In der Oberklasse kosten edle Kombis eine Schippe mehr, da steht das Mercedes E 250 CDI T-Modell als Lademeister und Preiskönig (ab 50.367 Euro) traditionell oben. Der BMW 520d (als Touring für 45.400 Euro Grundpreis) hat bei AUTO BILD Vergleiche in Serie gewonnen, bis ihn Anfang 2015 die A6 Limousine im Vergleichstest entthront hat. Audi hat seine Businessklasse frisch erneuert – wird der A6 auch als Avant mit dem 2.0 TDI (ab 43.600 Euro) nach vorn fahren?
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Der BMW wartet mit einem besonderen Gimmick auf

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Video: A6, 520d, E 250

Deutsche Edel-Kombis

Deutschlands größte Kombis sind ausgewachsene Luxusschlitten – was sollen 7er oder S-Klasse eigentlich noch besser können? Einladen sicher nicht. Avant und Touring verschenken mit schicken Schräghecks zwar etwas Platz, schleppen auf feinstem Teppich trotzdem das Urlaubsgepäck einer vierköpfigen Familie. Einen Koffer mehr (bis zu 1855 Liter) schluckt der Mercedes, obwohl der Adblue-Tank in der Reserveradwanne leider 95 Liter wegknapst. Sein ebener Ladeboden bei umgelegten Rücksitzen erleichtert das Einladen, doch ein separat öffnendes Heckfenster hat nur der 5er. Eine feine Sache für Sporttaschen, zumal das Laderollo nach oben fährt und den Weg frei macht. Alle drei Heckklappen öffnen elektrisch – was vor Jahren noch als heißestes Gimmick galt, haben diese Edelfrachter längst serienmäßig an Bord. Im Interieur schenken die drei sich wenig. Scheint, als würden Entwickler beim Konkurrenten Maß nehmen und ihre Kalkulationen abkupfern. So gibt es vorn reichlich Platz und Möglichkeiten, Geld zu versenken.
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Die Motorentechniker haben dem TDI Manieren beigebracht

Audi A6
Ist das wirklich ein Diesel? Der TDI im A6 verrichtet seine Arbeit so flüsterleise wie ein Benziner.
Der Audi gefällt mit solider Verarbeitung und gediegenen Materialien, während unser Test-5er auf schlechten Straßen knisterte wie ein Kaminfeuer. Im BMW müssen große Füße im Fond mühsam einfädeln, wo bleibt da der Platz, den der Kombi mit dem längsten Radstand (2,97 Meter) bieten müsste? Seit der jüngeren C-Klasse liegt auf der E-Klasse der Sternen-Staub der letzten Generation: alte Instrumente, verworrene Menüführung. Die Luftfederung hat ihre eigene Taste und nur zwei Stufen. So was kann sympathisch sein, doch der Audi ist beim letzten Facelift vor allem in Sachen Connectivity vorgeprescht: Stauinfo in Echtzeit, gegen Aufpreis gibt es einen Bremsassistenten, der bis zum Stillstand abstoppt. Die Sportsitze im A6 pflanzen große Fahrer zu hoch, ansonsten passen sie zu diesem Sahneteil von einem Diesel: Der summt so versteckt, dass der Probefahrer die Ohren spitzt, ob der Verkäufer ihm einen Benziner untergejubelt hat. Am Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe stören weniger die großen Drehzahlsprünge als das eingebaute Schnarchnasen-Programm.
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Sobald man mal dahinschnurrt, schickt die Automatik den Motor zum Spritsparen in den Drehzahlkeller, wo der TDI erst erwacht, wenn man rüde aufs Gas tritt. Dann heult der TDI unwürdig auf, und die S-tronic macht einen Satz. Mit den neuen GfK-Federn rollt der Audi satt und straff wie durch einen kurzflorigen Teppich. Für rauen Untergrund ist der Teppich zu dünn, der Audi federt auf kurzen Wegen. Das macht ihn handlich, aber wer im Geschäftswagen mal ins hinterletzte Kaff muss, kommt durchgeboxt zum Termin.

Beim Mercedes geht Fahrkomfort vor Querdynamik

Mercedes E-Klasse
Das T-Modell kann es auch in der Kurve, gelassen und entspannt ist aber die bevorzugte Gangart.
In der Lenkung steckt eine sportliche Zicke, die aus der Mittellage erst keine Reaktion zeigt, bei weiterem Eindrehen unerwartet zupackt. Beladen und auf nassem Pflaster scharrten gelegentlich die Vorderräder – ist also doch ein Fronttriebler. Hätte man sonst gar nicht gespürt, weil das superfein abgestimmte ESP jeden Durchdreher wegregelt. Die ESP-Warnlampe reagiert recht spät. Statt Startknopf besitzt der Mercedes noch einen Zündschlüssel. Mit Schloss, dort wo's hingehört. Es gibt nur zwei Fahrprogramme (Audi und BMW je fünf), und die empfehlenswerte Luftfederung (1345 Euro extra) steckt in keinem Untermenü, sondern hat ihren eigenen Schalter mit zwei klar getrennten Weichheitsgraden: "Comfort" heißt Wolke sieben mit dem besten Autobahnkomfort (nur in der Stadt fällt die Airmatic auf Löcher rein), und "Sport". Das ist Wolke 3, dahinter steckt Sport, wie ihn Mercedes versteht. Die E-Klasse macht die verrückten fünf Minuten seines Fahrers mit, befolgt die Lenkbefehle mit gewissem Langmut, nie zackig. Wer heftiger einlenkt, erhält als Antwort energisch ansteigende Lenkkraft dagegengesetzt, als ob die Frau zu Hause mahnt, es nicht zu toll zu treiben.
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Die E-Klasse erzieht zu gelassener Fahrweise, obwohl im Back Office schon eine moderne Arbeitskraft waltet: Die neue Automatik schaltet wach und ruckarm, verheddert sich nur im Ausrollen mal in der Vielfalt ihrer neun Stufen. Das frische Getriebe steht im Gegensatz zum Oldie im Maschinenraum, der unter Last jedes Mal klingt wie "Einmal zum Flughafen, bitte!". Auch der Zweiliter von BMW vibriert und rumort deutlich, ihn rettet eher das Drumherum: die wundervolle Achtstufenautomatik und das Gefühl, das kernige Knurren könnte sportlich gemeint sein. Denn selbst als Touring (und trotz seiner Größe) spielt der 5er noch das Erlebnis-Auto.
Weitere Details zum Vergleich der deutschen Edel-Laster gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel gibt es als Download im Online-Heftarchiv.

Fazit

von

Joachim Staat
Ein Punkt Differenz wird in diesen Kreisen die Kaufentscheidung nicht kippen. Da zählt der persönliche Geschmack sicher mehr – oder in unserem Vergleich eben das Thema Geld: Der BMW liegt nach fünf Kapiteln in den Eigenschaften vorn, doch der Audi bietet fast das Gleiche für die entscheidenden Euro weniger. So fährt der A6 auch bei den Edelkombis zum Sieg – sein Facelift hat sich bezahlt gemacht.

Von

Joachim Staat