Der Leon Cupra hat jüngst die Lufthoheit über die Fronttriebler an den Honda Civic Type R verloren. Jetzt schlägt die limitierte R-Version zurück.
Seit Anfang 2018 ist Cupra eine eigene Marke unter dem Seat-Dach, die für die motorsportlichen Aktivitäten sowie die schnellen Straßenmodelle zuständig ist. Alle Cupras treten künftig unter einem neuen Marken-Logo und ohne Seat-Embleme an. Davon macht der auf 799 Einheiten limitierte, 310 PS starke Leon Cupra R noch keinen Gebrauch. Stolz trägt er das Seat-S an Front und Heck und markiert den Höhepunkt der auslaufenden Baureihe 5F. Denn 2019 rollt der neue Seat Leon vom Stapel, gemeinsam mit seinem Technik-Bruder Golf VIII.
Der Preis des limitierten Cupra R ist eine Ansage
Teuer: Für den Cupra R werden satte 44.980 Euro fällig, dafür hat der Wagen aber auch alles an Bord.
Straffe 44.980 Euro rufen die Spanier für den Cupra R auf, allerdings fährt er grundsätzlich fünftürig und vollausgestattet vor. Inklusive sind unter anderem 19-Zoll-Sportreifen, große Bremse, Aerodynamikteile aus echtem Carbon, Abstandstempomat, Navi, Soundsystem, Rückfahrkamera und LED-Scheinwerfer. Die einzige bestellbare Option ist grauer Mattlack für 3000 Euro. An sportlichen Erfolgen hat es dem Leon Cupra nie gemangelt: 2014 mit 265 PS gestartet, führte er, insbesondere in den Leistungsstufen 280, 290 und 300 PS, auf der Rennstrecke und der Straße regelmäßig das Rudel der frontgetriebenen Hot Hatches an. Echte Gefahr drohte ihm dabei eigentlich nur aus dem eigenen Konzern: Der 310 PS starke und nur 1314 Kilo schwere Golf GTI Clubsport S krallte seine Cup-2-Reifen noch entschlossener in den Asphalt des Sachsenrings. Doch dann kam im vergangenen Jahr der neue Honda Civic Type R und fuhr allen semibeslickten Serien-Fronttrieblern einfach so um die Ohren. Und zwar auf uneingeschränkt nässetauglichen Continental Sport Contact 6.
Auf der Rennstrecke zeigt der Spanier sein ganzes Potenzial
Schnell: Mit 1:37,63 min reißt der Cupra R die Krone des schnellstens Serien-Fronttrieblers wieder an sich.
Jemand wie Heinz Hollerweger, seit über 40 Jahren bei Audi und von 2013 bis 2016 Chef der quattro GmbH (heute: Audi Sport GmbH), nimmt so etwas persönlich. Der Mann, der dem Ur-quattro Ende der Siebziger buchstäblich das Laufen beibrachte und Audi heute noch in beratender Form zur Seite steht, hatte beim Projekt Cupra R den Hut auf. Wimmelt es also deshalb an den Vorderbremsen nur so von Audi- Emblemen? Ob Bremsscheibentopf, Bremszange oder Beläge, überall prangen, neben den Brembo- Schriftzügen, die vier ineinandergeschobenen Ringe. Tatsächlich stammt die Bremsanlage vom Audi TT, doch sie zählt schon länger zum optionalen Cupra-Performance-Paket. Die erste gezeitete Runde auf dem Sachsenring absolviert die große Stahlbremse mit stabilem Pedalgefühl, in der zweiten wird der Druckpunkt zwar weich und das Pedal wandert zum Boden, die Verzögerung bleibt aber stabil, berechenbar und auf hohem Niveau. Das kennen wir von anderen Cupras genauso wie die gelegentlichen Ausfallschritte der Vorderachse nach links oder rechts bei voller Verzögerung.Geschenkt, die Rundenzeit ist dennoch top: Mit 1:37,63 min reißt der Cupra R die Krone des schnellstens Serien-Fronttrieblers wieder an sich. Und würde Seat dem R auch noch das Doppelkupplungsgetriebe verpassen, wäre er noch schneller. Was die Leistung des Honda inmitten der sportbereiften Konkurrenz dennoch kaum schmälert.
Mit dem überarbeiteten Fahrwerk wirkt der Cupra sehniger
Dynamisch: Im Comfort-Modus spricht das Fahrwerk des nachgeschärften Cupra noch sauberer an.
Auch auf der Straße spürt man, wie das Hollerweger-Team den Cupra R an allen Ecken und Enden nachgefeilt und glattgeschliffen hat. Im direkten Abgleich zu unserem Cupra 290-Dauertester – der allerdings ganz alltagstauglich auf Michelin Sport 4 S rollt – arbeiten Schaltung und Lenkung noch präziser, lenkt die Vorderachse noch williger ein, spricht das Fahrwerk im Comfort-Modus noch sauberer an und wirkt andererseits im Sport- und Cupra-Modus sehniger und definierter. Die Adaptivdämpfung operiert in allen Fahrmodi eine Spur straffer, was die Aufbaubewegungen verringert, den Federungskomfort aber nicht verschlechtert. Unser Dauertest-Cupra 290 wirkt da im Comfort-Modus fast unterdämpft. Auch die mechanische Differenzialsperre des R arbeitet spürbar feiner, unterbindet quasi jeglichen Schlupf am kurveninneren Vorderrad, zerrt das Auto aber auch nicht zu stark in die Kurve hinein. So gelingt eine perfekte, ruhige Linie an der enorm hoch liegenden Haftungsgrenze ganz ohne Untersteuern und Lenkkorrekturen. Einen derart sauberen Strich am Limit ziehen nur sehr, sehr wenige Fronttriebler.
Okay, er hat auch eine dunkle Seite, der R. Die entdeckt aber nur, wer das ESP komplett deaktiviert und bei hoher Geschwindigkeit kräftige Lastwechsel einleitet. Dann stellt sich der R schon mal quer, was sich mit der direkt übersetzten Lenkung und etwas Fahrpraxis aber meistens parieren lässt. Doch auf der Straße darf das ESP ruhig (teil-)aktiv bleiben, schließlich hält es sich angenehm im Hintergrund.
Die (vermutlich) finale Evolutionsstufe dieser Generation Cupra ist ein Meisterstück und Paradebeispiel dafür, was mit Abstimmungsarbeit möglich ist. Für einen Fronttriebler fährt der Cupra R fantastisch. Lenkung, Schaltung, Fahrwerk, Sperre, Sitze – alles greift harmonisch ineinander, macht ihn sauschnell und belässt ihn alltagstauglich. Sein Preis ragt aber weit in die Allradfraktion hinein.