Pssst, streng geheim! So geheim sogar, dass wir nicht verraten dürfen, wo wir genau sind. Irgendwo im Niemandsland nördlich des Polarkreises haben eine Handvoll Journalisten auf einer abgesperrten Teststrecke von Volvo die Gelegenheit, den neuen XC90 kennenzulernen – ein Jahr bevor das SUV im Frühjahr 2015 auf den Markt kommt. Noch nie zuvor hat ein Hersteller so früh die Karten auf den Tisch gelegt, Details zu einem neuen Modell verraten. Volvo hat einen guten Grund. "Der neue XC90 ist keine Weiterentwicklung, er hat nicht eine Schraube mit dem Vorgänger gemeinsam. Plattform, Elektronik, Motoren, Getriebe sind komplett neu", sagt Entwicklungsvorstand Peter Mertens. Klar, dass die Schweden ein wenig nervös sind – und deswegen schon so früh Feedback von uns wollen.
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Erste Sitzprobe im neuen Volvo XC90
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Video: Volvo XC90 (2014)

Sitzprobe im neuen Schweden-SUV

Der XC90 ist das erste Modell, das der deutsche Designer Thomas Ingenlath gestaltet hat. Auch optisch ein Neuanfang. Zu barock, zu verspielt waren die letzten Modelle in seinen Augen. Und so kehrt Volvo mit dem XC90 zu seinen Wurzeln zurück. Klare Formen, kantiger als bisher – das neue alte Volvo-Gefühl. Eine Gratwanderung, die Ingenlath perfekt beherrscht. Schließlich wollte er kein Retrodesign, sondern einen Weg in die Zukunft aufzeigen, ohne die bisherigen Kunden zu vergraulen. Es ist gelungen. Bei unserem Termin in Lappland konnten wir das SUV zum ersten Mal ungetarnt begutachten. Es ist nicht so futuristisch wie die drei Studien, die im letzten Jahr gezeigt wurden. Aber schon auf den ersten Blick – selbst ohne Markenembleme – klar als Volvo zu erkennen.
Drei neue Volvos für 2015: S90, V90 und XC90

Neuland im Innenraum

Volvo XC90
Im Mittelpunkt steht ein Touchscreen, wie bei einem Tesla Model S als Hochformat ausgelegt.
Neuland hingegen betreten die Schweden im Innenraum. Während die vielen neuen Online-Funktionen die Bedienung bei den meisten Konkurrenten immer schwieriger machen, sagt Entwicklungschef Mertens: "Wir sind einen ganz neuen Weg gegangen." Im Mittelpunkt steht ein Touchscreen, wie bei einem Tesla Model S als Hochformat ausgelegt. Mit Wischbewegungen lassen sich Menüs intuitiv bedienen, das alles ist einem Apple iPad nicht unähnlich. Der Bildschirm ist eingebettet in eine hochwertige Cockpit-Landschaft, die sofort klar macht, was Ingenlath mit "skandinavischem Premium" meint. Ruhige Flächen, edle Hölzer und feine Details wie der aus geschliffenem Metall bestehende Knopf für die Lautstärkenverstellung des Audio-Systems zeigen, dass Volvo alles anders macht als Haptik-Weltmeister Audi – aber keinesfalls schlechter.

Ein ganz neues SUV-Gefühl

Volvo XC90
Obwohl SUV meist im Straßenverkehr eingesetzt
werden, beherrscht der neue XC90 auch mittelschweres Gelände.
Anschauen ist ja nicht schlecht, aber wir sind zum Fahren hier. Zum Mitfahren, um genau zu sein. Am Steuer nimmt Mertens Platz. Die Sitzposition ist überraschend niedrig. Gemeinsam mit den schmalen A-Säulen und dem flachen Armaturenbrett ein ganz neues SUV-Gefühl. Passt aber prima zum Fahreindruck. Selbst in schnellen Kurven wankt der XC90 kaum; vom Gefühl früherer Geländewagen, einen Elefanten zu reiten, ist nichts mehr übrig – der Volvo wirkt mehr wie eine sportliche Limousine. Zum Glück hat Mertens erkannt, dass eine solche Dynamik nicht zu Lasten des Komforts gehen darf. Das war bei den letzten Modellen wie dem V40 noch anders. "Volvo stand früher für Komfort. Da wollen wir auch wieder hin", so Mertens. Und tatsächlich federt der XC90 erstaunlich geschmeidig über kurze Unebenheiten, auch wenn der Entwicklungschef noch nicht ganz zufrieden ist.

Mit neu konstruierten Vierzylindern

Das neue alte Volvo-Gefühl
Sowohl der Diesel- als auch der Benzin-Vierzylinder verfügen über ausreichend Kraft.
"Hier wollen wir noch ein wenig besser werden. Die Zeit haben wir ein Jahr vor dem Verkaufsbeginn aber auch noch", sagt er. Zudem wird es ein adaptives Fahrwerk geben, das im Komfort-Modus zum Maßstab in seiner Klasse werden soll. Anders als im Vorgänger wird Volvo keine Fünf- und Sechszylinder mehr anbieten – künftig müssen neu konstruierte Vierzylinder reichen. Zu unseren Testfahren standen je ein Diesel- und Benziner zur Verfügung. Genaue Leistungsdaten gibt es noch nicht, nur so viel: Beide hinterließen einen ausreichend kräftigen Eindruck. Gut gedämmt passen sie zum neuen Komfortanspruch der Marke. Schon der erste Eindruck des neuen XC90 zeigt, dass die Schweden auf dem richtigen Weg sind. Klares Design, viel Komfort und Eigensinn – da ist es, das neue alte Volvo-Gefühl.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Bereits ein Jahr bevor er auf den Markt kommt, hinterlässt der neue Volvo XC90 einen guten Eindruck. Das Design ist angenehm klar, das neue Bedienkonzept wegweisend. Dazu kommt der positive  Fahreindruck. Volvo reitet wieder auf der Komfort-Welle. Jede Wette, der wird ein Erfolg!

Von

Stefan Voswinkel