Fiat 500 gegen Audi TT. 120 PS gegen 320 PS. Knuffiger Publikumsliebling gegen grimmigen Klassensieg-Anwärter. Kontrastprogramm der AUTO-BILD-Familie: Redakteure von AUTO BILD und von AUTO BILD MOTORSPORT treten beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring (24. und 25. Mai 2008) in zwei sehr verschiedenen Autos an (Hier geht's zum 24h-Rennen-Blog). Wir haben den schnuckeligen 500er-Pinocchio und den kernigen TT-Terminator schon mal in Nürburg gegeneinander antreten lassen. Wo sind die Unterschiede, mit getuntem Kleinwagen oder ausgewachsenem Sportler über die Nordschleife zu fegen? Erster Kandidat: Unser von Engstler Motorsport vorbereiteter Fiat 500. Die Ampel an der Touristeneinfahrt Döttinger Höhe ist schon auf Grün. Schnell den feuerfesten Fahreranzug übergeworfen, Helm auf, Handschuhe an und rein in den von außen schon grimmig aussehenden Giftzwerg. Lenkrad und Pedalerie sind gut erreichbar, der kugelrunde Serien-Tacho prima ablesbar. Sechspunkt-Gurte festgezurrt. Strom überm roten Hauptschalter an. Noch einen Hebel umlegen, und die Benzinpumpe nimmt surrend ihre Arbeit auf.
Engstler Fiat 500, 24-Stunden-Rennen Nürburgring 2008
Dem Engstler Fiat 500 wächst keine lange Nase. An ihm ist nichts gelogen.
Dann rasselt der Anlasser. Mit einem heiseren Husten und Brabbeln erwacht der 1,4-Liter-Saugmotor. Engstler hat statt 100 nun 120 PS rausgekitzelt. "Pass mit den kleinen Rädern bei den Curbes auf, sonst haut's dich aus der Kurve. Und die Bremse ist nagelneu. Die braucht etwas, bis sie richtig zupackt", warnt Fiat 500-Projektleiter Ronny Rosenkranz von Engstler Motorsport. Und fügt dann grinsend an: "Nach einer Runde solltest du mal versuchen, die Zehn-Minuten-Schallmauer zu knacken." Den ersten von sechs Gängen des serienmäßigen Schaltgetriebes einlegen. Kupplung langsam kommen lassen – und unser kleiner "Pinocchio" rollt los. Die Beschleunigung reißt dich nicht vom Hocker. Besser gesagt, aus dem eingebauten Schalensitz. Die 120-Fiat-Pferdchen kämpfen mit immerhin 900 Kilo Fahrzeuggewicht. Trotzdem: Der kleine versprüht echtes Renngefühl! Das Lenkrad vibriert in den Händen. Mir weht sogar leichter Benzingeruch unter den Helm.
Engstler Fiat 500, van Ommen Audi TT, 24-Stunden-Rennen Nürburgring 2008
Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Der eine fährt auf Sieg, der andere will in die Herzen der Zuschauer fahren.
Auf der Geraden zum Ring-Abschnitt "Flugplatz" geht's rauf bis in den sechsten Gang. Tacho: 180 km/h. "Pinocchio" macht trotz seiner hohen Karosse eine gute Figur – und zeigt dem Seitenwind eine lange Nase: kein Ruckeln, kein Wackeln. Stur und brav fegt der blaue Italo-Zwerg über die Eifel-Achterbahn. Mit seinem kurzen Radstand ist der 500er-Retro-Renner in Kurven ein richtig quirliges Kerlchen. Drehst du leicht am Steuer, lenkt er sofort artig ein. Aber Aufpassen! Sonst legt der Kurze mit dem Mini-Radstand einen Dreher hin. Bisher ging's nur bergab. Bis zur Breitscheid-Brücke, die über die Bundesstraße 257 führt. Jetzt folgt ein langer Bergauf-Abschnitt zur "Hohen Acht", dem höchsten Abschnitt der "Grünen Hölle", wie Formel-1-Legende Jackie Stewart die Nordschleife einst taufte. Hier geht alles mit Vollgas! Sogar bei der berühmt-berüchtigten "Mutkurve" hinterm "Klostertal", einer sehr schnellen Links, braucht der behäbige "Pinocchio" keinen mutigen Steuermann. Dieses Auto hat echt die Ruhe weg! Na ja, bis auf den Auspuff: Durchs dicke Rohr dröhnt's kernig aus dem Heck. "Hey, ich bin ein Rennwagen!", scheint "Pinocchio" in die Eifelwälder zu brüllen. Nach vier Runden steuere ich die Ausfahrt an. Ronny und die Reifen-Techniker von Projektpartner Marangoni erwarten mich schon mit einem breiten Grinsen. So als wollten sie sagen: "Na, du Schreiberling, das haste wohl nicht erwartet." 10:05 Minuten reine Nordschleifen-Zeit, ohne die Grand-Prix-Strecke. Fast hätte ich die Schallmauer geknackt.

Der TT-Terminator ist eine Kampfmaschine – und ganz schön zickig

Darüber könnte der "TT-Terminator" nur müde Lächeln. Könnte! Denn: Diese Kampfmaschine lächelt nicht. Die wuchtige Front mit dem riesigen schwarzen Flügel sieht Furcht einflößend aus. Fliegender Autowechsel. Meine Hände kann ich im Audi TT nun am Lenkrad lassen. Wroooam – paff, wroooampaff! Kurz an der Schaltwippe hinterm Steuer ziehen, und das Direktschaltgetriebe ballert unter dem giftigen Zischen des Turboladers einen Gang nach dem anderen rein. Schon auf den ersten Metern ist klar: Der von Jörg van Ommen Autosport aufgebaute "Terminator" hat es in sich. Der von 272 auf 320 PS aufgeblasene 2,0-Liter-Direkteinspritzer zerrt gierig an den Vorderrädern. quattro-Allradantrieb? Fehlanzeige! Das bringt laut Ex-DTM-Profi und "Bauherr" van Ommen nur "unnötig hohes Gewicht." Aber über mangelnde Traktion kann ich mich echt nicht beklagen.
van Ommen Audi TT, 24-Stunden-Rennen Nürburgring 2008
Jörg van Ommen hat den Audi TT als Kundensport-Auto aufgebaut. Der Terminator will den Klassensieg.
Einlenken in die Schikane oben am Adenauer Forst. Der "Terminator" setzt jeden Lenkkbefehl präzise um. Überraschend gutmütig zieht er durch die engen Kurven. Die 265 Millimeter breiten Rennwalzen von Pirelli kleben stur auf dem Asphalt. Aber hoppla: Greift beim Rausbeschleunigen ein Vorderreifen besser als der andere, reagiert der coole "Terminator" ganz schön zickig: Das Lenkrad dreht sich schlagartig weg, den TT reißt es zur Seite. Kräftig zupacken und gegenlenken – das hilft! Das weiße Geschoss ist dafür in richtig schnellen Kurven nicht aus der Ruhe zu bringen: Dank Achsen und Diffusor aus dem Seat Leon Supercopa und dem gewaltigen Heckflügel der Cup-Version des Porsche 997 liegt er fast so stabil wie ein DTM-Renner auf der Straße. "Pinocchio" und "Terminator" – sie sind unterschiedlich wie Tag und Nacht. Aber bald zusammen in einem Action-Streifen zu sehen: dem 24h-Rennen 2008 am Ring.

Die harten Fakten