Kia Rio/Nissan Micra/Toyota Yaris: Test
Was reißt der Rio?

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Nissan und Toyota sind eine Macht bei den Kleinwagen. Können der jüngst überarbeitete Micra und der ganz neue Yaris den Vorsprung halten, oder rollt der Kia Rio aus Korea das Feld von hinten auf?
Am Telefon flüsterte mir Natalie süßen Unfug ins Ohr, und als sie mir eine halbe Stunde später die Tür öffnete, hatte sie nur das Radio an. Stimmt, ist erfunden, und der erste Satz hat auch nichts mit diesem Vergleich zu tun. Aber erste Sätze sind dazu da, Interesse zu entfachen – etwas, das drei asiatischen Kleinwagen bei vielen Lesern nur schwer gelingt. Zu Unrecht, wie Kia Rio, Nissan Micra und Toyota Yaris beweisen. Denn der Rio mischt die Kleinwagenklasse derzeit auf. Vorletzte Woche hat er sich schon gegen drei Rivalen durchgesetzt, musste sich nur dem Skoda Fabia geschlagen geben. Jetzt rangelt er mit dem neuen Yaris und dem seit knapp einem Jahr angebotenen Micra um den Titel des besten Kleinwagens aus Fernost. Dabei nimmt der Kia gleich mal eine überragende Rolle ein – in der Länge. Der Toyota ist 16, der Micra gar 26,5 Zentimeter kürzer.
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Angenehm: Dank der üppigsten Raumfülle reist es sich im Kia Rio am bequemsten.
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Für die Stadt reicht's: Wie beim Kia fällt der Motor im Toyota eher müde aus.
Die Nissan-Burschen gehen das Durchsetzungsproblem kleinvolumiger Benziner nachdrücklicher an und zwirbeln einen Kompressor an den Dreizylinder. Der Verdichter plustert den Motor auf 142 Nm. Dass er die Kompressor-untypisch erst bei 4400/min erreicht, liegt an der Abstimmung. An sich sind Kompressoren wegen ihres frühen Ansprechens für Druck aus niedrigen Drehzahlen prädestiniert. Bei hohen Touren reduziert sich ihr Wirkungsgrad, weil der Kompressor für seinen eigenen Antrieb viel Leistung vom Motor schmarotzt. Beim Micra schaltet er sich über eine Magnetkupplung je nach Gaspedalstellung zwischen 1200 und 1600 Touren zu. Darunter arbeitet der hoch verdichtete Direkteinspritzer als Saugmotor, was den Konsum niedrig halten soll. Klingt in der Theorie clever, überzeugt in der Praxis aber nur zum Teil.
Überblick: Alle News und Tests zum Nissan Micra

Klarer Sieg beim Verbrauch: Der Nissan schluckt 0,4 Liter weniger als die Konkurrenz.
Wie viel kompetenter Kleinwagen heute auftreten, zeigen Kia und Toyota. Wobei sich der Japaner mit der zielgenauen Lenkung, dem agilsten Fahrverhalten, dem besten Federungskomfort und den bissigsten Bremsen in der Eigenschaftswertung noch eng an den Rio heranschiebt. Der wirkt in vielem der Kleinwagenklasse schon entwachsen, was sich allerdings auch an seiner schlechten Rundumsicht und dem sperrigen Wendekreis zeigt – wobei auch der des Yaris auf dem Niveau einer Mercedes E-Klasse liegt. Noch fehlt dem Rio Feinschliff – ein wenig bei Bremsleistung sowie der Abstimmung des unterdämpften und zu straff gefederten Fahrwerks, und ein wenig mehr bei der ESP-Regelung. Bei starken Lastwechseln hängt das Heck ein Stück raus, bevor das System etwas unentschlossen eingreift. Doch weil sich der Kia mit sieben Jahren Garantie und dem günstigsten Preis auch mit großem Vorsprung das Kostenkapitel sichert, ändert all das nichts an dem klaren Sieg des Rio, der die asiatische Kleinwagen-Krone nach Korea holt. Und damit wieder zurück zu süßem Unfug.
Fazit
Spätestens jetzt müssen sie bei Toyota und Nissan den Schuss gehört haben. Auf die Frage, welche Wettbewerber sie am meisten fürchten, antworten fast alle Massenhersteller: Hyundai/Kia. Zu Recht, denn der Rio lässt Micra und Yaris wenig Chancen. Dabei zählten die Japaner vor Kurzem noch zu den Herausforderern von Polo und Corsa. Jetzt überrascht vor allem das schlechte Abschneiden des Micra. Der war mal ein Trendsetter in seiner Klasse, jetzt ist er bestenfalls noch Durchschnitt.
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