Ende Juni 2018 meldet sich die Traditionsmarke Borgward in Deutschland zurück. Laut "Automobilwoche" finden dann die ersten Verkaufsveranstaltungen für das SUV BX7 TS Limited Edition statt. Eigentlich sollte die Auslieferung des auf eine unbekannte Stückzahl limitierten Modells schon Ende 2017 beginnen. Borgward hat übrigens seine Antriebsstrategie geändert: Die ersten Fahrzeuge haben einen Benziner unter der Haube und werden nicht wie zuerst angekündigt von einem Elektromotor angetrieben. Der zwei Liter große Vierzylinder leistet 224 PS und verbraucht 8,9 Liter auf 100 Kilometern. Bei 208 km/h streicht der BX7 die Segel. Die Kraftübertragung übernimmt eine Sechsgangautomatik. Der BX7 TS Limited Edition ist kein günstiges Vergnügen. Die Preise beginnen erst bei 44.200 Euro! Dafür ist das erste Modell der wiedergeborenen Marke relativ gut ausgestattet. Unter anderem sind ein Panoramadach und eine Lederausstattung serienmäßig an Bord. Besonders stolz ist Borgward auf das Infotainmentsystem mit 12,3 Zoll großem Touchscreen.
Ursprünglich war die Rückkehr nach Europa mit dem Elektro-SUV BX7 EV geplant. Später sollen die Modelle BX7, BX5 und das Sportcoupé BX6 folgen, ebenfalls zunächst als Benziner. Die neu aufgelegte Isabella sorgte zudem als Studie auf der IAA 2017 für Aufsehen. "Es bleibt aber weiterhin unser Ziel, mit dem Start der Fertigung in Bremen primär Elektrofahrzeuge zu verkaufen", sagte Vorstandschef Ulrich Walker. In die Hansestadt Bremen will der ruhmreiche Autobauer mit einem großen Montagewerk zurückkehren. Derzeit baut der Hersteller im Westen der Stadt eine neue Fabrik. Geplanter Produktionsstart ist 2019. Die Teile sollen angeliefert und aus ihnen jährlich bis zu 50.000 Fahrzeuge gefertigt werden.
Das Unternehmen gehörte einst zu den bekanntesten Autoherstellern Deutschlands und ging 1961 pleite. Borgwards Enkel Christian belebte die Marke 2015 mithilfe des chinesischen Hauptaktionärs Foton, einem Lastwagenbauer, wieder. In China ist man bereits erfolgreich am Markt. Seit dem dortigen Marktstart des BX7 sowie des BX5 liegen die Auftragseingänge in der Volksrepublik nach Borgward-Angaben bei rund 70.000 Fahrzeugen. Homologationen werden außerdem für den Mittleren Osten, Südamerika und Russland vorbereitet.

Auch ein Plug-in-Hybrid ist geplant

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Video: Borgward BX7 TS (IAA 2015)

Kultmarke: Comeback mit SUV

Bild: AUTO BILD
Der Allradler BX7 mit Zweiliter-Verbrennungsmotor (Fahrbericht) feierte in China schon 2016 Premiere. Der geplante Plug-in-Hybrid soll eine Systemleistung von 401 PS und eine rein elektrische Reichweite von 55 Kilometern haben. An der Vorderachse treibt ein Zweiliter-Turbo-Vierzylinder über ein siebenstufiges Doppelkupplungsgetriebe den Borgward an, an der Hinterachse schaltet sich über eine intelligente Allradeinheit bei Bedarf – und für den Hybridantrieb – ein Elektromotor hinzu. Für den Insassenschutz sorgt das "Protect"-System, das neben den klassischen Sicherheitsfeatures wie einer hochfesten Karosseriestruktur und Airbagsystemen auch verschiedene Assistenzsysteme bietet. So finden sich im BX7 beispielsweise ein Kollisionsassistent, ein Bremsassistent mit Fußgängererkennung, ein Abstandsregeltempomat und eine 360-Grad-Rundumkamera. Auf Innovationen angesprochen, setzt Borgward vor allem auf innere Werte: "Innovationen wird es vor allem im Bereich Connectivity geben. In zehn Jahren wird es anstatt klassischer Facelifts nur noch Updates geben", sagte Borgward-Chef Walker. Das Infotainmentsystem hat einen 12,3 Zoll großen Hauptbildschirm, bietet Smartphone-Anbindung sowie einen WLAN-Hotspot. An die Dienste anderer Hersteller erinnert der sogenannte "Serviceagent": Mittels Knopfdruck kann der Fahrer des BX7 Kontakt zu einem Callcenter aufnehmen, das einem beispielsweise Hotels bucht oder Theaterkarten organisiert. Eine SOS-Taste ermöglicht, dass speziell geschulte Mitarbeiter situationsgerechte Hilfe organisieren.

Vierzylinder und Automatik harmonieren nicht wirklich

Borgward BX7
Da fehlt Feinschliff: Wenn Leistung gefordert ist, wird der Motor durstig – auch wegen der Automatik.
Bild: BORGWARD GROUP AG
Borgward vermutet die ersten Käufer des SUVs unter Marken-Liebhabern, vor allem solche, die schon eine dralle Isabella aus den Fünfzigern in der Garage haben. Das passt, wie die erste Fahrt zeigt: Denn mit Vernunft lässt sich der Kauf eines BX7 nicht erklären. Das liegt vor allem am einzigen Motor, den Borgward aktuell liefert, einem 2,0-Liter-Turbo mit 224 PS und Euro-6b-Einstufung. Der Vierzylinder tritt entschieden an und säuselt dem Langsamfahrer sanft ins Ohr, dreht aber nicht gerne hoch: Dann klingt er blechern bis dröhnig. Aber drehen muss er, weil die Sechsstufen-Aisin-Automatik nicht immer den richtigen Gang trifft. In diesem Fall säuft der Vierzylinder, den Borgward zusammen mit dem Aachener Dienstleister FEV entwickelt hat: Wer es ein bisschen eilig hat, liest Verbräuche um 12 Liter vom Bordcomputer ab.
Borgward BX7
Einwandfrei: In Sachen Verarbeitung ist der BX7 ein untypisches China-Auto – er erinnert eher an Audi.
Bild: BORGWARD GROUP AG
Das enttäuscht auch deshalb, weil der Borgward sonst nicht von gestern ist. Er lenkt sich leicht, aber gefühlsecht. Auf der Autobahn federt er flockig, nur über Kanaldeckel und Querfugen holpert er eine Spur zu herb. Und anders als viele China-Autos ist er hochklassig verarbeitet: Nicht nur das Design der digitalen Instrumente und der Mittelkonsole erinnert an Audi, sondern auch das Anfassgefühl der Kunststoffe und die aufwendig versteppten Lederpolster. Die Karosserie ist steif, die Spaltmaße verlaufen in schöner Ebenmäßigkeit, die Türen fallen mit sattem Klang ins Schloss: Ein Billigheimer ist dieser Borgward nicht. Aber einen Abstandstempomaten gibt es noch nicht, auch den Spurhalteassistenten will Borgward später nachreichen. Ebenso wie eine moderne Automatik, ein Start-Stopp-System und den Partikelfilter, mit dem der Borgward ab September 2018 die Euro-6d-Temp-Norm erreichen soll.

Von

Christian Steiger
Elias Holdenried