VW hat 'nen neuen Obermotz. Nach dem Ende des Phaeton vor zwei Jahren, markiert der neue Touareg jetzt das obere Ende der automobilen Fahnenstange. 4,88 Meter lang, mit 1,98 Meter auffällig breit – viel Spaß im Parkhaus – und 2,3 Tonnen schwer. Im gepflegten Design, bis auf die großflächig verchromte Front angenehm zurückhaltend und im Detail sehr gekonnt. Doch große Edel- SUVs haben auch andere im Programm. Volvo zum Beispiel den XC90. Der, und das sieht man ihm wirklich nicht an, auch schon wieder seit 2015 auf dem Markt ist. Als Dritter im Bunde fährt der Mercedes GLE vor, im Grunde seines Herzens ein ML von 2011, der seit 2015 auf den neuen Namen hört und noch in diesem Jahr einen Nachfolger bekommt.

Die gewachsenen Abmessungen kommen den Passagieren zugute

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Video: VW Touareg gegen Mercedes GLE (2018)

Neuer Touareg im ersten Vergleich

Bis dahin trumpft der VW mächtig auf. Mit noch mal deutlich mehr Platz als die beiden anderen, die auch schon geräumig sind. Besonders auffällig ist die enorme Innenbreite. Vorn etwa spendiert der Mercedes sechs, der Volvo sogar sieben Zentimeter weniger Breite. Platz gibt es also jede Menge und dazu im Fond noch eine geteilt längs verschiebbare Rückbank. Der Kofferraum schluckt jetzt 810 bis maximal 1800 Liter, beim Vorgänger waren es 697 bis 1642 Liter. Die Einrichtung wirkt modern und klar, der Testwagen kam mit Zwölf-Zoll-Display für die digitalen Instrumente und einem riesigen 15-Zoll-Berührungsbildschirm für Navi, Klima, Hi-Fi und so weiter. Im Paket (Innovision Cockpit) mit Navi kostet das 3500 Euro. Die Vielfalt der Funktionen und die zahlreichen Möglichkeiten machen die Bedienung wirklich nicht ganz einfach. Und die Sprachbedienung reagiert teils verzögert und kommt im Umfang zum Beispiel nicht an das MBUX-System in der Mercedes A-Klasse heran, Fahrzeugfunktionen lassen sich im VW nicht steuern.

Im Bedienkonzept des Volvo steckt eine entscheidende Schwäche

Volvo XC90
Edler Schwede: Der Volvo  XC90 gefällt mit seiner zurückhaltenden und feinen Einrichtung.
Auch an anderen Stellen scheint der Rotstift gezückt gewesen zu sein: Im unteren Bereich des Cockpits verbaut VW einfache Kunststoffe, die Ablagen samt Dosenhalter auf der Mittelkonsole lassen sich nicht verschließen (wie etwa beim Volvo mit einer feinen Jalousie), und legt man im Fond die Rücklehnen um, entsteht keine ebene Ladefläche – im XC90 wird genau dafür die Sitzfläche zusätzlich mit abgesenkt. Nur Beispiele, und alle nicht weltbewegend, klar, aber bei einem Testwagenpreis von 77.640 Euro irgendwie auch leicht enttäuschend. Der Kofferraum im Volvo schluckt mit umgelegter Rückbank stattliche 1886 Liter. Allerdings hat der XC90 mit 501 Kilo knapp die niedrigste Zuladung, auch die Anhängelast von 2,7 Tonnen ist die geringste, bei VW und Benz sind es 3,5 Tonnen. Der Volvo gefällt vor allem mit seiner zurückhaltenden, feinen und sauber verarbeiteten Einrichtung. Auffälligstes Element ist der Neun-Zoll-Bildschirm in der Mitte zur Bedienung aller möglichen Funktionen – Hi-Fi,Navi, Sicherheits-Assis, Klima und so weiter. Das System ähnelt in der Bedienung einem handelsüblichen Tablet – kann also jeder.
Allerdings benutzt du dein Tablet meist entspannt auf dem Sofa sitzend und nicht, wenn du mit Tempo 130 (also 36 m/s!) über die Bahn bügelst. Das macht dann doch einen Unterschied. Das Platzangebot im XC90 ist sehr ordentlich, entspricht ziemlich genau dem im Mercedes, dazu gibt es knapp geschnittene, langstreckentaugliche Sitze und auch im Fond bequeme Polster.

Das Fahrerlebnis im Mercedes ist frei von jeglicher Sportlichkeit

Mercedes GLE
Eher gemütlich: Der V6-Diesel des GLE schiebt früh und kräftig, das Fahrwerk ist weich abgestimmt.
Im Mercedes fühlt man sich um Jahre zurückversetzt was ja nichts Schlechtes sein muss. Mit einem älteren Comand-System und kleinen Tasten. Die barocke Einrichtung und die kleinteilige Bedienung wirken durchaus antiquiert – genau das könnte aber vielen gefallen, Nostalgikern etwa. Die großen Sessel vorn sind bequem, auch im Fond sitzt man sehr anständig, der Kofferraum schluckt mit seinem Maximalvolumen von 2010 Litern die meisten Koffer. Bestwert auch die erlaubte Zuladung von 649 Kilo. Angetrieben wird der Mercedes von einem 3,0-Liter-V6 mit 258 PS, der zusammen mit der etwas schläfrigen Neunstufenautomatik ein freundliches Ensemble bildet. Der V6 schiebt früh mächtig an (620 Nm schon bei 1600 Touren), dreht obenraus aber etwas gehemmter. Er läuft rauer als etwa der VW, kerniger, aber immer schön gedämpft und ohne Aufregung. Die Luftfederung (2035 Euro) ist noch von der alten Schule, weich wogend auf langen Wellen und etwas ungehaltener bei kurzen Stößen. Zum gemütlichen, leicht wattigen Fahrerlebnis passt auch die entkoppelt wirkende, zähe Lenkung. Kurz gesagt: Weitergehende dynamische Ambitionen hegt der GLE nicht.
Wie sich die anderen beiden Testkandidaten fahren, sehen Sie in der Bildergalerie.

Fazit

Es gerät gerade etwas in Vergessenheit, aber VW baut immer noch sehr gute Autos. Wie den neuen Touareg, der hier gleich mal souverän an die Spitze fährt. Zweiter wird der stilbewusste Volvo, und fast ein Geheimtipp ist der Mercedes-, Entschuldigung, Oldie.

Von

Berend Sanders