Angefangen haben sie mit Unterkünften ohne Räder. Mit Anfang 20 waren Jill Vinkmann und Alex Bocks als TUI-Reiseleiter nach Mallorca gegangen. Wenn sie privat verreisten, dann allerdings lieber mit dem VW T3 Camper durch Südeuropa oder einem Land Rover Defender samt Dachzelt durch Costa Rica.
Irgendwann hatten die Weltenbummler auch beruflich genug von Hotels mit All-inclusive-Buffets und Pool-Animation. Und so machte sich das Paar 2015 mit einem Camper-Verleih auf Mallorca selbstständig. Das Komplizierte am Geschäftsmodell: Auf Mallorca gibt es so gut wie keine Campingplätze!
Jill Vinkmann hat eine Marktlücke entdeckt: "Viele Dachzelte passen nur auf große, schwere Autos. Unser 35-Kilo-Zelt schultert sogar ein VW Up."
Bild: Holger Karkheck

Also drücken sie jedem Kunden einen Ordner in die Hand, der zum einen die schönsten Spots aufführt, wo wildes Übernachten geduldet wird. Und dazu die wichtigsten Verhaltensregeln, damit das auch in Zukunft noch so bleibt.

Fünf Fahrzeuge in der Mallorca-Camper-Flotte

Heute gehören zur Flotte fünf Fahrzeuge. VW T3 für Nostalgiker, ein T6.1 für alle, die es etwas komfortabler mögen – und Autos mit Dachzelt.
"Den ersten T3 haben wir hier mit dem Trecker aus der Scheune gezogen", sagt Jill. "Zehn Jahre hatte der herumgestanden." Ein Groschen- bzw. Pesetengrab, aber irgendwie hat's geklappt.
Während der Zwangspause durch Corona erweiterten sie ihre Firma noch einmal – und begannen mit der Entwicklung eines eigenen Dachzeltes. (Dachzelte fürs Auto im ADAC-Test)
Eine PVC-Abdeckung schützt das Zelt während der Fahrt vor der Witterung. (www.lazy-camping.com)
Bild: Holger Karkheck

Aus ihrer Erfahrung mit dem Defender kannten sie die immer beliebter werdende Form des Campings. Das Problem: Viele Dachzelte sind nur für größere Autos geeignet.
Also gründeten sie gemeinsam mit Jills Bruder Christopher, der daheim in Osnabrück lebt, einen Onlineshop für Campingzubehör, mit dem ganz normale Autos zu Mikro-Campern für das Mikro-Abenteuer am Wochenende werden.

Das "Lazy Tent" passt sogar auf einen VW Up

So entstand das "Lazy Tent", ein Modell aus Alu-Streben und Stoff, das in der kleinsten Ausführung nur knapp 35 Kilo wiegt und auf normale Dachgepäckträger passt.
Zum Vergleich: Gewöhnliche Dachzelte kommen auf das Doppelte oder gar Dreifache. Und so passt das "Lazy Tent" sogar
auf Kleinwagen wie VW Up, Ford Fiesta, Fiat Panda oder Suzuki Ignis.
Zur Camper-Flotte gehören ein neuer VW T6.1 (ab 875 Euro/Woche) und ein klassischer T3 (ab 840 Euro/Woche).
Bild: Holger Karkheck

Wer die Teleskopleiter erklommen hat, liegt auf einer selbstaufblasenden Matratze, es gibt ein Moskitonetz sowie ein Vordach als Regen- und Sonnenschutz.
Zwei Größen sind verfügbar: eine mit 120 mal 200 cm großer Liegefläche, die andere mit 140 mal 200 cm. Passend dazu gibt es eine simple Kochbox – eine stabile Aluminiumkiste mit Ablagebrettern und Platz für einen Gaskocher.
Alex sagt: "Bei Wildcamping denken heute viele an große Geländewagen oder Busse. Aber warum sollte das nicht auch mit einem Kleinwagen gehen?"

Als Quereinsteiger ins Dachzelt-Geschäft

Wie wird man Dachzelt-Konstrukteur, wenn man mal Reiseverkehrskauffrau beziehungsweise Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt hat? "Durch Ausprobieren", sagt Alex. "Man wächst mit seinen Aufgaben, das war schon beim T3 so. Da wusste ich am Anfang nicht einmal, ob der Motor vorn oder hinten sitzt." Inzwischen kann er ihn ganz gut selbst reparieren.
Auch ihren Onlineshop haben sie selbst aufgebaut. "Mithilfe von Youtube-Tutorials geht alles." Und welches Camping-Thema würden sie gern auch noch neu erfinden? "Das Thema Toilette", sagt Jill und lacht.

Zur Person: Jill und Alex

Sie stammt aus Osnabrück (Niedersachsen), er aus Ennepetal (NRW). Das Paar lernte sich 2010 auf Mallorca kennen. Beide arbeiteten damals für die TUI, er war ihr Chef. Alex ist passionierter Surfer, Jill liebt Pferde.