Knaus schickt nach dem Van TI auf Fiat-Ducato-Basis (ab 55.990 Euro) im Modelljahr 2019 den Van TI Plus ins Rennen. Als erstes Serienmobil basiert er auf dem Crafter-Klon der VW Konzerntochter MAN. Der heißt TGE und wird, zusammen mit dem Crafter, seit 2017 in einem neuen Werk im polnischen Września gebaut. Sein Vorteil: Als erstes leichtes Nutzfahrzeug von MAN profitiert der im Vergleich zum Crafter etwa gleich teure TGE im Notfall von einem 24-Stunden-Service, den auch die Trucker mit ihren MAN-Lkw in Anspruch nehmen können. Dazu passt der selbstbewusste Auftritt des TGE: Seine Front mit MAN Schriftzug und Markenlöwe am Grill wirkt noch einen Tick markanter als jene des braveren VW-Konzernbruders. Technisch sind sie praktisch baugleich. Was beide auszeichnet, sind ihre Handlichkeit, ihr Fahrkomfort und die hohe Verarbeitungsqualität, wie wir schon bei der jeweils ersten Ausfahrt in den serienmäßigen Kastenwagen feststellen konnten. Moderne Assistenz- und Navigationssysteme sowie das tolle Infotainment verbuchen ebenfalls beide auf der Habenseite.

Vorderrad-, Hinterrad- und Allradantrieb stehen zur Wahl

Knaus Van TI Plus 650 MEG
Individualisierung ist hier kein Problem: Fünf Polstervarianten und sechs Dekopakete sind verfügbar.
Das ist er: Noch ein handgebauter Prototyp, denn die Vorserie lief erst im Dezember 2018 an. Neben dem von uns gefahrenen 650 MEG mit Schwenkbad, Einzelbetten und Heckgarage, den Knaus bereits auf dem Caravan Salon vorgestellt hat, gibt es zusätzlich die Version 700 LF mit Längsbad und französischem Bett. Beide hat Knaus im Januar 2019 nach Stuttgart zur CMT gebracht. Mit 64.990 Euro ist der 650 MEG genau 9000 Euro teurer als der Van TI auf Ducato Basis. Für den 700 LF (7,47 Meter lang und mit 8,5 Zentimeter längerem Radstand) verlangt Knaus weitere 4000 Euro mehr – viel Geld für Teilintegrierte. Wer die Preisliste genau studiert, stellt fest, dass sich der Preis des Wunschmobils mühelos um einen fünfstelligen Betrag nach oben schrauben lässt. Stichwort Antriebsalternativen: Wie der Crafter ist der TGE wahlweise mit Vorderrad-, Hinterrad- oder Allradantrieb lieferbar, außerdem mit Sechsgang-Schaltgetriebe oder Achtstufenautomatik. Hinzu kommen beim Knaus Motoren mit 140 und 177 PS. Ergibt unterm Strich acht mögliche Kombinationen, die zwischen 1680 Euro (Frontantrieb, Sechsgangschaltung, 177 PS) und 8390 Euro (Allradantrieb, Achtstufenautomatik, 177 PS) Aufpreis kosten. Neun Ausstattungspakete und viele Einzeloptionen setzen dem Individualisierungsdrang kaum Grenzen.
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Die Verarbeitungsqualität des Aufbaus überzeugt

