Der neue Golf ist da, aber der alte noch nicht weg. Zumindest noch nicht ganz. Was ist passiert? Ganz einfach: Vor dem Start von Nummer sieben ist VW nicht alle Sechser losgeworden. Bestandsautos schieben die Händler daher mit Rekordrabatt über die Resterampe. Für jungfräuliche Vorgängermodelle sind nach AUTO BILD-Recherche derzeit bis zu 31 Prozent Nachlass drin; beim Siebener zeigen die Verkäufer sich naturgemäß bei Weitem nicht so großzügig. Was Schnäppchenjäger zu der Frage führt: Lohnt sich die Mehrausgabe für den Golf VII überhaupt? Oder ist der Sechser gar nicht sooo veraltet? Antworten gibt unser Vergleichstest.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Golf

VW Golf VI/Golf VII: Test
Mal wieder leicht gewachsen: Beim Radstand legt der neue Golf (rechts) um knapp sechs Zentimeter zu.
Ist der Neue größer? Ja, außen und innen. Das kann man messen – und auch fühlen. Von den 5,9 Zentimetern, die der Golf VII seinem Vorgänger beim Radstand voraus hat, kommen immerhin vier auf den Rücksitzen an. Die Knie der Hinterbänkler scheuern also nicht mehr ganz so schnell an den vorderen Lehnen wie bisher. Breiter ist Nummer sieben innen auch geworden: vorn einen Zentimeter, hinten allerdings anderthalb schmaler. Das merkt aber mehr das Maßband als der Mensch, der drinsitzt. Wichtiger für die Praxis sind die 30 Liter Zugewinn an Kofferraum. Bei voller Bestuhlung stehen jetzt – inklusive Reserveradmulde und abzüglich Hutablage und Einlegeboden – 380 Liter zur Verfügung, früher waren es 350. Wer den Golf bis unters Dach vollpacken will, erlebt jedoch eine Enttäuschung: Mit 1305 Litern schluckte der Sechser 35 Liter mehr, ein Resultat seiner größeren Dachhöhe. Dafür stieg die Ladefläche bei umgeklappten Rückenlehnen stark nach vorn an; im Golf VII ist der Gepäckraumboden fast ganz eben. Unterm Strich also: ein Vorsprung für den Neuen, aber kein weltbewegender. Der Sechser sieht ein wenig älter gegen Nummer sieben aus. Aber nicht wirklich alt.

Vergleichstest: VW Golf gegen Seat Leon

VW Golf VI/Golf VII: Test
Sehr empfehlenswert: Die ergoActive-Sitze für 280 Euro machen den Golf zum Vielfahrer-Freund.
Ist der Neue bequemer? Ja. Aber das merkt fast nur, wer teure Extras kauft. Beim Komfort war schon der alte Golf ein Könner. Beim neuen hat VW manches "nur" verfeinert. Manches, wohlgemerkt. Das Einsteigen war früher genauso bequem wie heute. Beim Golf VII stecken die zusätzlichen Annehmlichkeiten vor allem in der Aufpreisliste. Zu ihnen gehört zum Beispiel der "ergoActive"-Sitz, der den Experten der Aktion Gesunder Rücken (AGR) ein Gütesiegel wert war. Hier lassen sich die Schenkelauflage herausziehen und die Neigung des Sitzkissens verstellen – Vielfahrer mögen das. Es wurde allerdings auch höchste Zeit, dass VW nachlegt, denn bei Mitbewerber Opel gibt es solche Sitze schon seit Jahren – wenn auch, anders als im Golf, ohne eine pulsierende Lendenwirbelstütze. Auch beim variablen Fahrwerk DCC (Dynamic Chassis Control) ist der neue Golf (noch) besser geworden. Die einzelnen Stufen der Adaptivdämpfung wurden stärker gespreizt, dadurch ist der Unterschied zwischen "Comfort", "Normal" und "Sport" nun stärker spürbar.
Federungskomfort und Abrollgüte zählen nach wie vor zum Feinsten, was die Kompaktklasse zu bieten hat. Der neue Golf ist übrigens auch etwas leiser geworden. Mit einer kleinen Ausnahme: Im Golf VI betrug der Schalldruckpegel bei 100 km/h 66 dB (A), im neuen sind es 67 dB (A). Bei Autobahnrichtgeschwindigkeit 130 ist der Neue dagegen 2 dB (A) leiser, beide Gölfe zählen zu den Flüsterern in der Kompaktklasse. Fazit: Beim Komfort ist der Golf VII nur um Nuancen besser als sein Vorgänger.
Weitere Details zum Golf-Vergleich finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel gibt es in AUTO BILD 49/2012 oder als Download im Online-Heftarchiv.  
Der neue Golf ist besser als sein Vorgänger. Unsere Testpunkte bilden das klar und deutlich ab. Die Veränderungen kann man messen und auch fühlen. Allerdings relativiert sich der Fortschritt mit Blick auf den hohen Standard des Golf VI. Gerade in der preissensiblen Kompaktklasse muss man sich inzwischen die Frage stellen, wie viel Feinschliff der Kunde wirklich noch braucht. Viele Verbesserungen fallen fast schon in die Sparte "zu viel des Guten" oder kosten extra. Schön für den, der das bezahlen kann – und will. Für alle anderen gilt: Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Der alte Golf ist nach wie vor erstklassig. Nach Punkten ist er nur 6,6 Prozent schlechter als sein Nachfolger, auf dem Markt aber knapp 20 Prozent billiger. Der Bauch sagt ganz klar Golf VII, die Vernunft rät angesichts der hohen Rabatte zum Golf VI.