"I love your car", steht auf dem blauen T-Shirt, das Gero Graf (34) über Hemd und Pulli gestreift hat. Auf der Brust prankt die pinkfarbene Silhouette einer kleinen Limousine. "Sieht das albern aus?", fragt Graf den Fotografen und zupft am Kragen. Ob albern oder nicht, das knallige Motiv erregt Aufmerksamkeit. Es ist das Logo von Drivy, einer Start-up-Firma aus Frankreich, die gerade nach Deutschland expandiert. Graf ist für die Internationalisierung zuständig und hat Drivy erst in Berlin und nun auch in Hamburg eingeführt. "Nach zwei Tagen hatten wir bereits 28 Anbieter in der Hansestadt am Start", freut sich Graf. In Berlin sind es seit Jahresbeginn schon mehr als 100 Nutzer, die ihren Privatwagen an andere Autofahrer vermieten. Wie erfolgreich die Idee werden kann, zeigt ein Blick in Drivys Heimat Frankreich. Dort sind rund 450.000 Mitglieder registriert, die sich 20.000 Autos teilen. Bislang wurden eine halbe Million Anmiettage registriert. Kein Wunder also, dass Graf große Hoffnungen in die Autonation Deutschland setzt. Und nicht nur er: Zwei Risikokapitalgeber haben bislang 8,2 Millionen Euro in Drivy investiert – Nachschlag nicht ausgeschlossen.
Im Überblick: Alles zum Thema Carsharing
Drivy
Privatwagen stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag ungenutzt rum. Das möchte Drivy ändern.
Dabei ist die Idee nicht neu. Firmen wie Tamyca und Autonetzer versuchen schon seit Jahren, Privat-Carsharing populär zu machen. Der Durchbruch lässt auf sich warten. Aus der freakigen Sharing-Ecke der urbanen Vordenker hat es bislang noch keiner geschafft. Das soll sich jetzt ändern. Darum vermeidet Graf auch das Wort Carsharing und spricht lieber von privater Autovermietung. "Der beste Autovermieter ist der, der direkt um die Ecke wohnt und dir dein Auto leiht", erklärt Graf das Drivy-Prinzip. Er selbst teilt sich in Berlin regelmäßig einen Hyundai i30 mit einem Drivy-Mitglied und testet die Funktionalität von Smartphone-App und Webseite. Per Kartenansicht können Drivy-Mitglieder auf ihrem Handy ein Auto in ihrer Nähe finden und auch buchen. Kontaktaufnahme und Bezahlung lassen sich komplett über das mobile Telefon abwickeln. Wer besondere Autos wie Cabrios, Klassiker oder Transporter sucht, findet entsprechende Angebote in einer Listenansicht.
Ob Audi TT, Tesla, Mercedes-Oldtimer oder Kastenwagen, das Drivy-Angebot zeigt bereits kurz nach dem Start eine große Modellvielfalt. Wichtiger Baustein ist für Graf die Zusammenarbeit mit der Allianz. Sie bietet einen maßgeschneiderten Versicherungsschutz an, bei dem die Selbstbeteiligung 150 oder 800 Euro beträgt. Auch Haftplicht, Pannen- und Abschleppdienst sind inklusive, sodass für Vermieter und Mieter bei Unfällen keinerlei Nachteile entstehen. Graf gibt Gas und will als nächste Stadt München, danach wahrscheinlich Köln für Drivy erobern. "Für einige Vermieter wird Drivy auch dadurch interessant, weil sie sich erst so überhaupt ein eigenes Auto leisten können", sagt der Mann mit dem Viertagebart, der Politik studiert hat, einen Job im Auswärtigen Amt anstrebte, um dann bei Google Karriere zu machen. Nun steckt er seinen jugendlichen Drive in Drivy und sagt Sätze wie: "Es geht nicht ums Geldverdienen, sondern ums Senken der Autokosten." Dafür will er mit Drivy die perfekte Plattform bieten. Sie soll die Effizienz der Autonutzung steigern. "Ich mag Autos besonders dann, wenn sie optimal eingesetzt werden", sagt Graf. Und das klingt wirklich alles andere als albern.

Fazit

von

AUTO BILD
Mit seinem professionellen Anspruch kann es Drivy schaffen, eine ähnliche Erfolgsgeschichte hinzulegen wie der Hotelkonkurrent Airbnb. Teilen und Nutzen statt Besitzen liegt im Trend. Für Großstädte hat das Konzept viel Charme und Zukunftspotenzial.