Die Acht ist eine besondere Zahl, steht sie doch etwa in Asien für Glück. Wer eine dieser vier Powerlimos fahren kann, hatte Glück. Auch auf einer anderen Ebenen spielt die Acht hier eine Rolle: Alle Testteilnehmer werden von Achtzylindern angetrieben. In unserem Vergleich trifft der brandneue Porsche Panamera Turbo auf den ebenfalls mit einem coupéhaften Äußeren lockenden Audi RS 7 Sportback Performance, die massig-kantige Limousine Cadillac CTS-V und den hemdsärmelig auftrumpfenden Heißsporn Dodge Charger SRT Hellcat.

Der V8 im Porsche-Bug ist vergleichsweise bescheiden

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Video: Porsche Panamera Turbo (2016)

Der 550-PS-Panamera

Alle Vier bewegen wir sich auf einem hohen Preisniveau: Der Caddy CTS-V ist der Einzige, der knapp unter 100.000 Euro bleibt, der Audi RS 7 verlangt mindestens 121.700 Euro von seinem neuen Besitzer, der Panamera Turbo gar kostet mindestens 153.011 Euro. Und die Katze aus der Hölle fordert 105.900 Euro, wenn man sich mit ihren zwei Zündschlüsseln – nur einer schaltet die volle Leistung frei – und der Gewalt von 717 PS befassen will. Damit legt der Dodge Charger mächtig vor, denn selbst sein Ami-Bruder CTS-V bringt es "nur" auf 649 PS, der RS 7 nimmt so gerade die 600-PS-Hürde, und der Panamera scheint mit 550 PS auf dem Papier weit abgeschlagen. Eine klare Sache für die beiden US-Boys also, oder? Zumindest längsdynamisch sollte die drückende Mehrleistung der beiden Amerikaner in einen glorreichen Sieg umzumünzen sein. Doch gemach. Schauen wir uns die vier erst mal etwas genauer an. Im Audi RS 7 Sportback sitzt ein Dinosaurier, dessen Aussterben bereits beschlossene Sache ist: Die noch voll analogen Instrumente werden den bald anstehenden Modellwechsel nicht überstehen. Die sehr hochwertige Verarbeitung und Materialanmutung des RS 7 und die langstreckentauglichen Sportsitze locken zu einer tankverzehrenden Spritztour.
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Seinen hohen Preis kann der Charger nicht immer rechtfertigen

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Video: Cadillac CTS-V (2015)

Ami auf der Überholspur

In puncto Instrumente hat sich der CTS-V bereits der Moderne ergeben und lässt virtuelle, blau leuchtende Zeiger über einen animierten Hintergrund huschen. Als Mischwesen outet sich der Panamera, der einen analogen Drehzahlmesser zwischen zwei konfigurierbare Monitore stellt. Seine flach ansteigende, schwarze Mittelkonsole mit berührungssensitiven Flächen wirkt im Vergleich am modernsten, wenn man sich auch an diese Art der Bedienung erst noch gewöhnen muss. Insgesamt macht das Cockpit des Panamera den hochwertigsten und fortschrittlichsten Eindruck, eine Blaupause für das ultimative Bedienkonzept der Zukunft ist aber auch er nicht.  Wer nach Audi, Cadillac und Porsche in den Dodge umsteigt, wechselt von vornehmer Club-Atmosphäre in das Pub um die Ecke. Hier geht es ehrlich und analog zu, doch Materialauswahl und Verarbeitung sind eindeutig nicht das, was man sich jenseits der 100.000 Euro von einem automobilen Innenraum erwartet. Das riesige, beheizbare Lenkrad ändert daran ebenso wenig wie der mit sportiv verziertem Blech umrandete Armaturenträger oder die heiz-und lüftbaren Sportsitze mit Alcantarabezug.Gefühlt stammt der Dodge aus einer anderen Gegend und einer anderen Zeit, und man fragt sich, wohin das viele Geld für den Hellcat geflossen ist. Vielleicht liegt ja alles unter der gewölbten Performance-Motorhaube mit dem großen Lufteinlass? Diese Erfahrung heben wir uns noch ein wenig auf und entern zunächst den Audi RS 7 Performance. 605 PS, 700 Nm bei 1750 Touren – das klingt ziemlich gewaltig, und so kommt es auch rüber.
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In Sachen Beschleunigung liegt der Audi auf Porsche-Niveau

