Kurz vor dem zweiten Weltkrieg entbrannte ein Wettstreit um den Bau des Jeeps, der die Dimension eines Wirtschaftskrimis besaß. Gewonnen hat schließlich Willys – und die Freiheit.
Bild: Jens Mönnich
Unwahrscheinlich, dass die Planer der Army nette Gefühle für den Jeep hegten. Militärs glauben nicht an romantischen Kokolores. Das Ding musste Allradantrieb haben, vier Sitze, durfte nicht viel wiegen, vor allem aber sollte es fahren, ohne Probleme bis Berlin. BastaKurz. Das hat der Ur-Jeep geschafft, und dafür liebt ihn jetzt die Welt. Wir wollen mit vollem Pathos sagen, er hat den Globus zum Besseren verändert. Dank daher an die Dschenneräls, Luhtännänts und Körnels, Dank an Willys, sogar an Ford und vor allem an American Bantam. An wen? American Bantam. Doch bevor es historisch wird, möchte ich kurz von der entzückenden Ausfahrt berichten. Selten hat mir ein Auto mehr Freude bereitet. Ich sitze also wie ein GI auf Mission in diesem quadratischen, grundehrlichen Kübel, karriole vergnügt über Stock und Stein und bringe dabei mit spielerischer Leichtigkeit die dürre Kraft (60 PS) des Motörchens an die Achsen. Ganz rechts der Hebel für die Geländeübersetzung, in der Mitte der für den Allradantrieb, links der für die drei Gänge, erster links unten.
Als Traktor-Alternative angeboten, wurde er bei Jägern, Förstern und allen, die viel neben Straßen unterwegs waren, populär.
Bild: J. Moennich
Wie ging der Spruch? "Männer fahren Jeep, der Rest irgendein Auto." Selbst EnzoFerrari war Jeep-Fan, er dürfte einige zu Gesicht bekommen haben, als die Amis in den letzten Kriegstagen durch Modena strömten. Er nannte ihn Amerikas einzigen echten Sportwagen. Nun ja, er dachte offenbar nur in solchen Kategorien. Historie also: Es war einmal die US-Automarke American Austin, sie baute in Lizenz den winzigen Austin Seven. Doch die Firma wurde von der Weltwirtschaftskrise erwischt, 1934 kam die Pleite. Einer der Verkäufer übernahm den Laden und nannte ihn American Bantam, nach einem Hühnchen, das auch dem Bantamgewicht beim Boxen den Namen schenkte. Die kleine Firma baute mit weltpolitischem Instinkt einfach mal ein Militärauto und stellte es 1938 der Army vor. Das Gefährt fiel allerdings durch, denn es fuhr sich ständig fest.
Seit rund 70 Jahren hat er weltweit Freunde gewonnen. Selbst Enzo Ferrari war Jeep-Fan.
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Doch schon 1940, noch immer ist Vorkriegszeit in den USA, brauchte die Army nun superdringend ihr erstes Geländeauto. Spät war den US-Streitkräften eingefallen, dass es zeitgemäßer ist, motorisiert anstatt zu Pferd ins Feld zu ziehen. Das Kriegsministerium schrieb am 11. Juli – die deutsche Wehrmacht hatte zuvor Paris besetzt – 134 Hersteller an. Liefertermin des ersten Prototyps in 49 Tagen und 70 Testfahrzeuge in 75 Tagen! Das ist ganz schön flott, so völlig ohne Computer. Bantam stand das Wasser bis zum Hals und sputet sich, den Prototyp auf Basis des alten Entwurfs termingerecht abzuliefern, jetzt mit Allradantrieb. Weder der Automobilriese Ford, noch der kleine Limousinen-Hersteller Willys Overland brachten etwas Fahrbares zustand, brachten aber immerhin Kalkulationen mit. Die anderen 131 winkten ab. Das BRC (Bantam Reconnaissance Car = Aufklärungsfahrzeug) hinterließ einen guten Eindruck, nur der Motor war mit 20 PS zu schwach. Zum Schrecken der Bantam-Leute reichten die Militärs alle BRC-Pläne an Ford und Willys weiter. Auf ihrer Basis sollten die drei je 1500 Fahrzeuge zum Testen bauen. Willys verwendete statt der runden Bantam-Schnauze nun eine flache mit senkrechten Lüftungsschlitzen. Dahinter steckte auch der beste Motor des Trios. Den Auftrag bekam also Willys. Die Militärs trauten den Bantams den Mega-Job nicht zu, und da auch Willys nicht als solider Kandidat galt, soltel auch Ford Willys-Jeeps fertigen. Es wurden zusammen mehr als 600.000 Stück, am Ende selbst von den Generälen geliebt. Bantam blieb der Bau des Jeep-Anhängers – als Trostpreis.
