Luxusklasse – da denken wir sofort an schwere Prestige-Limousinen mit durstigen Motoren. Aber das war einmal. Speziell Audi und Jaguar stellen dieses alte Klischee auf den Kopf. Denn die beiden verbinden Aluminium-Leichtbau und Diesel-Technik in Perfektion. Was klingt wie ein Knauser-Konzept für Kleinwagen, legt beim A8 3.0 TDI und beim frisch überarbeiteten XJ 2.7 Twin Turbo die Messlatte tatsächlich auf die höchste Stufe. So senkt Audi durch das Alu-Spaceframe-Konzept das Gewicht einer stattlichen, über fünf Meter langen A8-Rohkarosserie um 50 Prozent. Jaguar nietet, klebt und schraubt in penibler Feinarbeit eine steife Karosserie aus Leichtmetall zusammen, die einen XJ mit fast 5,10 Meter Länge um rund 200 Kilogramm Hüftspeck erleichtert.

Das Diesel-Herz des XJ glänzt mit samtigem Lauf

Jaguar XJ 2.7 Twin-Turbo-Diesel
Auch bei den Motoren legen sich Audi und Jaguar mächtig ins Zeug. Der 3.0-V6-TDI im A8 listet auf, was Diesel dieser Güte stark und sparsam macht. Ein Common-Rail-Einspritzsystem (1600 Bar Druck) versorgt die sechs Zylinder mit Sprit, Piezo-Einspritzelemente und ein variabler Turbolader mixen daraus eine 450 Newtonmeter starke Prachtmaschine. Bei Jaguar setzen sie gleich auf zwei Turbos. Jede Zylinderbank des V6 wird von einem Lader mit verstellbaren Leitschaufeln unter Druck gesetzt. Wie beim Audi wird der Kraftstoff durch ein Common-Rail-System der zweiten Generation und durch Piezo-Elemente gejagt. Ergebnis: maximal 435 Newtonmeter Bärenkraft und dank aktiver Motorlager besonders samtiger Motorlauf. Viel Lob bis hierher – aber wie fühlen sich die beiden auf der Straße an?

Der quattro-Antrieb klebt den Audi fest auf die Straße

Audi A8 3.0 TDI quattro
Wie es sich für die Luxusklasse gehört, lassen die Limousinen ihre Kraft über eine Automatik auf die Antriebsräder los. Jaguar verbindet eine Sechsstufenautomatik mit Hinterradantrieb, Audi kombiniert beim 3.0 TDI dagegen sechs automatisch schaltende Gänge mit dem quattro-Allradsystem Beim Herausbeschleunigen aus Kurven ist davon zumindest auf rutschiger Straße ein Vorteil zu spüren. Der A8 wirkt selbst bei Nässe wie verzahnt mit der Straße. Und der starke Jaguar scharrt da hektisch mit den Hinterrädern. Beim Anfahren verhindert die Automatik des Briten Schlimmeres. Denn nur träge nimmt die Limousine Fahrt auf. Bis das Turboloch durchkrochen ist, vergeht ein Augenblick. Der Audi packt das etwas besser. Hier darf die Wucht des Sechszylinders offensiver in den Wandler stürmen, dazu liefert der V6 mehr Drehmoment bei viel niedrigeren Touren – so dampft der Audi zügiger davon. Auch wenn die Gangwechsel dabei etwas zackiger als im angenehm soft hochschaltenden Jaguar vonstattengehen, es stört nicht.
Obwohl der rollende Audi von den Messdaten her leiser ist als der XJ – bei der Geräusch-Kür patzt er. Denn die knurrige Geräuschkulisse des beschleunigenden TDI hinterlässt einen unpassend aufgeregten Eindruck. Dagegen murmelt der Jaguar herrlich gelassen vor sich hin. Selbst unter Volllast ist das Motorengeräusch kaum als Diesel-Nageln zu identifizieren. Well done – so baut man Selbstzünder in Luxus-Limousinen. Die geschmeidige Laufkultur des Bi-Turbo-Triebwerks steht leider leicht im Gegensatz zum Abrollkomfort des Jaguar. Obwohl der XJ Luftfederung hat, überträgt der Wagen Unebenheiten wie zum Beispiel Gullydeckelkanten oder Fahrbahnquerfugen als kleine Stöße. Schuld daran sind die steifen 19-Zoll-Reifen mit unnachgiebigem 40er-Flankenquerschnitt. Der Audi federt insgesamt souveräner – zumal die Luftfederung Adaptive Air Suspension zwei wichtige Einstellungen vorhält: Comfort – da taucht der A8 beim Einfedern würdevoll ein, schwingt sanft nach. Die Stellung Dynamic ändert den Charakter, spitzt den ohnehin dynamisch angehauchten und schnelleren A8 noch über harte Stoßdämpfer an.

Tempo runter, gediegen gleiten lassen – das kann der Jag

Jaguar XJ 2.7 Twin-Turbo-Diesel
Unverständlich: die im Vergleich zum XJ mäßige Bremsleistung. Fast zwei Meter mehr von 100 auf null passen nicht zum dynamischen Anspruch. Wobei der Jaguar mit 36,6 Metern einen Top-Wert vorlegt. Der Audi A8 zieht sich agil in und neutral durch Kurven, macht dabei einen beherrschbaren und zielstrebigen Eindruck. Anders der Engländer. Trotz direkt ansprechender Lenkung lässt er sich nicht ganz so präzise dirigieren. Bei hohem Tempo fehlt Gefühl, um zum Beispiel Seitenwind sachte auszugleichen, in langen Kurven fallen Korrekturen unruhiger aus. Also: Tempo runter, gediegen gleiten lassen. Das kann der Jag. Inklusive angenehm geschmeidigem Einfedern bei hohem Tempo. Dabei unterstützt er das limousinenhafte Fahrgefühl mit wohliger Atmosphäre im Innenraum. Viel Holz, noch mehr Leder, kuschelige Sitze – alles sehr ordentlich arrangiert und montiert.
Audi A8 3.0 TDI quattro
Schade: Der Zündschlüssel – mit Ähnlichkeiten zu dem eines alten Ford Fiesta – dreht sich hakelig im Schloss, der Automatikwählhebel lässt sich nur widerwillig durch die J-förmige Schaltgasse führen. Das lassen wir im Prinzip als Unaufmerksamkeit durchgehen – aber damit reiht sich der Jaguar ein Stück hinter der Verarbeitungspräzision eines A8 ein. Blenden, Schalter, Verkleidungen – alles sitzt hier wie angegossen, wirkt wie für die Ewigkeit gemacht. Selbst die ausgeprägt konturierten Sitze des Audi schmiegen sich enger an die Passagiere. Mitfahrer im Jaguar-Fond genießen nun zwar mehr Kniefreiheit als im Vorgänger-XJ. An das großzügige Audi-Raumgefühl reicht er aber nicht heran. Es wirkt üppig wie das Sicherheitsangebot inklusive hinterer Seitenairbags und Xenonlicht. So bremst er den Jaguar am Ende doch aus.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jan Horn

Zwei Sechszylinder-Diesel in großen Alu-Karosserien: Audi und Jaguar verwöhnen auf ganz eigene Art. Aber dem Briten fehlt ein Quäntchen Feinschliff an der Qualität – seine Mischung aus Dynamik und würdevoller Eleganz wirkt nicht vollendet harmonisch. Audi setzt dem sportlichen Charakter des A8 die richtige Portion Exklusivität zu, verfeinert das Ganze mit Fahrpräzision und Verarbeitungsperfektion. So ist der A8 ein Muster für einen Diesel in der Luxusklasse. Besser geht es kaum.