Audi A6/BMW 5er/Jaguar XF: Diesel-Test
Adel für den Alltag

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Dienstwagen aus der Oberklasse? Da standen bisher immer nur die gleichen
Marken zur Wahl. Jetzt bringt Jaguar mit dem XF Royalness ins Oberhaus.
Marken zur Wahl. Jetzt bringt Jaguar mit dem XF Royalness ins Oberhaus.
Bild: Toni Bader
Aktuell fährt Jaguar mit der Leichtbauplattform namens iQ von Erfolg zu Erfolg. Nach dem Mittelklassemodell XE und noch vor dem Sport-SUV F-Pace steht jetzt auch die zweite Auflage der Business-Limousine XF auf dieser Architektur. Obendrüber trägt die Oberklasse ein ebenso leichtes wie verführerisches Alu-Kleidchen, unter der Haube soll ein neuer Zweiliterdiesel für Vergnügen ohne Reue sorgen. Klingt alles ziemlich vielversprechend, weshalb wir den indischen Engländer Jaguar XF 20d gegen Audi A6 2.0 TDI ultra und BMW 520d antreten lassen.
Bei Materialqualität und Verarbeitung kann der XF noch zulegen
Video: Jaguar XF (2015) Test
Erste Fahrt im neuen XF
Bei fast fünf Meter Außenlänge überrascht es nicht, dass alle drei Oberklasseanbieter auch ein entsprechend großzügiges Platzangebot bereithalten. Eng wird es hier nie, im Fond können Chefs bei allen entspannt die Beine überschlagen und die Börsennews lesen. Allerdings gibt es auf den Plätzen in der ersten Reihe spürbare Unterschiede. Wo Audi und BMW nicht nur mit großzügiger Weite locken, sondern auch mit ebenso fein wie funktional eingerichteten Arbeitsplätzen, scheint Jaguar eine Sparrunde eingelegt zu haben. Dass auf die beiden Deutschen ein paar Zentimeter fehlen, merken dabei nur Fahrer über 1,90 Meter. Dass die Qualität eine halbe Klasse unter dem selbst gewählten Premiumanspruch rangiert, bleibt dagegen niemandem verborgen. Die Materialien schmeicheln sensiblen Fingerkuppen weniger, Passungen und Übergänge sind nicht so exakt ausgeführt. Schade, denn stilistisch hebt sich der Jag wohltuend von seinen deutschen Mitstreitern ab. Sanft surren die Blenden der Lüfterdüsen beim Einschalten der Zündung beiseite, fast schon majestätisch taucht der Drehknopf für die Automatik aus der Versenkung auf.
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Mit dem Zweiliter-Diesel sind alle drei bestens bedient

Der Audi A6 stürmt mit 190 PS und 400 Nm nach vorne – manchmal allerdings mit Traktionsproblemen.
Bild: Toni Bader
Allerdings ist der Konkurrenzdruck hoch: Vor allem Audi zeigt hier, wie Luxus geht. Jeder Drehregler fühlt sich zumindest wie Metall an, rastet mit einem so satten Klicken, dass man immer wieder einfach so daran rumfummelt. Auch bei der Bedienung lassen die Briten noch Luft für Verbesserungen. Die im Kern aus dem XE bekannte Steuerung per Touchscreen erschließt sich nicht intuitiv, ist teils umständlich. Das gilt in Teilen auch für den Audi, der die Klimasteuerung weit unten hinterm Automatikhebel versteckt und dessen MMI sich nicht ganz so locker bedienen lässt wie der nahezu perfekte iDrive-Diener. Apropos Drive: So ein Sechszylinder-Dieselhammer mit Drehmoment wie ein Bulldozer wäre toll. Aber teuer und überflüssig. Denn die von uns getesteten Zweiliter-Vierzylinder reichen völlig, machen das Reisen mit Verbräuchen um sechs Liter nicht mal teuer. A6 und 5er liefern sich dabei ein ziemlich totes Rennen, unterscheiden sich allerdings in ihrem Wesen.
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Der Audi liefert seine 190 PS über ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe an die Vorderräder, was ihm bei Schietwetter Traktionsprobleme und bei engagierter Fahrweise etwas ruppigere Gangwechsel einbrockt. Ansonsten hält der Euro-6-TDI, der laut Audi frei von Schummelsoftware ist, munter mit und lässt sich in keiner Phase abhängen. Obenraus dreht er sogar minimal unbeschwerter, bleibt dank Dämmglas für 1190 Euro akustisch etwas zurückhaltender.
Audi A6 und BMW 5er schaffen Verbräuche unter fünf Liter

