(dpa/cj) Angesichts drohender neuer Werksschließungen will die EU-Kommission der kriselnden Autoindustrie in Europa zur Seite springen. EU-Industriekommissar Antonio Tajani kündigte am 8. November 2012 in Brüssel ein Bündel von Maßnahmen an, deren Umsetzung jedoch noch wenig konkret ist. So will die Europäische Union die Gelder für Entwicklungen in der Autoindustrie aus dem EU-Forschungsbudget von 2014 bis 2020 von derzeit einer auf zwei Milliarden verdoppeln. Versprechen konnte der Industriekommissar aber noch nichts: Die Hauptstädte und das Europaparlament ringen derzeit noch heftig um die Gestalt des künftigen europäischen Haushalts.
Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) warnte angesichts der europäischen Finanz- und Absatzkrise vor allzu freiem Handel, vor allem mit asiatischen Ländern. "Hier muss die Politik wachsam bleiben und bei den kommenden Freihandelsabkommen, etwa mit Indien, darauf achten, dass die Abschlüsse nicht zu Lasten der europäischen Industrie gehen. Freihandel darf niemals eine Einbahnstraße sein", sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann in Berlin. Auch der europäische Branchenverband ACEA forderte, der Druck dürfe nicht durch zusätzliche Importe noch erhöht werden. Denn die befeuerten die ohnehin schon hohen Überkapazitäten.
Tajani mahnte in diesem Zusammenhang: "Wir dürfen Schlüsselsektoren wie die Automobilindustrie nicht für vermeintliche Handelsvorteile auf anderen Gebieten opfern." Er forderte eine "detaillierte Folgenabschätzung" und "reale Vorteile" für die Industrie. Außerdem kündigte der EU-Kommissar die Einführung eines einheitlichen Ladesystems für Elektroautos bis zum Sommer 2013 an. Elektroautos gelten als Zukunftshoffnung, allerdings gibt es noch große Probleme etwa bei Preis, Reichweite und Infrastruktur.
Der Automarkt in Westeuropa ist angesichts der Schuldenkrise seit langem auf Talfahrt. Autobauer wie Ford und Peugeot hatten zuletzt Werksschließungen angekündigt, bei Opel wird über das Aus von Bochum verhandelt. Nach einer Analyse der Beratungsgesellschaft PwC sind aktuell 15 Automobilwerke so schwach ausgelastet, dass die Hersteller sie auf den Prüfstand stellen müssten. Erst am Mittwoch hatten Arbeiter aus einem von der Schließung bedrohten Ford-Werk in Belgien in Köln randaliert. Ford, Peugeot und Opel sind vor allem in Europa aktiv und daher von der Entwicklung abhängig. Zudem holen asiatische Konkurrenten wie die südkoreanischen Hersteller Hyundai und Kia in Westeuropa immer mehr auf.