Mit einem Börsenwert von 100 Milliarden Dollar (90,2 Mrd. Euro) hat der US-Autohersteller Tesla jüngst VW überflügelt. Auch wenn der E-Autobauer immer wieder Schlagzeilen macht durch nicht erreichte Produktionsziele beim Model 3 und durch nicht abgestimmte Twitter-Posts von Unternehmenschef Elon Musk: Für den deutschen Investor Frank Thelen hat das Unternehmen aus Palo Alto das Zeug dazu, deutsche Autohersteller wie BMW und VW zu verdrängen. 

"Deutsche Hersteller haben den 'iPhone-Moment' verpasst"

Wird Tesla BMW und VW verdrängen?
Können sich Audi und BMW gegen Tesla behaupten? Der Investor Frank Thelen bezweifelt das.
Wie das gehen soll, hat der Finanzexperte in einem Beitrag fürs "Handelsblatt" begründet. Für Thelen haben die deutschen Autohersteller den "iPhone-Moment" verpasst. Damit meint Thelen all die Erfolgs-Faktoren, die ausschlaggebend sind für eine künftige Marktführerschaft bei E-Autos. Wenn dieser Moment rum ist, hängen die Verfolger nur noch hinterher, werden den Vorsprung von Tesla nicht mehr aufholen können, argumentiert der ehemalige "Höhle-der-Löwen"-Juror. Schließlich würde Tesla schon seit Jahren jede Menge Fahrdaten sammeln für die Entwicklung autonomer Autos, nutzt künstliche Intelligenz (KI) bei der digitalen Entwicklung und hat sein eigenes Schnellladenetz aufgebaut. Dagegen stünden die deutschen Hersteller noch immer in den Startlöchern. Tatsächlich werden die Modelle S und X schon seit Jahren produziert, das Model 3 ist schon ist als Massenauto unterwegs. Wo stehen BMW und VW? Der BMW i3 ist ein teures Nischenfahrzeug, bei Volkswagen wurde gerade eben erst der Termin für den Marktstart des VW ID.3 bekannt, der im April bestellbar und erst im Sommer ausgeliefert wird. Bei der Batterietechnik habe Tesla, obwohl die Technologie schon acht Jahre alt sei, noch immer die Nase vorn und würde im März 2020 die nächste Generation von Batterien vorstellen, kündigte Thelen an.

Mundpropaganda anstelle von Marketing

Damit nicht genug: Bei der agilen, beweglichen Produktion würde die "First Principle"-Methode angewendet. Danach wird ein Problem auf einem leeren Blatt Papier nach dem bestmöglichen Prinzip gelöst, und nicht auf der Basis bisheriger Lösungen. Die deutschen Hersteller tun das nicht, bemängelt Thelen. Letztlich würden Tesla-Fahrer als die bestmöglichen Marketing-Botschafter agieren: "Ich kenne kaum einen Tesla-Fahrer, der nicht von seinem Auto schwärmt." Tesla habe damit die effektivste Form des Marketings perfektioniert, die Empfehlung durch Tesla-Besitzer. Er selbst bekennt sich als passionierter Tesla-Fahrer, bemängelt allerdings selbst die Verarbeitung seines Autos. Beim direkten AUTO BILD-Vergleich zwischen BMW 3er, Audi A4 und Tesla Model 3 hinkte der Tesla bei Qualität und Fahrfreude zuletzt hinterher, aber sonst nicht. Insgesamt sieht Frank Thelen schwarz für die deutschen Autobauer: "In meinen Augen hat die deutsche Autoindustrie schon verloren." Eine starke Aussage, bei der man aber bedenken sollte, dass Thelen in eigener Sache argumentiert – er ist Tesla-Aktionär.