Die Start- und Zielgerade des Hockenheimrings liegt hinter mir. Bremsen, einlenken, Gas geben – es flutscht. Jetzt noch die enge Rechts sauber erwischen, um möglichst viel Schwung mit in die nicht enden wollende Parabolika zu nehmen und die Welt ist in bester Ordnung. Der Kupplungsfuß hat längst Ruhe und übernimmt – wenn erforderlich – die Bremsarbeit. Ein Zug am Schalthebel des sequenziellen Sechsganggetriebes und Mensch und Maschine stürmen die folgende Gerade hinunter. Der Druck wird größer. Nicht weil der Fahrtwind nun spürbar am Helm reißt, sondern weil die aus vollem Tempo anzubremsenden Kehre förmlich auf mich zufliegt. Doch siehe da, der Stress hält sich in Grenzen.

Der Formel Renault 2.0 wiegt nur 490 Kilo

Tracktest Renault Clio und Formel Renault
Berg und Tal: Der Formel-Renault-Renner ist nur 95 Zentimeter hoch. Der Clio reckt sich auf 1,48 Meter.
Tief in die Sitzschale gerutscht, muss man erst mal seine Füße auf die Pedalerie sortieren. Das Anfahrprozedere inklusive sauberem Zusammenspiel von Kupplung und Gas ist auch nicht so leicht. Doch dann kann man im Formel Renault 2.0 unbeirrt seine Bahnen ziehen.  Der 198 PS starke Zweiliter hat beim Beschleunigen mit dem 490 Kilo-Federgewicht leichtes Spiel. Auch die Reifen sind zügig auf Betriebstemperatur. Die größere Überraschung: Ob beim Runterbremsen oder Rausbeschleunigen aus Kurven, die Rückmeldungen kommen präzise. Der Fahrspaß ist einfach riesig. Auch das macht das vom italienischen Hersteller Tatuus vor neun Jahren für Renault entworfene Monocoque zu einem Erfolgsmodell. Über 900 Einheiten wurden bisher an die Kunden aus sechs verschiedenen Landesmeisterschaften gebracht.

6,1 Sekunden braucht der Renault Clio Cup für den Sprit auf 100 km/h

Tracktest Renault Clio und Formel Renault
Wer im Formel Renault Platz nimmt, sitzt nur wenige Millimeter über der Fahrbahn.
Zeit für eine Abwechslung. Raus aus dem Tiefflieger, rein in den Tourenwagen. Auf uns wartet eine klassische Sitzposition im leer geräumten Renncockpit des Renault Clio Cup. Das Herz in Form des 16V-Vierzylinders ist nahezu identisch mit dem des Formel-Renners. Die Seele allerdings eine ganz andere. Nun spielt die Musik nicht längs verbaut im Rücken des Fahrers, sondern werkelt quer installiert über der Vorderachse. Deutlich auch der Unterschied im Antritt. Verständlich, müssen die 210 PS im agilen Fronttriebler nun knapp über eine Tonne um den Ring wuchten. Bei den Fahrwerten hinkt der sportliche Dreitürer im Spurt von null auf 100 Stundenkilometer mit 6,1 Sekunden dem Formelrenner (4,9 Sek.) ebenso hinterher wie bei der Höchstgeschwindigkeit. Während der Clio mit seiner steilen Frontscheibe bei rund 220 km/h an seine Grenzen stößt, taucht der 95 Zentimeter niedrige Formel Renault mit bis zu 261 km/h durch den Luftstrom.

Ein Käfig sorgt für Sicherheit

Doch auch der Clio kann kräftig punkten, wie rund 600 verkaufte Exemplare in nur drei Jahren eindrucksvoll bestätigen. Sein Plus: mit den 17 Zoll großen, im Gegensatz zu den breiten Hinterrädern des Monoposto zwar schmäleren Pneus, lässt es sich herrlich über die Kerbs räubern. Also sitzt man in Sachen Fahrspaß beim Clio gleichwohl in der ersten Reihe. Geschmeidiges Entern von flotten Kurvenkombinationen sind sein Ding. Es mag an der Sicherheit vermittelnden Käfig-Konstruktion des Kompaktwagens liegen, aber selten war es einfacher, auf zwei Rädern ins Motodrom zu toben. Geht einem dabei die Piste aus, oder es kommt im Getümmel zu einer heftigeren „Feindberührung“, schlägt eine neue Frontschürze inklusive Scheinwerfer mit knapp 500 Euro zu Buche. Ein Schnäppchen wie das ganze Auto.
Aber auch der Formel Renault gilt unter Monoposto-Jüngern als faires Angebot. Der nahezu seriennahe Motor des Flügelstürmer hält wie im Clio ohne Weiteres 3500 Rennkilometer, also eine volle Saison durch, bevor eine knapp 4000 Euro teure Komplettrevision ansteht. Dass Topteams den Motor öfter „aufmachen“ ist allerdings ebenso kein Geheimnis, wie die Kunde, dass Renault zum zehnjährigen Jubiläum einen Nachfolger präsentieren wird. Klar ist: die aktuellen Fahrzeuge sind beliebter denn je und werden deshalb an den Renault-Sport-Wochenenden weiter mitrennen. Warum auch nicht?

Fazit

von

Niclas Hagenau
Beide Autos bieten viel Spaß für faires Geld. Der Formel Renault ist ideal für den Einstieg in eine Monoposto-Karriere. Im Clio lässt es sich um jede Piste toben – auch auf der Nordschleife. Ein Vorteil, denn Monoposti müssen auf der tollsten Strecke der Welt draußen bleiben.

Von

Niclas Hagenau