Ist der Dacia Jogger als Vollhybrid den Aufpreis wert?
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Der Dacia Jogger will alle Ansprüche erfüllen. Jetzt sogar als Vollhybrid. Aber taugt die nicht ganz preiswerte Kombination auch was?
Bild: AUTO BILD
Noch bevor ein Bestseller wie der Renault Clio den Vollhybridantrieb bekommen hat, haben die Franzosen den Dacia Jogger damit ausgestattet und ihn Hybrid 140 genannt. Ganz klar, die 140 steht für die Leistung und meint damit die Zahl der Pferchen, die über die Koppel rennen.
Nun sei gleich vorweg bemerkt, dass die Kombination aus zwei E-Motoren – wobei nur der mit 49 PS für den Vortrieb sorgt – und einem 94 PS starken Vierzylinder-Benziner aus dem Multifunktionsfahrzeug Jogger kein Schnäppchen mehr macht.
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Satte 24.100 Euro möchte das Unternehmen für die so motorisierte Mischung aus Hochdachkombi und SUV mindestens haben. Fährt er in der von AUTO BILD getesteten Luxusausstattung "Extreme" vor, sind es mindestens 1000 Euro mehr. Und macht man noch ein paar Kreuze in der Optionsliste, schlagen am Ende 26.500 Euro zu Buche.
Von hinten sieht der Dacia Jogger Hybrid 140 einem Hochdachkombi noch am ähnlichsten.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Den Dacia Jogger Hybrid 140 gibt es optional mit sieben Sitzen
Dafür gibt es dann sieben Sitze, die den Kofferraum von 607 auf 160 Liter schrumpfen lassen. Zugegeben, der Ein- und Ausbau der Sitze ist nicht kompliziert, aber wenn das zum Dauerspiel wird, nervt es schon. Zudem ist das Platzangebot auch in dem 4,55 Meter langen Rumänen in Reihe drei nur etwas für Kleinkinder.
Da aber genau das Jungvolk in einem Jogger befördert werden dürfte, wundert es, dass es bei dem üppigen Preis nicht mal möglich war, in die hinteren Reihen Ladeanschlüsse für die mit Sicherheit mitgeführten digitalen Endgeräte zu integrieren.
Der Versuch, den Innenraum wohnlich zu gestalten, scheitert im Dacia Jogger eigentlich nur an den Stellen mit scharfkantigem Plastik.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Ärgerlich auch der Umstand, dass im Testwagen die über USB-Kabel mögliche Spiegelung von Apple CarPlay und Android Auto nach wenigen Minuten zusammenbrach. Erneute Versuche mit einem anderen Kabel und einem anderen Smartphone brachten das gleiche Ergebnis.
Das Navi ist sehr gelassen bei der Zielführung
Das ist umso ärgerlicher, weil das hauseigene Navi sehr gelassen mit den Routeninformationen umgeht. In der Regel hat man die Abfahrt schon passiert, bevor die Ansage kommt. Auch sonst reagiert der mit acht Zoll kleine Zentralmonitor etwas langsam. Als technische Highlights gibt es ansonsten noch einen Speedlimiter und einen Tempomaten. Abstandsradar oder Spurhalteassistent sind nicht an Bord.
Das Display für den Fahrer ist im Zentrum digitalisiert, der Zentralscreen misst acht Zoll. Die Lenkradtasten bedienen Tempomat und Geschwindigkeitsbegrenzer. Und es gibt eine Klimaanlage.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Dennoch ist der Jogger Hybrid 140 gerade wegen seines Antriebs durchaus für die Langstrecke geeignet. Der Vollhybrid mit einer Systemleistung von 141 PS, der keine Steckdose braucht und dennoch mit vollem Tank eine Gesamtreichweite von gut 900 Kilometern anzeigt, nutzt für den Vortrieb die Kombination aus einem 94 PS starken Benziner und einem 49 PS leistenden E-Motor.
Das Multi-Mode-Getriebe braucht keine Kupplung
Der Clou an dieser Kombination ist, das kupplungslose Multi-Mode-Getriebe. Das stellt zwei Fahrstufen für den E-Motor und vier, einschließlich Leerlauf, für den Verbrenner zur Verfügung. Ein zweiter E-Motor sorgt für das Ein- und Ausschalten des Verbrenners. Der wird nämlich nur gefordert, wenn er wirklich gebraucht wird. Beide werden von einem 1,24-kWh-Akku mit Strom versorgt, der wiederum vom Verbrenner sowie der Brems- und Rollenergie gespeist wird.
