Audi-Chef Markus Duesmann kündigt ein neues Elektroauto unterhalb des Q4 e-tron an, das nach AUTO BILD-Vermutungen Q2 e-tron heißen könnte. Denn die Bezeichnung passt zur neuen Nomenklatur. Audi ändert nämlich die Namen für seine Modelle: E-Autos haben bald gerade und Verbrenner ungerade Zahlen in der Bezeichnung. Damit wird aus den bisherigen Audi A4 und A6 mit den Nachfolgern A5 und A7. Was aus dem Begriff "e-tron" wird, wie Audi zum Verbrenner-Verbot 2035 steht, wie es jetzt mit den Verbrennern bei den Ingolstädtern weitergeht, das lesen Sie im Doppelinterview mit Markus Duesmann (CEO Audi) und Oliver Hoffmann (CTO Audi).
Audi Interview Markus Duesmann, Oliver Hoffmann und Robin Hornig
Doppelinterview mit Markus Duesmann (CEO Audi, li.) und Oliver Hoffmann (CTO Audi).
Bild: AUDI AG

 
AUTO BILD: Steigen wir direkt ein: VW hat gerade den ID.2 vorgestellt, wird es auch von Audi ein elektrisches Einstiegsmodell geben? Was wird als Nächstes kommen?

Markus Duesmann: Wir haben gerade erst entschieden, unterhalb des Audi Q4 e-tron ein neues E-Modell anzubieten. Die große Neuheit dieses Jahr wird der vollelektrische Audi Q6 e-tron sein, den wir in der zweiten Jahreshälfte vorstellen. Mit ihm führen wir die neue Premium-Plattform Electric (PPE) ein. Allein nächstes Jahr kommen über zehn neue Modelle und Modellüberarbeitungen. Bis 2025 sind es insgesamt mehr als 20 neue Modelle, davon über zehn elektrisch. Das wird die größte Modell-Offensive der Unternehmensgeschichte.

"Die besten Verbrenner kommen jetzt erst noch."


AB: Zuletzt war immer wieder zu hören, dass Audi sich eine klare Entscheidung zum Verbrenner-Verbot wünscht. Bleibt es dabei?
 
Duesmann: Aufgrund der hohen Investitionen, die mit einer neuen Fahrzeuggeneration verbunden sind, ist es wichtig, dass Klarheit herrscht. Klarheit in der Gesetzgebung. Klarheit für die Kundinnen und Kunden und ihre Investitionen in Technologien. Daher wünschen wir uns Klarheit in Bezug auf die Regulierung bis 2035 und danach, dafür plädieren wir.
 
Oliver Hoffmann: Wir bringen ab 2024 parallel zu den neuen E-Modellen auch eine spezifische Verbrenner-Plattform für unsere letzte Generation neuer Verbrenner auf den Markt.

Duesmann:
Bis Mitte der 2030er-Jahre wird noch viel passieren. Unser Fahrplan steht. Die besten Verbrenner kommen erst noch.
 
AB: Es gibt das Gerücht, dass sich die Nomenklatur, die Namensgebung bei Audi ändern wird.
 
Duesmann: Das können wir bestätigen. Zukünftig wird es so sein: Die ungeraden Zahlen werden die Verbrenner sein, und die gerade Zahlen stehen für die batterieelektrischen Fahrzeuge. Der Nachfolger des heutigen A4 wird A5 heißen und der heutige A6 wird A7 heißen. A4 und A6 kommen dann elektrisch.
 
AB: Wie geht es dann mit dem aktuellen Audi A5 und A7 weiter?
 
Duesmann: Zu den Karosserievarianten des zukünftigen A5 und A7 werden wir zu einem späteren Zeitpunkt informieren.

Hoffmann:
Sie können sich aber auf viele emotionale und auch performante Derivate freuen.
 
AB: Wird es bei der Bezeichnung "e-tron" bleiben?
 
Hoffmann: e-tron steht bei Audi für 100% Elektro und ist ein gut etablierter Begriff. Daran wollen wir festhalten.

"Aufgrund der Wirkungsgrade ist ein batterieelektrisches Fahrzeug einem mit E-Fuels betriebenen Auto bei Weitem überlegen. Dennoch machen E-Fuels – beispielsweise für die Bestandsflotte – Sinn."


AB: Wie steht Audi zu E-Fuels?
 
