Was tut man, um in der vollbesetzten Kneipe den letzten Platz am Tresen zu kriegen? Richtig, der alte Trick: "Heiß und fettiiiig ..." Alle gucken, rein in die Lücke, bestellen. Genauso laut tönt Mercedes, um der neuen A-Klasse die Bresche zu schlagen. "Der Sportler unter den Kompakten!" "Das Aufsehen erregendste Auto!" Nun mal halblang, da erscheint ein gewöhnlicher Fünftürer, dessen Silhouette – jetzt kurz die Augen zukneifen – sehr nahe am 1er ist. So ähnlich waren sich die beiden Edelkompakten noch nie. Augen wieder auf: Da steht der A 250 Sport zum ersten Vergleich mit dem 125i, dessen Design seit dem Modellwechsel straffer und unaufgeregt daherkommt. Der BMW wirkt angekommen, während der Mercedes optisch den Lauten macht. Böse gesagt: Er wiederholt die Fehler des ersten 1er, Spitzname Hängebauchschwein, als er 2004 neu kam.
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Video: BMW 125i/Mercedes A 250

A-Klasse zielt genau auf den 1er

Vertauschte Rollen, auch im Interieur. Der 125i ist zurückgekehrt zur alten BMW-Ergonomie – jeder Schalter dort, wo man ihn braucht. Ausgereift, sachlich bis an die Grenze zur Langeweile. Im A250 dagegen spielen die Finger an Luftdüsen, streicheln die nette Plastiknarbung und langen ins Leere, weil die Tasten der Klimaanlage viel zu tief liegen. Platz hat der A 250 genug, auch im Fond, wo man sich zwar eingemauert fühlt von hohen Sportsitzen, die Kniescheiben jedoch mehr Überlebenschancen haben als im BMW. Da kneift er, der elementare Unterschied zwischen den Schräghecks in Nadelstreifen: Der 125i trägt – als einziger Kompakter – seinen Vierzylinder-Turbo längs eingebaut, was Platz im Innenraum kostet, und treibt die Hinterräder an. Wir wollen nicht alte Stammtischdiskussionen aufwärmen (sportlich gegen wintertauglich), doch als unbestrittenes Ergebnis hat der BMW eine direkte, ausgewogene Lenkung, frei von Antriebseinflüssen, die sich Fahrer eines Fronttrieblers wünschen.Wie der 125i die angepeilte Kurvenlinie trifft, das reizt dazu, die sportlichen Talente des Bayern auszuloten. Sein Zweiliter pfeffert ab Leerlauf mit einer Wucht (310 Nm Drehmoment), die der alte Sechszylinder-Sauger erst oben auf dem Drehzahlmesser bot. Lustvoll dreht der Bayer bis zu 6700 Touren, aufmerksam begleitet von einer Achtstufen-Wandlerautomatik, die immer den passenden Gang findet. Herrlich. Dazu kommt der Fahrerlebnisschalter (schrecklicher Name, der müsste im BMW-Denglisch eigentlich Action Control Center heißen): Per Wippe flippert der Fahrer beim adaptiven Fahrwerk für 1100 Euro extra zwischen Sport plus und Sparen, zwischen Adrenalin und Askese, im Federungskomfort zwischen Hölle und Himmelbett. Derart hochgerüstet wie der Testwagen, ist der 1er drei Autos in einem.
Mercedes A 250
Das ist ein Mercedes? Ist es! Auch wenn die Silhouette der neuen A-Klasse sehr nahe am 1er ist.
Der Mercedes-Kunde muss sich zwischen drei festen Fahrwerken entscheiden. Ausgerechnet das mittlere Sportfahrwerk, im A 200 und A 220 CDI unnötige Folter, passt im A 250 Sport perfekt: satt grundstraff mit Restkomfort für den Alltag. So viel sportlichen Ehrgeiz könnte man sich rundum im Auto vorstellen, doch Motor und Getriebe kehren wieder den Mercedes heraus. Sein Zweiliter-Turbo lässt den BMW zwar weder bei den Fahrleistungen (null auf 100 km/h in 6,6 Sekunden, Spitze 240 km/h) noch beim Spritverbrauch (laut Norm 6,1 Liter) einen Hauch davonziehen – als hätten die Techniker aufs Datenblatt der Münchener geschielt. Leider klingt der Vierzylinder dabei so engagiert wie Papis C-Klasse auf dem Weg nach Hause und dreht nicht so locker und weit hinauf (Rot ab 6200 Touren).
Auch das Doppelkupplungsgetriebe verlangt mindestens Stellung S wie Sport, um in Schalttempo und Präzision an den 125i heranzureichen. Die Lenkung arbeitet schön direkt, kämpft aber gelegentlich mit den 211 Pferden, die bis in die Hände zerren. Die Macht der Physik kann selbst Mercedes nicht außer Kraft setzen. Gewöhnungsbedürftig, bleibt aber auch BMW nicht erspart, denn ab 2014 sollen die ersten 1er mit Vorderradantrieb kommen. Die werden sicher günstiger als die beiden Edelschlitten, die wie abgesprochen fast gleichauf in der Preisliste stehen. Für die kleine Differenz liefert Mercedes ein Plus an Sicherheit (Kollisionswarner und Müdigkeits-Assistent serienmäßig), allerdings fehlt im Basisradio sogar ein CD-Laufwerk. Die Stuttgarter geben offen zu, sich bei Ausstattung und Paketen an BMW-Niveau zu orientieren. Wer so laut am vollen Tresen tönt, tut eben gut daran, mal beim Nachbarn über die Schulter zu schauen.
Alle Fotos zum Vergleichstest finden Sie oben in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv.

Fazit

von

Joachim Staat
Kaum zu glauben: Mercedes schreit! Attacke! Mit auffälligem Design, bester Sicherheit, starkem Motor und aggressiven Preisen löst der A 250 dieses Versprechen ein. Fahrwerk und Getriebe dürfen noch nachreifen – es kann ja nicht alles auf Anhieb gelingen. Der neue 1er macht besser, was früher fehlte: mehr Komfort, mehr Kofferraum, tolle Automatik. So reifte ein Kompakter heran, der mit ausgewogener Rundum-Qualität in Richtung Golf rückt. Und das mit dem exklusiven Hinterradantrieb und stolzen Preisen.