem austrainierten Fünfkämpfer. Besonders dann, wenn er wie der Testwagen mit dem optionalen IDS-Plus-Fahrwerk (405 Euro) ausgestattet ist. Er ist damit straffer, wirkt immer ein bisschen überdreht, insgesamt nicht so souverän wie der Golf – und verliert diesen Doppeltest deutlich.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan

170 PS aus 1,4 Liter Hubraum! Vor ein paar Jahren wäre so was als wartungsintensiver Krawallkram abgetan worden, auf den ein schneller Motor-Tod wartet. Doch die Aufladung kleiner Benziner hat Zukunft. Der Golf GT beweist es mit viel Fahrspaß bei sehr niedrigem Verbrauch. Der Astra packt sogar noch mal zehn PS drauf, schluckt auch wenig, doch fehlt es ihm an Ausgewogenheit. Zwar ist der Opel 700 Euro billiger, er ist aber unharmonischer und weniger raffiniert.

Doppellader von VW

Als Basismotor dient der 1.4-Liter. Das Roots-Gebläse von Eaton ist im Verhältnis eins zu fünf hochdrehend übersetzt und liefert ab Leerlaufdrehzahl 1,8 Bar Druck. Ab 2400 Umdrehungen übergibt der Kompressor unmerklich an den Turbolader (Maximaldruck 1,5 Bar). Beim Gasgeben stürmt die Luft vom Luftfilter über Kompressor, Turbo-Verdichterrad und Ladeluftkühler in die Brennräume.

Corsa-OPC-Turbomotor

Die Abgasturbine wird von BorgWarner (früher KKK) zugeliefert und sitzt strömungsgünstig im gegossenen Auslasskrümmer. Der Turbo presst die Luft mit maximal 1,3 Bar Druck durch den Ladeluftkühler. Das ganze Aggregat ist 15 Kilo schwerer als der Saugmotor und hat ein Gesamtgewicht von nur 131 Kilo. Im Zylinderkopf drehen zwei riemengetriebene Nockenwellen, deren Spreizung gegenüber dem Sauger von 232 auf 223 Grad reduziert wurde.