Der wahre Volkswagen heißt Skoda Rapid. Er ist größer als ein Golf, aber viel preiswerter. 13.990 Euro kostet die Basis-Version. AUTO BILD ist probegefahren.
VW-Tochter Skoda verkaufte im vergangenen Jahr weltweit 879.200 Fahrzeuge – was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von satten 15,3 Prozent ergibt. Um weiterhin in der Erfolgsspur zu bleiben, rollen die Tschechen Ende November 2012 das siebte Modell zu den Händlern. Der Name: Rapid. Besondere Stärke: Viel Auto für wenig Geld. Die Mission: der im Eiltempo aufholenden Renault-Billigmarke Dacia Kunden abknöpfen. Ob das klappen kann, verrät unsere erste Testfahrt.
Das ist neu: Alles. Oder auch nichts. Das kommt auf die Sichtweise an. Technisch bedient sich der neue Rapid natürlich im ebenso gut sortierten wie gut bekannten Konzernsortiment. Die Basis liefert also eine verlängerte Kleinwagenplattform, wie sie ähnlich schon unter dem Roomster steckt. Und auch bei den Motoren setzt Skoda auf bewährte und damit günstige Lösungen. Neben modernen TDI- und TSI-Aggregaten kommen also auch so gute alte Bekannte wie der 1,2-Liter-Dreizylinder zum Einsatz. Das alles verbindet sich im Rapid zu einem ganz neuen Modell. Vor allem optisch. Der Rapid zeigt schon jetzt das künftige Skoda-Gesicht – und das ist gelungen, vermeidet den Eindruck eines Billigheimers und verzichtet auf Design-Peinlichkeiten. Innerhalb der Modellpalette übernimmt der Rapid zwischen Fabia und OctaviaII die Rolle des ersten Octavia, der bis 2010 ja immer noch in der Preisliste stand. Etwas kompakter, etwas einfacher und vor allem deutlich preiswerter soll er die Tschechen der Millionen-Marke näher bringen.
Gut getarnt: Sieht zwar auf den ersten Blick aus wie ein Stufenheck, ist aber ein Schrägheck mit großer Klappe.
So fährt er: Schon der kleine 1,2-Liter-TSI mit 86 PS macht seine Sache im Rapid sehr ordentlich. Wir konnten zwar keine Tests mit voller Zuladung fahren, im Solobetrieb hinterlässt der aufgeladene Vierzylinder allerdings einen agilen Eindruck. Nach einer kleinen Verschnaufpause beim Anfahren nimmt er willig Fahrt auf und klettert ohne großes Murren die Drehzahlleiter empor. Akustisch bleibt der Benziner dabei meist angenehm zurückhaltend und teilt seine Anstrengung nur beim Ausdrehen mit. Den Verbrauch, den Skoda für den kleinen TSI mit 5,1 l/100 km verspricht, dürften Familien in der Praxis allerdings öfter verfehlen. Grund: Das gut schaltbare Getriebe hat keinen drehzahlsenkenden sechsten Gang. Besonders auf längeren Autobahnetappen wird man ihn vermissen.
Raum für lange Redakteure: Selbst Zwei-Meter-Mann Czajka findet im Fond des Rapid genug Platz. Für mehr Bequemlichkeit gibt es eine Mittelarmlehne.
Dafür spielt das straffe Fahrwerk dort seine Stärken aus. Auf gepflegten Strecken ist der Komfort ordentlich, flotte Kurvenabschnitte sorgen bei den Mitreisenden nicht für Magenprobleme, und lange Wellen werden gekonnt überrollt.Dank der ausgewogen abgestimmten elektrohydraulischen Servolenkung sowie dem serienmäßigen ESP kommt zu keiner Zeit ein Gefühl der Unsicherheit auf – der kompakte Tscheche macht ansatzweise sogar richtig Spaß. Die Kehrseite des sportiven Ansatzes offenbart sich erst auf schlechteren Provinz-Pisten. Hier stolpert der Skoda Rapid schon mal über fiese Schlaglöcher und teilt seinen Passagieren das Ausmaß der Straßenschäden recht genau mit. Dabei taugen die zwar passenden, aber eher dünn gepolsterten Sitze nur bedingt als Puffer.