Audi RS 7
Hier geht die Post ab: Dank kräftigem Biturbo-V8 und Allrad stürmt der RS 7 in 3,3 Sekunden auf 100 km/h.
Schon nach dem Anlassen tönt der Audi sehr bassig und dominant. Über die kleinen Paddel wird der erste Gang eingelegt, dann muss man nur noch aufs Gas treten und kann eine von perfekter Traktion gestützte Beschleunigungsorgie genießen. Neben heftigen Fahrstufenwechseln mit deutlich spürbarer Momentenüberhöhung prügelt der Vierliter-Biturbo los, dass einem Hören und Sehen … okay, das nicht gerade, aber 3,3 Sekunden auf 100 km/h sind für eine zwei Tonnen schwere Luxuslimo schon der mittlere Wahnsinn, der dank Permanentallrad effizient in Vortrieb umgesetzt wird. Es ginge sogar noch mehr, aber beim Anfahren im ersten Gang hat Audi die Kraft etwas reduziert. Eine Überlegung, die vielleicht auch Cadillac hätte anstellen sollen, denn wie zu erwarten war, kann auch der CTS-V mit 6,2 Liter Hubraum und Kompressorunterstützung heftigen Druck erzeugen. Durch den ansatzlos agierenden Lader sogar so gewaltig, dass jedes Antippen des Gaspedals sofort umgesetzt wird.
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Im Cadillac CTS-V will das Gaspedal gestreichelt werden

Cadillac CTS-V
Schwer zu dosieren: Wer im CTS-V zu viel Gas gibt, lässt mit dem 649-PS-V8 die Hinterräder rauchen.
Doch der CTS-V ist ein reiner Hecktriebler, der zwar grundsätzlich über eine gute Traktion verfügt, die man aber im ersten und auch noch im zweiten Gang exakt treffen muss. Sprich: Etwas zu viel Gas, und die Hinterräder des CTS-V verlieren die Haftung und lassen sich kaum mehr kontrollieren. Nett zur Raucherzeugung, brauchbar für Drifts, aber für schnelle, perfekte Sprints viel zu spitz. Hilfreich ist hier die Traktionskontrolle, die sich im Track-Modus zusammen mit dem ESP in fünf Stufen regeln lässt und das gewaltige Drehmoment von 855 Nm den Hinterreifen bekömmlich serviert. Traktionsprobleme kennt der Panamera Turbo als Allradler natürlich nicht, zudem ist er nominell der Schwächste und tritt auch etwas zurückhaltender auf als die Konkurrenz. Dass er sich beim Spurt auf 100 km/h mit 3,3 Sekunden zusammen mit dem RS 7 auf die Pole schiebt, hat denn auch mehr mit seiner perfekten Launch-Control und dem neuentwickelten Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe zu tun. Denn wie ein sportliches Topmodell geriert sich der Panamera Turbo nicht; seine Top-Leistungen schüttelt er eher locker aus den acht Zylindern. Ein Gegensatz zum fast schon brutalen Antritt des RS 7 Performance. Grandios gestaltet sich dazu der Auftritt des Doppelkupplungsgetriebes, das von extrem sanft bis knallhart – etwa bei den 3,3 Sekunden auf 100 km/h – zwei extreme Pole eindrucksvoll abbildet.
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Die geringere Leistung des Porsche wird erst bei höherem Tempo deutlich, wo zudem die lange Übersetzung ihren Tribut fordert. Bis 280 km/h verliert der Panamera zehn Sekunden auf den RS 7 – das wird ein zukünftiger Turbo S sicher noch zurechtrücken. Krass wirkt der Wechsel vom extrem feingeschliffenen und edlen Panamera in den Dodge Charger. 717 PS und 881 Nm klingen schon auf dem Papier respekteinflößend, zumal diese auch hier nur auf die Hinterräder einwirken. Wie diese rohe Gewalt über die Pirelli P Zeros herfällt, hat etwas extrem Zerstörerisches. Da hilft es auch nicht, dass man die Launch-Control auf zehn verschiedene Anfahrdrehzahlen einstellen kann, denn selbst mit der niedrigsten (1500 Touren) findet man bis 100 km/h kaum vernünftigen Grip.
Weitere Details zu den vier Power-Limousinen finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv. 

Fazit

Ganz klar: Fahrdynamisch kommt am Panamera derzeit keiner vorbei. Mit Wankstabilisierung, Hinterachslenkung und hervorragender Lenkung macht der große Porsche einen weiteren Schritt in Richtung Elfer. Was ihn letztlich den Sieg kostet, ist allein der hohe Preis. Oder besser: das äußerst günstige Preis-Leistungs-Verhältnis des Cadillac CTS-V. Der als noch amtierender Sachsenring-Spitzenreiter auch sonst ein potentes Gesamtpaket darstellt und zudem mit einem angenehm handfesten Fahrgefühl überzeugt. Der Audi RS 7 Performance begeistert mit seinem Antriebsstrang, reicht aber querdynamisch nicht ganz an das Spitzenduo heran. Und über den Preis kann der schicke Ingolstädter auch nicht punkten. Dodges Hellcat stellt in diesem feinen Rahmen eher ein Spielzeug dar, das rennt wie ein Büffel auf Ecstasy, aber mit der monstermäßigen Motorleistung seine Probleme hat. Ganz zu schweigen von Materialauswahl und Verarbeitungsqualität.