Die Sitze des Dacia Jogger sind etwas schaumig, aber nicht unbequem. In der zweiten Reihe lässt es sich auch für Erwachsene aushalten.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Diese Arbeitsteilung und die oben beschriebene Gangverteilung hat natürlich einen ganz entscheidenden Vorteil: Der Verbrauch sinkt signifikant. Der von AUTO BILD ermittelte Testverbrauch lag bei 5,5 Litern. Wer mit ganz leichtem Gasfuß unterwegs ist, der bringt es nach unseren Tests sogar auf 4,9 Liter. Etwas mehr wird es auf der Autobahn. Hier laufen dann doch 7,6 Liter über 100 Kilometer durch die Schläuche.
Stringenter Leistungsabruf zählt nicht zu den Talenten des Dacia Jogger
Allerdings wird man sich mit dem schweren Gasfuß beim Jogger Hybrid ohnehin zurückhalten. Denn was das Antriebssystem gar nicht mag, ist ein stringenter Leistungsabruf. Wer den Pin nachhaltig ins Blech bügelt, spürt die Wechsel der Antriebsarten jeweils durch ein Ruckeln.
Hinzu kommt ein stetes Pfeifen des E-Motors und ein recht vernehmlicher Verbrenner, dessen Aufgabe es ist, permanent im optimalen Drehzahlbereich zu arbeitet. Immerhin wird der Rumäne so befeuert 167 km/h schnell und beschleunigt – zwar nicht spontan, aber recht beflissen – in 9,8 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo.
Der Kofferraum des Dacia Jogger ist sehr flexibel – dank der Variabilität der Sitzreihen zwei und drei.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Egal welches Fahrprogramm der Pilot unterwegs gewählt hat, der Hybrid startet immer im Elektromodus und kann hier eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 70 km/h erreichen. Klar, dass das bei der Akkugröße nur über eine sehr kurze Distanz gelingt, aber immerhin kann man sich so unbemerkt von der Nachbarschaft am frühen Morgen davonschleichen.
Der Jogger-Innenraum ist wohnlich, aber nicht hochwertig
Ansonsten versucht Dacia, im Jogger Hybrid 140 Extreme eine wohnliche Atmosphäre für die Reisenden zu schaffen. Das Dashboard ist mit Textil bespannt, ebenso die Armauflagen in den Türen. Es gibt ein beledertes Lenkrad, eine Klimaanlage und eine digitale Ansicht des Fahrerdisplays mit allen relevanten Informationen.
Und dennoch merkt man dem Rumänen an, dass er mit spitzer Feder gezeichnet wurde. Der Kunststoff wirkt nicht wertig, hat hier und dort scharfe Kanten, und auch die integrierte Smartphone-Halterung ist wackelig und macht nicht den Eindruck, als wäre sie für die Ewigkeit gebaut.
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist www.dat.de.
Auf dem Gestühl fühlen sich die Passagiere etwas schaumig, aber nicht unangenehm platziert. So gesehen kann man es auch hier über die lange Distanz aushalten. Tatsächlich bieten Fahrer und Beifahrersitz sogar schön ausgeformte Seitenwangen. Da die aber recht weich sind, ist der Halt in Kurven begrenzt.
Fahrwerk und Lenkung gehen in Ordnung. Zwar ist das Steuer rückmeldungsarm, zwingt den fast zwei Tonnen schweren Jogger Hybrid aber ohne großes Abtauchen ums Eck. Und auch über tief liegende Gullydeckel und offene Wunden im Asphalt schaukelt der Rumäne gelassen hinweg.
Der Dacia Jogger ist ein echtes Universalauto – als Hybrid 140 dank seines Antriebs auch noch ein sparsamer Langläufer. Das kostet Interessenten dann aber auch eine für Dacia ungewöhnliche Stange Geld. Zugegeben, die Rumänen haben einiges getan, um den Preis auch bei Anmutung und Materialien zu rechtfertigen. Doch wer genau hinschaut, der findet hier Kritikpunkte, die den Preis am Ende doch sehr üppig erscheinen lassen. Denn einsteigen kann man in einen Jogger mit LPG-Antrieb und Handschalter schon für 18.700 Euro.