Bayerisches Sparmobil: Mit sanftem Gasfuß drückt man den Verbrauch des 520d auf 4,6 l/100 km.
Bild: Toni Bader
Der ebenfalls 190 PS starke 520d gibt sich im direkten Vergleich allerdings keine Blöße. Leicht knurriger als der A6, aber viel ruhiger als die kleinen Brüder aus der 3er-Reihe, kontert er mit hellwachem Ansprechen und der unübertroffenen Achtstufenautomatik von den ZF-Spezialisten. Wie beim A6 reichen auf Sparfahrt unglaubliche 4,6 l/ 100 km – und zwar von uns gemessen, nicht auf irgendeinem Prüfstand. Jaguar erreicht die motorischen Meisterleistungen von Audi und BMW nicht ganz. Was sicher auch daran liegt, dass der XF trotz des intelligenten Leichtbaus nicht weniger wiegt als seine Mitstreiter. Alle drei bringen es auf rund 1,75 Tonnen – die von uns ermittelte Differenz beträgt gerade mal neun Kilo. So mühen sich die 180 PS des Engländers nicht nur akustisch aufdringlicher, sondern auch weniger lässig. Beim Anfahren scheint eine Menge Power in der unter Last unsanft schaltenden und in den Anschlüssen nicht perfekt passenden Achtstufenautomatik zu versickern. Anschließend geht es zwar ordentlich vorwärts, doch die Zeiten sind schlechter als bei den Deutschen. Die halbe Sekunde bis Tempo 100 fällt dabei kaum auf, bis 160 km/h hinkt der XF aber schon rund drei Sekunden hinterher.
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Sportliche Härte raubt dem Jaguar XF die Geschmeidigkeit

Spröde beim Anfedern: Keinen Gefallen haben sich die Briten mit dem Sportfahrwerk für den XF getan.
Bild: Toni Bader
Bereits die Basisausstattung kostet bei allen über 40.000 Euro

Mit Preisen über 50.000 Euro dokumentieren XF, 5er und A6 im Testornat auch an der Kasse ihren Status.
Bild: Toni Bader
Vor allem der 5er überzeugt mit seiner sehr gekonnten Mischung aus fahraktiver Straffheit und reisetauglicher Gelassenheit. Im Münchner fährt stets das gute Gefühl mit, man könnte eben schnell auch ’ne Runde auf der Nordschleife einschieben. Nur beim Bremsen fehlt dem 520d der letzte Biss. Mit gut 36 Metern steht er aus Tempo 100 knapp zwei Meter später als der A6. Bei allen drei Testkandidaten auf ähnlichem Niveau ist indes der Preis: Schon die Basisversionen dieser Businessklassen wollen mit über 40.000 Euro erst mal bezahlt sein, in Testausrüstung überspringen alle drei sogar die 50.000-Euro-Marke – da müssen nicht nur alte Omas lange für stricken. Immerhin verspricht Jaguar uns drei Jahre Mängelfreiheit. Warum Jaguar im Gegenzug aber nur sechs (statt zwölf wie bei Audi und BMW) Jahre gegen Durchrostung ausruft, entzieht sich unserem Verständnis. Genau wie wir weiterhin nicht begreifen können, warum die Deutschen ihre Kunden mit nur zwei Jahren Garantie verschrecken.
Technische Daten
Fahrzeugdaten
Audi
BMW
Jaguar
Modell
Motor
Einbaulage
Ventile/Nockenwellen
Nockenwellenantrieb
Hubraum
kW (PS) bei 1/min
Nm bei 1/min
Vmax
Getriebe
Antrieb
Bremsen vorn/hinten
Testwagenbereifung
Reifentyp
Radgröße
Abgas CO2
Verbrauch*
Testverbrauch
Sportverbrauch**
Testrunde***
Sparverbrauch****
Tankinhalt
Kältemittel
Vorbeifahrgeräusch
Anhängelast gebr./ungebr.
Kofferraumvolumen
Länge/Breite/Höhe
Testwagenpreis
Die neue AUTO BILD-Verbrauchsampel
Fazit
Glücklich, wer sich eine dieser drei Limousinen leisten oder leasen kann. Audi und BMW liegen fast gleichauf, liefern sich ein Rennen auf allerhöchstem Niveau – das der A6 dank bissigerer Bremsen gewinnt. Der Jaguar hält bei den Punkten zwar klaren Abstand, ist als stilvolle Alternative aber durchaus zu empfehlen. Die Briten unter indischer Regie müssen ihn nur konsequent und liebevoll pflegen.
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