Es knarrt, schabt, rumpelt und knirscht – wie in Zeitlupe wälzen sich die groben MT-Geländereifen über die scharfe Felskante. Die Schmutzfänger schubsen mit ihren Unterkanten loses Gestein beiseite, mit wenigen Millimetern Luft zwischen Rahmen und Untergrund rumpelt der Defender über die kleine Kuppe. Geschafft! Eine gut 45 Grad steile Auffahrt hat der Landy soeben niedergerungen – so mühelos, wie ein Polo einen Bordstein heraufsteigt. Fahrer Marvin Vandervey hat uns eben demonstriert, was ein Land Rover Defender mit schwierigen Offroad-Passagen macht – sie souverän meistern. Klar, der Defender zählt sowieso zu den ganz (g)emsigen Kletterern.
Land Rover Defender KTM 350 EXC-F
Gelände-Dino: Es gibt nur ganz wenige Passagen, an denen ein Defender an seine Grenzen kommt.
Und hier im Steinbruch Wülfrath bei Düsseldorf ist der Geländewagen-Dino quasi zu Hause, hier darf er sonst bei von Land Rover organisierten Offroad-Trainings regelmäßig beweisen, was er alles draufhat. Außerdem ist Marvin professioneller Instrukteur für solche Manöver. Wo die beiden nicht durchkommen, kommt gar nichts durch. Oder? Höchstens ein Enduro-Motorrad, behaupten Kollegen aus der Biker-Szene. Enduro, das sind im Prinzip Motocross-Maschinen mit Straßenzulassung. Leicht, quirlig, kräftig – und eben tierisch klettertauglich. Das schreit doch nach einem kleinen Steinbruch-Duell ... Der Land Rover unter den Zweirädern ist eine KTM. Die Marke aus Österreich mischt seit Jahren höchst erfolgreich in Weltmeisterschaften und bei Extrem-Wettbewerben mit, rüstet Hobbyfahrer wie Profis gleichermaßen aus. Neuestes Modell: Die 350 EXC-F – ein außerordentlich zierliches Gerät mit elastischem Viertaktmotor. Die soll für uns gegen den Defender antreten.
Land Rover Defender KTM 350 EXC-F
Mit Schwung quer durch den Matsch: Viel Schlupf am Hinterrad zwingt die KTM 350 EXC-F in den Drift.
Aber nicht nach Zeit, nicht in einem hektischen Rennen über Schotter und Baumwurzeln – wir wollen schlicht prüfen, wer in welcher Passage besser durchkommt. Tiefe Wasserdurchfahrten stehen auf dem Programm, steile Böschungen und noch steilere Abhänge, Kuppen, Kanten und Kiesel jeden Kalibers. An der Steilauffahrt hat der Landy ja bereits vorgelegt, die erste Auffahrt eindrucksvoll hinter sich gelassen. Was macht die KTM? Sie stürmt den Hang hinauf, als hätte der gar keine Steigung. Wo der Defender im Schritttempo in Richtung Gipfel scharrt, hämmert die 350er mühelos drüber. Rund 100 Kilogramm Leichtgewicht lassen sich eben einfacher gegen die Schwerkraft wuppen als die knapp zwei Tonnen eines Geländewagens. Dabei verbeißen sich die klotzigen Stollen des Motorradreifens in dem steinigen Untergrund, schlupffrei und mit nur gelegentlich sanft auftupfendem Vorderrad zirkelt die KTM bergauf. Gleiches Spiel bergab: Wo sich der Defender in Zeitlupe, mit zu rutschen beginnenden Rädern in Richtung Tal tastet, fliegt die KTM mit Schmackes vorbei. Verlagert der Fahrer sein Gewicht ganz flach über das hintere Schutzblech, stürzt sich die EXC-F sogar noch abschüssigere Hänge runter – hier würde der Land Rover im freien Fall abstürzen.
Wer kommt besser durch?
Feuchtes Fahrvergnügen: Im Gegensatz zur Enduro bleibt der Fahrer im Defender absolut trocken.
Seine Masse macht dem Auto auch in schlammigen oder sandigen Passagen zu schaffen. Im Modder gräbt sich der Landy trotz Allradantriebs bald ein, durch tiefen Sand schaufelt er sich nur mit Mühe. Die KTM fräst sich an gleicher Stelle eine eigene Rille, tobt dabei dreckspritzend durch das Hindernis. Das ist der Unterschied: Die KTM macht’s mit Tempo, der Landy gemächlich. Das zeigen besonders die Kletterpassagen über Findlinge: Hier braucht Marvin Hilfe, ein zweiter Mann muss Richtungen weisen, von außen dirigieren. Die KTM setzt ihr Vorderrad gezielt auf die Steinspitzen, balanciert durch die Kluft zwischen den dicksten Brocken. Allerdings: Der KTM-Pilot lebt gefährlich. Ein Ausrutscher im Defender hat nämlich selten Folgen für den Fahrer, wird allenfalls durch ein Paar Kratzer im Schweller sichtbar. Tritt dagegen die KTM daneben, tut’s richtig weh. Und extrem anstrengend ist es ebenfalls. Nach einem Tag im Gelände ist der Motorrad-Pilot zwar weiter gekommen, fast immer schneller durch die Sektionen geflogen. Aber zurück schafft es der ausgepumpte Zweirad-Held allenfalls als Beifahrer – und das am liebsten im Landy.
Technische Daten KTM 350 EXC-F: Einzylinder, wassergekühlt • vier Ventile pro Zylinder • elektrische Benzineinspritzung • Hubraum 394,7 cm³ • Leistung 34,4 kW (47 PS) bei 11.900/min • max. Drehm. 37 Nm bei 8000/min • Sechsganggetriebe • Leergewicht 107,5 Kg • Preis: 8895 Euro. Technische Daten Land Rover Defender 110 SW TD4: Vierzylinder, vorn längs • vier Ventile pro Zylinder • Hubraum 2198 cm³ • Leistung 90 kW (122 PS) bei 3500/min • max. Drehmoment 360 Nm bei 2000/min • Allradantrieb • Sechsganggetriebe • Preis: 32.290 Euro.

Fazit

Nur ganz wenige Stellen meistert der Land Rover nicht. Eine KTM hält dagegen kaum etwas auf. Auch schafft es die Enduro schneller. Aber ohne schmerzende Muskeln und ohne hohen Puls geht's nur im Auto.