Der Arbeitsplatz des Skoda Rapid ist nüchtern gestaltet, mit einfachen Materialien. Gegen Aufpreis gibt es auch etwas Luxus, wie eine Klimaautomatik oder das Navi.
Das bietet er: Schon der einfachste Rapid kommt mit ESP, sechs Airbags und Klimaanlage. Gut so, denn darauf sollte heute niemand mehr verzichten müssen. Wer es luxuriöser wünscht, muss allerdings fleißig Kreuzchen im Optionskatalog machen. Ein Radio gehört beispielsweise erst in der Topausstattung Elegance zum Serienumfang. Weiche, den Fingern schmeichelnde Oberflächen suchen wir dagegen stets vergeblich. Auch wenn der Rapid sauber zusammengefügt scheint, bietet der Tscheche fast ausschließlich nicht geschäumten, harten Kunststoff. Irgendwie muss der Preis ja realisiert werden. Trotzdem: Schön ist das nicht. Garantiert nicht gespart wurde dagegen beim ausgesprochen großzügigen Platzangebot. Obwohl die technische Basis dem Kleinwagensegment entspringt, lassen 2,60 Meter Radstand keine Klagen aufkommen.
Selbst wenn vorn ein Zwei-Meter-Fahrer ins längs- und höhenverstellbare Lenkrad greift, passt dahinter immer noch ein Fahrgast gleichen Formats – gerade so, aber es geht. Familien mit Kindern werden darüber hinaus den gewaltigen Kofferraum schätzen. Unter der großen Heckklappe verschwinden 550 Liter Gepäck, die klappbare Fondlehne macht auch Sperrguttransporte möglich. Allerdings bleibt beim Umlegen der Rücksitze ein Absatz am Kofferraumboden, sodass schwere Kisten und Koffer mühsam darübergehoben werden müssen.
Ein Motor aus dem VW-Konzernregal: Auch im Rapid überzeugt der kleine 1,2-Liter-TSI-Vierzylinder mit 86 PS, klingt nur bei hohen Drehzahlen angestrengt.
Das kostet er: Genaue Preise verraten die Tschechen vorerst noch nicht – bis zum Verkaufsstart im November/Dezember dieses Jahres könne noch viel passieren. Den Kurs für den Basis-Rapid mit 75 PS dementiert zumindest aber niemand. Lediglich 13.990 Euro will Skoda dafür aufrufen. Eine ausgewachsene Fließhecklimousine zum Polo-Preis. Lecker. Bei unserem Testwagen sind wir dagegen auf Spekulationen angewiesen. Wenn wir vom Roomster ausgehen und den Aufpreis für den 1.2 TSI gegenüber dem Basis-Dreizylinder hochrechnen, landen wir für den Rapid 1.2 TSI mit 86 PS bei etwa 15.350 Euro. Immer noch ein richtig verlockendes Angebot, denn dafür gibt es nicht mal einen Golf.
Das gefällt uns
Die moderne Technik: ESP in allen Rapid ab Werk, unter der Haube vor allem TSI und TDI – so soll es sein, auch bei einem preiswerten Auto.
Das fehlt uns
Etwas mehr "Luxus": Dünne Polster und viel hartes Plastik unterstreichen, wie der Preis zustandekommt.
Das überrascht uns
Die Zurückhaltung beim Kombi: Derzeit ist er nicht geplant. Braucht der Octavia so weitreichenden Schutz?
Es geht doch: eine praktische, kleine Familienlimousine unter 15.000 Euro – hier ist sie. Und der Skoda Rapid ist nicht nur preiswert, sondern auch gut. Könnte sein, dass der Tscheche am Golf-Erfolg knabbert.