Nein, wir können die schlechten Nachrichten nicht mehr hören: Arbeitsplatzabbau, Werksschließungen und die Geschichte von der bösen Mutter GM, die Opel keinen Raum zum Überleben lässt. Und auch die Rüsselsheimer haben keine Lust mehr auf Frust – und schicken stattdessen den bislang stärksten Astra an den Start, der mit 280 PS zeigen soll, wozu die Traditionsmarke trotz aller Querelen fähig ist. Aber reichen ein dicker Motor und ein auffälliges Design, um ein Zeichen zu setzen und so das Opel-Image zu verbessern? Der weltexklusive Abgleich mit dem wichtigsten Gegner, dem Scirocco R, verspricht spannende Antworten.

Überblick: Alle News und Tests zum Opel Astra OPC

Opel Astra OPC
Schwer in Fahrt: Der Astra OPC bringt 1,6 Tonnen auf die Waage – was man ihm nicht anmerkt.
Schon auf den ersten Blick fällt auf: Der Opel ist richtig groß geworden. Viel zu groß. Der Astra überragt mit einer Länge von 4,47 Metern den ersten Kadett GSi von 1984 um fast einen halben Meter – und den Scirocco um gut 20 Zentimeter. Dazu kommt das heftige Leergewicht von knapp 1,6 Tonnen; ein durchtrainierter Leistungssportler geht anders. Auch wenn der Opel vor allem im Fond deutlich geräumiger ist als der VW, sind das keine guten Vorraussetzungen für die wilde Hatz auf kurvigen Strecken. Befürchtungen, die der starke Astra schon auf den ersten Metern zerstreuen kann. Die Mannschaft um OPC-Chef Volker Strycek hat gekonnt die Schwächen der Basis mit einer gelungenen Abstimmung überspielt – am Steuer fühlt sich der OPC eine Nummer kleiner und leichter an, als er tatsächlich ist. Erstaunlicherweise konnte Opel trotz Krise Geld für aufwendige Technik ausgeben. Erstmals verfügt der Astra OPC über ein mechanisches Lamellen-Sperrdifferenzial – Antriebseinflüsse in der Lenkung sind selbst bei starkem Beschleunigen kaum zu spüren. Und der Fahrer vergisst schnell, überhaupt in einem frontgetriebenen Auto unterwegs zu sein.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Scirocco

VW Scirocco R
Etwas ungehobelt: Selbst im zweiten Gang reißt der Motor des Scirocco R noch kräftig am Lenkrad.
Ein ganz anderes Kaliber ist da der Scirocco: Der VW reißt selbst auf trockener Strecke im zweiten Gang am Lenkrad und will mit harter Hand geführt werden. Statt eines mechanischen Differenzials setzt VW auf Elektronik – die bei 350 Newtonmetern überfordert ist. Ein ähnliches Bild bei der Fahrwerkabstimmung. Opel kombiniert eine Hiperstrut-Vorderradaufhängung (High Performance Strut = Hochleistungs-Federbein) aus dem Rennsport mit einer aufwendigen Mechanik (Wattgestänge) an der Hinterachse. Hört sich kompliziert an – und fährt sich ausgezeichnet. Fein ausbalanciert bis in den Grenzbereich, bleibt der Astra neutral – von nervigem Untersteuern anderer Fronttriebler keine Spur. Auch bei hohen Geschwindigkeiten bleibt der OPC ruhig, ganz im Gegenteil zum nervösen Scirocco. Der VW kommt bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn an seine Grenzen, schon kleinste Fahrbahnunebenheiten rufen das ESP auf den Plan. Und auch bei starker Verzögerung wird das Scirocco-Heck beunruhigend leicht. Der Opel überzeugt mit einer serienmäßigen, gut dosierten Brembo-Bremse.

Gleichstand hingegen beim Motor, beide klingen dank Resonator mehr nach Rennwagen als nach Vierzylinder. Der Scirocco ist 15 PS schwächer, gleicht das aber mit niedrigerem Gewicht aus und wirkt leichtfüßiger. Der Astra überzeugt mit gleichförmigem Ansprechverhalten – es ist kaum noch zu merken, dass der Zweiliter aufgeladen ist. Er fährt sich wie ein deutlich hubraumstärkerer Saugmotor. Unter dem Strich kann der Astra OPC den Scirocco R also recht deutlich hinter sich lassen. Endlich mal gute Nachrichten für Opel.
Technische Daten Opel Astra OPC Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum 1998 cm³ • Leistung 206 kW (280) PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 400 Nm bei 2500/min • L/B/H 4466/1840/1482 mm • Leergewicht 1550 kg • Tankinhalt 56 l Super plus • Spitze 250 km/h • 0–100 km/h 6,0 s • Verbrauch EU-Mix 8,1 l Sp • CO2 189 g/km • Preis 34.250 Euro.
Technische Daten VW Scirocco R Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum 1984 cm³ • Leistung 195 kW (265) PS) bei 6000/min • max. Drehmoment 350 Nm bei 2500/min • L/B/H 4248/1820/1394 mm • Leergewicht 1419 kg • Tankinhalt 55 l Super • Spitze 250 km/h • 0–100 km/h 6,0 s • Verbrauch EU-Mix 8,1 l Super • CO2 189 g/km • Preis 34.825 Euro.
Den kompletten Artikel gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Der OPC wird Opel nicht retten. Aber er zeigt, wozu die Marke fähig ist. Die Ingenieure haben aus einer problematischen Basis mit viel Feingespür und technischem Aufwand ein faszinierendes Auto gemacht. Es erfüllt die Ansprüche an einen sportlichen Kompakten nahezu perfekt. Der Astra OPC ist Opel so gut gelungen, dass er den nicht mehr ganz taufrischen VW Scirocco R deutlich hinter sich lassen kann. Ein Erfolgsrezept für die Zukunft – falls GM Opel lässt.

Von

Stefan Voswinkel