Groß rauskommen, das wär's. Alles andere bleibt klein: die Länge, die Breite, die Höhe. Und dazu ein bisschen Diät kann auch nicht schaden. Nach diesem Erfolgsrezept will Ford den neuen Fiesta gegen seine deutschen Konkurrenten VW Polo und Opel Corsa in Stellung bringen. Nie waren seine Chancen besser. Denn erstens: Kleinwagen gewinnen in der Krise. Die Kurzen boomen und lösen spritvernichtende Geländewagen als modische In-Produkte ab. Zweitens: Der Fiesta trifft die Konkurrenz an ihren schwachen Stellen. Der Polo ist angegraut, Opels Corsa kostet deutlich mehr. 18.070 Euro – viel Geld für den Fünftürer mit 1,3-Liter-Diesel. Ford ruft für den gleich starken 90-PS-Fiesta nur 15.250 Euro auf. Ein Kampfpreis: Denn auch der Polo ist deutlich teurer. Beste Voraussetzungen für eine glanzvolle Fiesta-Karriere, einen clever geplanten Welterfolg. Ein ehrgeiziges Ziel, das Ford lässig angehen lässt. Das fängt schon bei der Farbe an: Spa. Farblich ein Mix aus Eierlikörgelb und dem Grün unreifer Zitronen. Beim Design übernahm Ford 90 Prozent der IAA-Studie Verve – heraus kam ein mutiger, kantiger, ja, was: Kleinwagen?

Heute rollen auch Kleinwagenfahrer täglich tiefenentspannt ins Büro

Ford Fiesta 1.6 TDCI
Kleinwagen – das Wort geht nur noch schwer über die Lippen. Es klingt immer dann komisch, wenn wie im Fiesta der Innenraum gegen Aufpreis mit Leder verwöhnt, ohne Schlüssel die Türen öffnen und im Verborgenen ein hoch komplexes elektronisches Netzwerk arbeitet. So wie vor Jahren nur Wirtschaftsbosse in S-Klassen chauffiert wurden, rollen heute Kleinwagenfahrer täglich tiefenentspannt ins Büro. Wow, es lebe die deutsche Auto-Demokratie! Das gute Gefühl setzt sich beim Fahren fort. Auf Knopfdruck startet der 90-PS-Diesel. Leise läuft der Vierzylinder, bei Überholmanövern auch ausreichend durchzugsstark. Dicke Dämmmatten unter der Haube schlucken Dieselgeräusche wie ein Schwamm. Weshalb es keine Motorabdeckung gibt. Im Vergleich zum Fiesta wirkt die Konkurrenz altbacken. Der 100 PS starke TDI des Polo nagelt heftig – ein Klang, der hoffentlich bald so historisch wirkt wie das Knistern alter Langspielplatten. Beinahe unhörbar arbeitet dagegen der kleine 1.3 CDTI des Opel. Er kommt aber nicht aus den Füßen. Das komplett auf Sparsamkeit getrimmte 90-PS-Aggregat verlangt permanente Gangwechsel. Und trotzdem beschleunigt der Corsa so zäh, als hielte eine unsichtbare Hand die Bremse ständig angezogen.

Mit 4,2 Litern im Schnitt soll sich der Fiesta zufriedengeben

Ford Fiesta 1.6 TDCI
Vollgas gaben die Ford-Ingenieure beim Interieur. Zum ersten Mal lässt sich das Lenkrad in Höhe und Weite verstellen, die Sitzposition für den Fahrer passt wie angegossen. Schmeichelnd liegt das Lenkrad in der Hand. Im Stand bewegt es sich spielend leicht, auf der Autobahn leistet die Lenkung sicheren Widerstand, damit der Fahrer nicht verreißt. Das liegt an der neuen elektrischen Servolenkung, die geschwindigkeitsabhängig reagiert. Die kommt zum ersten Mal im Fiesta zum Einsatz. Und löst das hydraulische System ab, um weiter Sprit einzusparen. Fords Angaben zum Kraftstoffverbrauch klingen vielversprechend. Mit 4,2 Litern im Schnitt soll sich der Fiesta zufriedengeben, weniger als Corsa (4,9 l) und Polo (5,0 l) trinken. Um diesen Wert zu erreichen, setzten die Kölner ihren Kleinwagen auf Diät. Im Vergleich zum Vorgänger wiegt er 40 Kilogramm weniger. Vorbildlich auch deshalb, weil der Fiesta bei der Sicherheit zulegte. Serienmäßig gibt es den Schleuderschutz ESP, ebenso wie einen Knieairbag für den Fahrer. Auf den warten Corsa und Polo noch.
Der Fiesta gehört eben schon zu einer neuen Generation von Kleinwagen, zur Generation PET-Flasche statt Cola-Dose. Als Einziger schafft er in den vorderen Türen für 1,5-Liter-Verpackungen Platz. Dass diese beim ersten Picknick-Stopp nicht übersprudeln, dafür sorgt das fein abgestimmte Fahrwerk. Zwar federt es Ford-typisch straff, unterlässt aber ungehobeltes Poltern. Auch Polo und Corsa nehmen Unebenheiten lässig, lassen sich aber etwas ruppiger schalten. Übrigens: Sechs Gänge bietet hier nur Opel, nicht etwa Ford. Im Fond ähneln sich die drei Konkurrenten. Am meisten überrascht das Platzangebot des Fiesta. Durch das coupéhaft abfallende Heck vermutet man hinten erstmal bedrückende Enge. Stattdessen verwöhnt der Ford mit Kopffreiheit auf Polo- und Corsa-Niveau, die Beinfreiheit liegt sogar ein wenig darüber. Ebenso die Größe des Kofferraums. Mit 295 Litern fasst er eine Tasche mehr als der Polo (270 Liter), einen Kulturbeutel packt er zum Corsa (285 Liter) drauf. Da stimmt doch alles, um groß rauszukommen.

Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko

VW Polo 1.9 TDI gegen Opel Corsa 1.3 CDTI gegen Ford Fiesta 1.6  TDCI
1. Ford Fiesta: Ford speckt den neuen Fiesta ab. 40 Kilogramm weniger bedeuten unter 1000 Kilo für das Basismodell – Respekt. Vor allem, wenn die Diät nicht zu Lasten der Sicherheit geht. In diesem Bereich legte der Fiesta ebenso zu wie bei der Materialqualität. Und in puncto Fahrdynamik ist der Kölner Spitze.
2. VW Polo: Im Kern immer noch gut, im Detail aber alt geworden. Was für den Polo spricht: Er fährt absolut auf der Höhe der Zeit. Mit Ausnahme des dröhnigen TDI. Im Innenraum überwiegt Tristesse. Hartes Plastik, keine versenkbaren Kopfstützen. Das wird in der nächsten Generation mit Sicherheit anders.
3. Opel Corsa: Empfehlenswerter Kleinwagen, vom 1.3 CDTI mal abgesehen. Der hubraumschwache Diesel verdirbt einem den Spaß am Autofahren. Lobenswert ist seine umfangreiche Serienausstattung, ebenso wie seine Trickserei im Kofferraum. Dank doppelten Bodens ermöglicht der Corsa als Einziger eine ebene Ladefläche.

Von

Margret Hucko