Hätten Sie das gedacht? Gerade mal 1825 Euro trennen Premium-Image von Allerwelts-Leumund. Das ist die Differenz, die einen edlen Audi A4 1.8 TFSI für 28.950 Euro von einem 27.125 Euro teuren Passat 1.8 TSI abhebt. VW-Tochter Audi schwebt da mit nicht nur in teureren, sondern auch in höheren Sphären. Aber das wissen wir längst. Erstklassige Verarbeitung, feines Design und Audis hoher Technik-Anspruch markieren eine seit Jahren anerkannte Standesgrenze zur VW-Volkstümlichkeit. Dabei gleichen sich doch speziell A4 und Passat in einigen Belangen wie eineiige Zwillinge. Die 160 PS starken Benziner haben mit Frontantrieb, Sechsgangschaltung und typischem Mittelklasse-Raumkonzept eine identische DNA – die beiden teilen sich dazu sogar das Herz: den modernen Vierzylinder mit Turboaufladung und Direkteinspritzung. Ist der Preisunterschied also wirklich nur eine Frage des guten Rufs der Marke Audi? Oder wo verstecken sich die Unterschiede?

VW geizt bei Luxus und Sicherheit

Audi A4 1.8 TFSI Attraction
Techno-Eleganz: Der Audi ist zwar mehr als 2000 Euro teurer, dafür aber besser eingerichtet.
Wir röntgen die beiden: Der junge A4 ist moderner – was sich zum Beispiel durch aufwendigere elektronische Helfer ausdrückt. Einen optionalen Spurhalteassistenten mit Frontkamera gibt es im Passat genauso wenig wie die automatische Überwachung des toten Winkels per Radartechnik. Gleichzeitig wird beim Passat spätestens nach genauem Blick in die Preisliste klar, warum er so viel weniger kostet. Er ist magerer ausgestattet. Im Gegensatz zum A4 liefert er ab Werk zum Beispiel weder Bordcomputer noch Radio oder elektrische Fensterheber hinten. Die serienmäßige Klimaanlage funktioniert ebenfalls nicht wie beim Audi vollautomatisch. Und auch beim Thema Sicherheitsausstattung geizt der VW. Crashoptimierte Kopfstützen und Nebelscheinwerfer gibt es nur im A4 ohne Aufpreis, dazu entfalten sich die Frontairbags des A4 nach Unfallschwere und Sitzposition stufenlos. Beim genauen Nachrechnen schrumpft der Kostenvorteil des VW ganz schön zusammen. Warum also den Passat nehmen, wenn’s auch ein edler A4 sein kann?

Der A4 muss den Passat ziehen lassen

VW Passat 1.8 TSI Trendline
Auf und davon: Der Passat punktet nicht nur in puncto Platzangebot, sondern auch mit den besseren Fahrleistungen.
Aber so einfach ist es nicht. Der VW überzeugt auf eigene Weise. Die tadellose Funktionalität, die problemlose Bedienbarkeit und das enorme Platzangebot des Passat inklusive besserer Übersicht und hohem Abrollkomfort hieven den Maßstab nach oben. Der A4 hat besonders hinten weniger Platz, sein Kofferraum ist 85 Liter kleiner, Zuladung und Anhängelast sind geringer, die Bedienung von Klimaanlage oder Navigationssystem wie beim Vorgänger gewöhnungsbedürftig. Auch wenn die Federung äußerst souverän arbeitet, die steifen 17-Zoll-Reifen des Testwagens rumpeln etwas ungeschmeidig über schroffe Fahrbahnkanten. Komfortabler als der Passat ist er somit nicht. Dann fällt der Audi auch noch in puncto Fahrleistungen ab. Der leichtere Passat sprintet dem A4 bei gleicher PS-Zahl locker davon, zieht trotz identischen Drehmoments messbar kräftiger durch. Nur nach Erreichen der Höchstgeschwindigkeit kämpft sich der Audi um immerhin fünf km/h am VW vorbei.
Trotz gleicher Anlagen – schnell ansprechender Turbo, variables Ansaugsystem, je zwei Ausgleichswellen – läuft der 1.8er im Audi etwas mechanischer, unter Last präsenter als im Passat. Nichtsdestotrotz: Die durchzugsstarke und drehfreudige Maschine wirkt in beiden Autos wie die auf den Punkt trainierte Pumpe eines Triathleten: ausdauernd und für alle Disziplinen gerüstet. Nicht so die Schaltung des Audi: Der Hebel rutscht etwas spröde durch die Gassen, das Schaltgefühl war in der Vergangenheit deutlich präziser. Dieser Hauch von Behäbigkeit verschwindet jedoch, wenn der A4 auf Kurven losgelassen wird. Aufgekratzt stürzt sich der A4 durch Ausweichgassen und Pylonenkurse. Zackig, präzise und tadellos beherrschbar geht’s durch Kurven, in denen der Passat bereits mit regelndem ESP nach Verschnaufpausen bettelt. Klare Sache: Hier ist der Audi auch dank seiner moderneren Vorderachskonstruktion und der zielgenauen, variablen Lenkung in seinem Element. Das gilt auch für die Bremsen. Kalt oder warm, beladen oder unbeladen: In allen Disziplinen nimmt der A4 dem Passat wertvolle Zentimeter ab.

Tolle (teure) Technik gibt's vor allem bei Audi

Hingelangt: Audi greift bei den Extras ordentlich zu.
Hingelangt: Audi lässt sich Extras für den A4 ordentlich bezahlen.
Das gleiche Spiel im Kostenkapitel: Günstigere Kasko-Einstufungen, weniger Wertverlust – so kompensiert der A4 noch etwas vom Nachteil des höheren Kaufpreises. Leider schlägt Audi dann bei den Extras wieder eiskalt zu. Entweder sind die vergleichbaren Optionen teurer – zum Beispiel kostet Metalliclack 240 Euro mehr als bei VW. Oder es gibt die Beigaben nur in unverständliche Paket- Kombinationen geschnürt: So lassen sich die adaptiven Dämpfer nur in Verbindung mit dem Individualisierungsprogramm drive select wählen. Kleiner Trost: Passat-Fahrer können überhaupt kein elektronisches Fahrwerk ordern. Tolle Technik gibt’s eben vor allem bei Audi. Die besseren Preise aber wie gehabt bei VW.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jan Horn 

Der Vergleich endet für mich mit einer faustdicken Überraschung: Der A4 ist das modernere, teurere Auto, aber nicht das rundum bessere. Er fühlt sich beim Fahren zwar fester und wertiger an, aber das sind letztlich nur Nuancen. Denn auch der Passat ist ein ausgewogenes, gutes Auto. Technik-Fans werden sicher eher mit dem Audi glücklich, der Passat trifft jedoch zielsicher mal wieder den Nerv aller Autofahrer.      

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