Und nach dem Krieg?
Dürres Lenkrad, simple Armaturen, drei Schalthebel und vorklappbare Windschutzscheibe: Das ist der Ur-Jeep.
Bild: J. Moennich
Der Army-Job rettete das Unternehmen, und konzentrierte sich nach 1945 auf den neuen Darling. Doch in einer Zeit, als Lifestyle keine Rolle spielte, rätselten die Willys-Leute, wie man ihn vermarkten könnte. So wurde der entmilitarisierte Jeep CJ als Traktor-Alternative angeboten. Doch er war zu leicht und konnte nicht viel ziehen. Aber bei Jägern, Förstern und allen, die viel neben Straßen unterwegs waren, wurde er populär. Daher gab’s bald eine geschlossene Variante, den Wagon, den ersten SUV der Geschichte. 1953 wurde Willys von Kaiser gekauft, fortan war es der Kaiser-Jeep. 1970 ging Kaiser-Jeep an American Motors, diese wiederum 1979 an Renault. 1987 kaufte Chrysler den Franzosen AMC ab, gerade als der Wrangler auf den Markt kam. 1998 war Daimler-Benz dran, verkaufte Chrysler aber 2007 wieder, jetzt hat Fiat das Sagen. Fortsetzung des Jeep-Lotterlebens folgt.
Technische Daten
Willy MB Motor: Vierzylinder-Reihenmotor, vorn längs hinter der Vorderachse • Nockenwelle über Kette angetrieben, zwei stehende Ventile pro Zylinder (seitengesteuert) • ein Einfachvergaser • Hubraum 2199 ccm • Leistung 44 kW (60 PS) bei 4000/min • max. Drehmoment 142 Nm bei 2000/min • Antrieb/Fahrwerk: Dreigang-Schaltgetriebe mit Geländereduktion • zuschaltbarer Allradantrieb ohne Zentraldifferenzial • Starrachsen vorn und hinten mit Blattfedern • vier Trommelbremsen, Handbremse auf Getriebe wirkend • Maße: Radstand 2032 mm • L/B/H 3327/1575/1830 mm (mit geschlossenem Dach; offen mit weggeklappter Frontscheibe Höhe 1320 mm) • Bodenfreiheit 222 mm • Fahrzeug stapelbar • Leergewicht 1040 kg • Fahrleistungen/Verbrauch: Spitze 100 km/h • Verbrauch ca. 12 l/100 km • Neupreis: 890 US-$ (1941 für Ford-Modell).
Plus/Minus
Aus 2,2 Liter Hubraum holt der Willys 60 PS, die auf ein Dreigang-Getriebe wirken. Der Allrad kann per Hebel zugeschaltet werden.
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Er ist eine Auto-Ikone, dennoch sieht man ihn selten. Selbst Leute ganz am Ende der Welt, ob im Kongo oder in Laos, kennen seinen Namen. Bei aller historischen Signifikanz ist er aber auch großartig zu fahren, zumindest bei gutem Wetter, außerdem einfach zu warten, robust, auch optisch unempfindlich. Demgegenüber hat er einen großen Feind: Rrrossst. Außerdem wurde viel an ihm herumgebastelt, und lange Strecken zu fahren ist ziemlich heavy. Beim Kauf achtgeben, denn da sind zahlreiche Betrüger am Werk, die Nachkriegsware als WW2-kampferprobt verhökern. Es wurden auch viele der rund 25 Prozent günstigeren französischen Hotchkiss auf "original" Willys umgestrickt. Kenner können sie aber identifizieren. Interessenten sollten sich daher mit dem Jeep Club Deutschland in Verbindung setzen, der gerne hilft. Es werden inzwischen erstaunliche Preise für gute Exemplare aufgerufen. Unser Fotomodell dürfte über 20.000 Euro liegen. Der Sammler-Spitzenjeep, der frühe Willys MB mit Slatgrill aus Bandeisenstreben, eher noch höher.
Ersatzteile
Der Willys MB ist eine Auto-Ikone, selbst Leute ganz am am Ende der Welt, ob im Kongo oder in Laos, kennen seinen Namen.
