Polo und Golf – das ist wie Ralf und Michael Schumacher: Immer steht der kleine im Schatten des großen Bruders. Damit soll bei Polo Nummer fünf endlich Schluss sein. Mit frischem Design, modernster Technik, verbesserter Qualität und volkstümlicheren Preisen könnte der Polo besser in die Zeit passen als der Golf. Hat der Kleine tatsächlich das Zeug dazu, aus dem Schatten seines übermächtigen Bruders zu fahren? Die Antwort liefert das erste exklusive Duell der beiden Brüder auf der Straße.

Mit seinem entschlossenen Blick gefällt der Polo besser als der Golf

Design: Näher dran am großen Golf war bislang kein Polo zuvor. Zumindest optisch. Die Familienähnlichkeit ist frappierend. Dennoch hat der Polo seinen ganz eigenen Stil. Ein kantiger Typ mit ausgeprägter Schulterlinie. Betonte Keilform, flache, scharf geschnittene Scheinwerfer, nach oben gewölbte Motorhaube. Das wirkt durchaus bullig. Im Vergleich zu den Rundungen des stattlichen Golf kommt der Polo mit entschlossenem Blick sehniger und durchtrainierter daher. Der Golf hingegen ist auf Harmonie bedacht, sein freundliches Gesicht macht ihn zu Everybody’s Darling. Unser Favorit ist dennoch der jugendliche Herausforderer, seine scharfen Linien verleihen ihm mehr Charakter. Gelungen bei beiden: die zeitlose Formensprache ohne Verfallsdatum.

In Sachen Komfort und Platzangebot ist der Golf das Auto der Wahl

Innenraum: Es ist (fast) alles Golf, was glänzt: Beide Armaturenträger ähneln sich stark. Alle Bedienelemente sind hier wie dort perfekt bedienbar, die Ablesbarkeit vorbildlich. Mit seinen geschäumten Oberflächen wirkt das Cockpit des gefahrenen Polo Highline hochwertiger als bisher, der Klassenunterschied findet nur noch im Detail statt. Im Gegensatz zum Raumangebot: Der zehn Zentimeter breitere und 23 Zentimeter längere Golf ist innen spürbar luftiger, Kofferraum und Fond bieten mehr Platz. Selbst große Passagiere sitzen hinten bequem, während Polo-Hinterbänkler über 1,80 Meter den Kopf einziehen müssen und mit ihren Knien unfreiwillig den Rücken des Fahrers massieren. Vorn reist man aber auch im Polo erstklassig, selbst Hünen finden eine ergonomisch einwandfreie Position.
Ausstattung: Schon der Basis-Golf springt erfreulich üppig ausgestattet vom Band, mit ESP, Servolenkung, Klimaanlage, Zentralverriegelung und elektrischen Fensterhebern vorn serienmäßig schon ab Trendline. Dazu garantieren sieben Airbags (inklusive Knieschutz vorm Fahrer) Rundumschutz. Der Polo knausert in der Basisvariante Trendline. Eine geschäumte Armaturentafel gibt es hier nicht, ebenso wenig einen Knieairbag. Kopfairbags kosten generell Aufpreis (465 Euro), beim Basismodell auch die Klimaanlage (im Paket mit CD-Radio 910 Euro) und die Fernbedienung für die Zentralverriegelung (170 Euro). Der günstige Einstiegspreis (12.885 Euro, 4-türig) relativiert sich also, wenn der Kunde seinen Polo auf Golf-Niveau bringt.

Bei den Fahrleistungen liegen die beiden Brüder auf Augenhöhe

VW Polo VW Golf
Motor: Wie unfair! Zum Bruderduell erscheint der Polo mit dem brandneuen 1,6-Liter-TDI, der viel geschmeidiger läuft als die Pumpe-Düse-Aggregate und leichtfüßig hochdreht. Doch mit deutlichem Nageln kann auch der 105 PS starke Common-Rail-Diesel seine Herkunft nicht verheimlichen. Dazu kommt die Anfahrschwäche: Unter 2000 Touren holt er tief Luft, um dann ungestüm vorwärtszustürmen – das Turboloch zwingt zum häufigen Schalten im zu lang übersetzten Fünfgang-Getriebe. Da gefällt der Golf mit seinem dezent brummenden, aber gut gedämmten 110-PS-TDI besser. Der Zweiliter zieht knapp über Standgas schon wie ein Ochse, entfaltet seine Leis tung viel harmonischer. Ein entspannter Geselle, der den rund 200 Kilo schwereren Golf souveräner antreibt. Schade, dass er auch hier bald Platz machen muss für den 200 Euro günstigeren 1.6er, der laut VW weniger verbraucht und entsprechend weniger CO2 ausstößt.
Wie das Duell zwischen VW Golf und VW Polo ausgegangen ist, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel gibt es als Download im Heftarchiv.

Fazit

von

Uli Holzwarth
Der Polo ist zweifellos ein beeindruckender VW und kommt ganz nahe ran an seinen großen Bruder. Insbesondere qualitativ hat der Polo einen spürbaren Sprung gemacht. Hier müssen wir schon sehr genau hinsehen, um Unterschiede zu erkennen. Eine Klasse besser ist der geräumigere Golf im direkten Vergleich tatsächlich nur bei Platzangebot und Komfort. Andererseits habe ich im Polo nie das Gefühl, eine Klasse tiefer gelandet zu sein. Das gilt allerdings auch für den Preis. So kann der Kleine die Hierarchie in der VW-Familie (noch) nicht erschüttern.

Von

Uli Holzwarth