Duesmann: Audi hat sich sehr klar und frühzeitig zur E-Mobilität bekannt und mit 2033 ein fixes Ausstiegsdatum aus dem Verbrenner festgelegt. Der gesamte Volkswagen Konzern bekennt sich ganz klar zum elektrischen Antrieb. Ergänzend zur E-Mobilität setzen wir im Konzern auch auf E-Fuels. Um die Bestandsflotte, und das sind heute 1,3 Milliarden Verbrenner, CO2-neutral zu machen, sind E-Fuels die einzige Technologie, die bekannt ist. Aufgrund der Wirkungsgrade ist ein BEV (rein elektrisches Auto, Anm. d. Redaktion) einem mit E-Fuels betriebenen Auto bei Weitem überlegen. Die Produktion von E-Fuels ergibt dennoch Sinn, wenn sie an Orten auf der Welt hergestellt werden, wo nachhaltige Energie im Überfluss vorhanden ist. E-Fuels werden für uns als Gesellschaft also sicherlich eine Rolle spielen. Wir werden E-Fuels auch für andere Verkehrssektoren brauchen, zum Beispiel für Flugzeuge, Schiffe und Lkw. Wir setzen auf Batterietechnologie für den individuellen Pkw-Verkehr.

Hoffmann: Wir arbeiten aber mit den Mineralölkonzernen zusammen, damit unsere Verbrenner kompatibel sind. Das wird ein wichtiger Baustein für die Dekarbonisierung der Bestandsflotte. Ein besonders sportliches Beispiel ist auch unser Einstieg in die Formel 1, wo wir ab 2026 mit einer Kombination aus Elektromotor und E-Fuel-Verbrenner CO2-neutral an den Start gehen werden.

"Wir werden mit der neuen PPE bei SUV deutlich über 600 Kilometer Reichweite haben."


AB: Wie wird sich die Batterietechnologie bei Audi weiterentwickeln?
 
Hoffmann: Die Effizienz des Gesamtfahrzeugs entwickeln wir ständig weiter. Wir werden mit der neuen PPE bei SUV deutlich über 600 Kilometer Reichweite haben. Im Flachbodenbereich sogar deutlich über 700 Kilometer Reichweite. Damit kommen wir in den Bereich, den Kunden von elektrischen Fahrzeugen erwarten. In Kombination mit einem 800-Volt-Bordnetz und Schnelllademöglichkeiten über 270 kW Ladeleistung bieten wir echte Langstreckentauglichkeit.

"Langfristig muss die Politik Anreize schaffen und dafür sorgen, dass die Ladeinfrastruktur steht."


AB: Sehen Sie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur mehr die Hersteller oder die Politik in der Verantwortung?
 
Duesmann: Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe. In der Politik, die sich klar für E-Mobilität ausspricht, müssen mehr Anstrengungen unternommen werden, die Infrastruktur auf EU-Ebene auszubauen. Wir als Autohersteller setzen selbst Impulse mit der Konzerninitiative für das Ionity Schnellladenetz oder dem Audi charging hub, um Premium-Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden zu bieten. Das sind Projekte, die wir vorantreiben. Auch, um zu zeigen, was für Ladeerlebnisse möglich sind. Langfristig muss die Politik Anreize schaffen und dafür sorgen, dass die Ladeinfrastruktur steht.
Audi Interview  Robin Hornig, Markus Duesmann und Oliver Hoffmann
AUTO BILD-Chefredakteur Robin Hornig (links) im Interview mit dem CEO (rechts) und dem CTO von Audi.
Bild: AUDI AG

 
AB: Audi nutzt bei der neuen Software 1.2 als Betriebssoftware Android Automotive, bevor mit der nächsten Software 2.0 von CARIAD eine ganz eigene Software kommt. Wird die Variante mit Android Automotive zur Not als Backup dienen, wenn es Entwicklungsprobleme bei der eigenen Software geben sollte?
 
Hoffmann: Ich würde es nicht als Backup bezeichnen. Noch in diesem Jahr präsentieren wir mit unserer komplett neuen Software und E3 Elektronikarchitektur viele neue und tolle Funktionen. Android Automotive bietet uns dabei den großen Vorteil, rasch und regelmäßig neue Infotainmentangebote für unsere Kundinnen und Kunden zu liefern. Mit der späteren Software 2.0 setzen wir darauf auf und gehen den nächsten großen Schritt.
 
AB: Was bedeutet die neue Abgasnorm Euro 7 für Audi?
 
Duesmann: Hier ist noch mal eine Anpassung des vorgeschlagenen Regelwerks notwendig. Wenn Mitte 2025 die Euro 7 kommen sollte, bedeutet das für die Autohersteller enorme Verluste und Produktionsausfälle aufgrund fehlender Entwicklungszeiten. Außerdem würde der Vorschlag zu höheren Kosten führen und damit für Euro-7-Fahrzeuge die Neuverkäufe bremsen. Damit wäre er sogar nachteilig für die Luftqualität.  
 
AB: Vielen Dank für dieses Interview.