Kleine, günstige SUVs boomen. Jetzt mischt dort auch SsangYong mit. Im Duell der Discounter tritt der Tivoli gegen den Dacia Duster an.
Freiheit, Freude, sich einfach mal so richtig gehen lassen. Haben Sie schon einmal Kinder beobachtet, die sich im Schlamm wälzen und quieken vor Freude? Ähnlich glänzen die Augen gestandener Asphalt-Cowboys, wenn sie mit ihrem Allradler mal im Gelände wühlen können. Damit auch der Großstadt-Dschungel bezwingbar wird, haben die Hersteller ihre Kraxler auf citytaugliche Maße geschrumpft – ein Hauch Auto-Abenteuer für jedermann. Nun mischt auch der koreanische Hersteller SsangYong mit in der Boom-Klasse von Mokka, Yeti und anderen.
Die beste Ausstattung geht beim Tivoli richtig ins Geld
Ab 19.990 ist der Tvoli mit Diesel zu haben. Für die beste Ausstattung werden noch mal 7000 Euro fällig.
Bei 15.490 Euro startet der gänzlich neue, 4,20 Meter lange Tivoli. Damit zählt er zu den günstigen Offerten bei den kleinen SUV. König der Discounter ist er damit jedoch nicht. Diesen Titel trägt nach wie vor der 2010 erschienene Duster von Renault-Tochter Dacia. Ein erster Blick in die Preisliste. Der günstigste Tivoli mit Dieselmotor und Allradantrieb kostet 19.990 Euro. Zum Test trat der 115-PS-Allradler in der Topausstattung Sapphire an. Kaufpreis: 26.990 Euro. Ja, Sie haben richtig gelesen, die teuerste Ausstattung kostet 7000 Euro extra. Mit an Bord sind dann unter anderem Leder, Sitzbelüftung, Lenkradheizung, 18-Zöller und ein schlüsselloser Zugang. Die Enttäuschung: Selbst im 26.990 Euro teuren Top-Tivoli fährt es sich gänzlich assistenzlos. Spurhalteassi, Totwinkel- oder Kollisionswarner? Gibt es selbst gegen Aufpreis nicht. Dass auch der sechs Jahre alte, 18.490 Euro teure Duster hier nichts zu bieten hat, ist eher nachvollziehbar als bei einem komplett neu entwickelten Auto zum Preis eines gut ausgestatteten Golf.
Der Duster gibt eher den Geländewagen alter Schule
Der Duster macht beim Fahren keinen Hehl aus seinem Charakter. Fahrdynamik ist ihm eher fremd.
An diesem ist der Tivoli konzeptionell näher dran als am Dacia Duster, der im direkten Vergleich wie ein Geländewagen der alten Schule wirkt. Der Koreaner ist nicht nur von den äußeren Maßen kürzer und flacher als der rustikale Rumäne. Die Sitzposition ist auch deutlich tiefer. In den Tivoli steigt man ein, den Duster besteigt man. Dieser Eindruck bestärkt sich beim Fahren. Während die beiden Dieselmotoren von ihrem drehmomentstarken, sparsamen Wesen noch recht ähnlich sind, könnten die Fahreigenschaften unterschiedlicher kaum sein. Mit dem SsangYong fährt es sich auch auf langen Strecken recht angenehm. Sein Geradeauslauf ist perfekt, in Verbindung mit der unaufgeregten, durchaus Fahrbahnkontakt vermittelnden Lenkung und dem akustisch zurückhaltenden, 300 Nm starken Diesel ergibt sich ein angenehmes Langstreckenauto. Kurze Strecken hingegen sind alles andere als angenehm, denn das erfolgreiche Einlegen des ersten und zweiten Ganges ist Glückssache. Uns ist lange kein Getriebe mehr untergekommen, das derart hakelig und störrisch zu schalten ist.
Auch der Federungskomfort ist zumindest in Kombination mit den flachen 45er-Reifen (bei Sapphire Serie) hölzern. Ansonsten dürften sich Tivoli-Insassen kaum beklagen, denn sowohl vorn als auch hinten bietet der kompakte Koreaner genug Platz. Gerade mal auf Kleinwagenformat ist allerdings der winzige Kofferraum.
Abseits befestigter Straßen macht der Duster die bessere Figur
Klarer Sieger: Während der Duster auch Gelände kann, ist der Allrad beim Tivoli nur Traktionshilfe.
Aus ganz anderem Holz, äh Blech, ist der Dacia geschnitzt. Seine Lenkung vermittelt das Gefühl, ein ... – Pardon, nein, sie vermittelt nichts. Das Drehen am Lenkrad hat eine Änderung der Fahrtrichtung zur Folge, die sich vor allem durch beherzte Karosseriebewegungen bemerkbar macht. Die Federwege sind lang, daraus ergibt sich ein beachtliches Schluckvermögen der Federung. Dieses wird jedoch durch zu schwach gepolsterte, zu kleine und zu wackelige Sitze wieder zunichtegemacht. Immerhin bietet er genug Raum für vier Erwachsene. Dennoch, ein komfortables Auto ist der Duster auch in der teuersten Ausstattung Prestige nicht wirklich. Seine Stunde schlägt, sobald es abseits des Asphalts geht. Die ersten beiden Gänge des Duster sind zugunsten einer besseren Geländetauglichkeit extrem kurz übersetzt. Auf ebener Strecke ist auch aufgrund des drehmomentstarken Diesel ein Anfahren im dritten Gang möglich. Der erste Gang ist auf der Straße nutzlos, im Gelände jedoch eine wertvolle Kletter- und Anfahrhilfe. Zusammen mit der stattlichen Bodenfreiheit von 21 Zentimetern meistert er auch ausgefahrene Feldwege und tiefe Fahrspuren in morastigem Gelände.
Kraxel-Können stand bei den Tivoli-Entwicklern nicht an erster, auch nicht an zweiter Stelle. Sein Allrad ist lediglich eine Traktionshilfe auf befestigten Straßen. Wer vom Duster in den Tivoli umsteigt, fühlt sich schon von der Sitzposition her wie in einem sportlichen Kompaktwagen. Fahrwerk und Lenkung spielen in einer höheren, aktiveren Liga. Die Schlammschlacht im Matsch entscheidet der Dacia dennoch für sich.
Der neue Tivoli gewinnt eindeutig. Nicht, weil er so fortschrittlich, sondern weil der Duster mittlerweile von gestern ist. Auf der Straße fährt der Tivoli dem Duster um die Ohren. Für den Dacia sprechen niedrige Kosten und vergleichsweise gute Geländetauglichkeit.