Bild: J. Moennich
Die Situation ist generell entspannt, so lange man nicht auf Originalersatzteile besteht. Nachbauten sind zum Beispiel bei Neiske & Pinn in Münster und dem Willys-Shop Ohmenhausen erhältlich. Auf den Philippinen fertigt die Firma MD Juan alle Blechteile nach. Ansonsten ist der Willys so simpel aufgebaut, vieles lässt sich auch lokal nachbauen.
Marktlage
Echte Jeep MB des Zweiten Weltkriegs finden sich dort, wo die GIs welche zurückgelassen haben, in Italien, Spanien, Griechenland, Holland, Belgien und Frankreich (dort gibt’s auch die Hotchkiss-Lizenzbauten von 1955 bis 1966, die aber nicht so geschätzt werden). Natürlich ist Amerika ein guter Tipp. Teuer sind sie überall.
Empfehlung
Die günstigsten, gleichzeitig zuverlässigsten Fahrzeuge sind die Hotchkiss M201 aus französischer Lizenzproduktion, zu erkennen an den zwei Batteriehaltern (24 Volt) am Innenkotflügel sowie dem Tacho in km/h. Von den "Echten" ist der Standard-Willys MB der günstigste, die Ford GPW sind seltener und teurer. Sammler bevorzugen sie, da das Ford-F auf fast jedem Bauteil steht. Allerdings wird auch das oft kopiert.
Er stammt aus dunkler Vergangenheit. Geboren 1940, rechtzeitig, um mit der US-Army in den Krieg zu ziehen. Das extreme Gegenteil eines Spaßautos also, dennoch fand der Jeep nach 1945 zufriedene Nutzer und begeisterte Fans in aller Welt.
Bild: Jens Mönnich
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Sommer 1940, die USA stehen kurz vor Kriegseintritt. Siedendheiß fällt dem Kriegsministerium ein, dass die Army einen Geländewagen braucht. Das Ding musste Allradantrieb haben, vier Sitze, durfte nicht viel wiegen, vor allem aber sollte es fahren, ohne Probleme bis Berlin. Die Wahl fällt auf den Entwurf des unbedeutenden Herstellers Bantam, die Produktion übernahmen jedoch Willys Overland und Ford.
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Wer den Jeep als Spaßauto anschafft, hat unglaublich viel Freude mit ihm. Man sitzt wie ein GI auf Mission in diesem quadratischen, grundehrlichen Kübel, karriolt vergnügt über Stock und Stein und bringt dabei mit spielerischer Leichtigkeit die dürre Kraft (60 PS) des Motörchens an die Achsen.
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Als Traktor-Alternative fiel der entmilitarisierte Jeep CJ durch: zu schwach. Aber bei Jägern, Förstern und allen, die viel neben Straßen unterwegs waren, wurde er populär. Daher gab's bald eine geschlossene Variante, den Wagon, das erste SUV der Geschichte.
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Klein ist er, ja, und auch spartanisch. Und nicht besonders leistungsstark. Aber im Gelände kommt der Willys besser voran als manch ein moderner Luxus-SUV.
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Tarnoliv, dürres Lenkrad, Gewehrhalter, simple Armaturen, drei Schalthebel und vorklappbare Windschutzscheibe zum besseren Schießen: Das ist der Ur-Jeep.
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Das Armaturenbrett schmückt ein Ensemble aus Rundinstrumenten. Die Scheibenwischer werden von Hand (!) bedient – vorzugsweise vom Beifahrer. Ob die Konstrukteure dachten, dass es in Old Europe nicht regnet?
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Das Mobiliar des Willys – für damalige Zeiten gar nicht soo spartanisch.
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Seine 60 PS holte der Willys aus 2,2 Litern, das Getriebe kommt mit drei Gängen (plus Rückwärts) aus. Der Allradantrieb wird per Hebel zugeschaltet.
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Auf dem Asphalt ist der Jeep mit seinen 60 PS nicht gerade der Renner. Macht nichts, er macht trotzdem viel Spaß. Das ist Autofahren live und pur!
Bild: Jens Mönnich
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Der Willys MB ist eine Auto-Ikone, selbst Leute ganz am am Ende der Welt, ob im Kongo oder in Laos, kennen seinen Namen. Ganz ohne Marketing ist er zu einem der wichtigsten Autos der Weltgeschichte geworden.