Knaus Van TI Plus 650 MEG
Luftig: Die bequeme Betten punkten mit praktischer Erweiterung und halbhohem – hier verdeckten – Trennvorhang.
Das hat er: Einen T(r)ick, um Platz zu schaffen: Halbdinette, Küchenblock und Bad sind um fünf Grad abgeschrägt. Hinzu kommen üppige 1,96 Meter Innenhöhe. Für zwei Personen gibt's ausreichend Stauraum und viele Ablagen, etwa unter den hochklappbaren Einzelbetten. Die beim 700 LF gegen Aufpreis lieferbare Umbaumöglichkeit der Sitzgruppe zum Gästebett ist beim 650 MEG nicht vorgesehen. Was die Verarbeitungsqualität des Knaus-Aufbaus betrifft, überzeugt der 650 MEG. Fast nahtlos schließt die Außenhaut ans Fahrerhaus an, im Wohnbereich finden wir kein unverkleidetes Blech. Nur eine kleine Stufe trennt den durchgehend ebenen Wohnraumboden vom Fahrerhaus ab. Die Liebe zum Detail zeigt sich in dem winzigen Stückchen Zierleiste zwischen Aufbautür und Fahrerhaus. Andere hätten es einfach weggelassen. Das Design wirkt markant und kraftvoll, wie es sich für einen Abenteurer der Straße gehört. Zu diesem Image passen auch das hagelresistente GFK-Dach sowie der GFK-beschichtete Unterboden, was zu dem der besseren Isolierung dient. Die Sitzbezüge wirken robust und fühlen sich angenehm an. Auch die Stromversorgung ist umfangreich. Wir zählten im Aufbau sechs 230-Volt-Steckdosen und eine USB-Buchse über der Halbdinette. Dass der Van TI Plus serienmäßig über ABS, ESP, Multikollisionsbremse, Notbrems- und Berganfahrassistent verfügt, ist vorbildlich. Gegen Aufpreis gibt's zusätzliche Assistenzsysteme wie Abstandsregeltempomat, Spurhalte- und Fernlichtassistent sowie Müdigkeits- und Verkehrszeichenerkennung. Zu bemängeln haben wir nur wenig. Eine halbe Tonne Zuladung ist für zwei Personen okay, doch das Volumen des Abwassertanks (73 Liter) könnte großzügiger bemessen sein. Außerdem wirkten Fußboden, Tischplatte und Küchenarbeitsfläche im Prototyp noch sehr abrieb- und kratzempfindlich.

Die hintere Luftfederung macht das Mobil zur Sänfte

So fährt er: Minusgrade, Neuschnee – und kein Allradantrieb, sondern die 140-PS-Basisversion mit Vorderradantrieb und Sechsgangschaltung? Macht nichts, denn die Traktion ist dank Winterreifen gut, wenngleich der flüsterleise Motor im hügeligen Bayerischen Wald jedes seiner 140 Pferdchen braucht, um den Van TI Plus in Schwung zu halten. Das zeigt am Ende des Testtages auch unser per Bordcomputer ermittelter Verbrauch von 12,7 Litern. Schon aus niedrigen Drehzahlen zieht der Zweiliter-Vierzylinder kraftvoll durch. Dass man in diesem Terrain fleißig die Gänge wechseln muss, ist angesichts des präzise geführten Schalthebels eher Lust als Last. Die bequemen Sitze bieten ausreichend Oberschenkelauflage, was in Verbindung mit der feinfühligen Lenkung und den gut dosierbaren Bremsen den Fahrkomfort weiter verbessert. Antriebseinflüsse sind kaum spürbar. Die Stuckerneigung auf schlechten Strecken geht ebenso gegen null wie die Geräuschentwicklung im Aufbau. Sicher auch ein Verdienst der hinteren Luftfederung (in der Serie 1740 Euro Aufpreis), die den Prototyp mit seinem langen Überhang bei relativ kurzem Radstand zur Sänfte macht. Gönnen Sie sich dieses Extra – das Experiment lohnt sich.
Die Reisemobilbranche hat die sogenannten Best Ager voll im Blick – vor allem zahlungskräftige Paare, die nicht jeden Cent umdrehen müssen. Der Van TI Plus 650 MEG ist dafür ein weiteres eindrucksvolles Beispiel. Logische Konsequenz: Schon vor dem Serienanlauf ist die Nachfrage laut Knaus groß. Urteil: vier von fünf Punkten.