Deutschland liebt das SUV, mehr denn je. SUV wie "Sports Utility Vehicle", was mit Geländewagen nur unzureichend übersetzt ist. Alleskönner wäre treffender. Sicher, da gibt es Leute, die uns auffordern, die SUV in Zahlung zu geben und stattdessen Windmühlen zu kaufen. Aber der Trend zum allradgetriebenen Hochsitz hält an. Dumm nur, dass er an Ford vorbeiging, denn dort gab es bisher keinen. Höchste Zeit deshalb für den Ford Kuga, der bei den kompakten SUV eigene Akzente setzen soll. Das muss er auch, denn der Kuchen ist in diesem Segment schon so gut wie verteilt. Warum also ein Kuga, wenn es zum Beispiel auch der neue Tiguan von VW sein könnte? Wir suchen die Antwort in Spanien, wo Ford das neue Allradtier von der Leine lässt: die erste Kuga-Fahrt unter Anwesenheit eines Tiguan. Eine harte Nuss für den Kölner Nachzügler.

Überblick: News und Tests zu Ford Kuga und VW Tiguan

Ford Kuga
Zunächst nur mal betrachten und einwirken lassen: Der Kuga, das müssen wir Ford lassen, kommt so dynamisch rüber, wie es der Werbespruch "Kinetic Design" verspricht. Zum Angewöhnen, selbst für SUV-Muffel. Daneben wirkt die Form des Tiguan so aufregend wie ein Aktenschrank. Geschmacksache, zugegeben, aber den Designpreis überreichen wir dem Kuga. Geringe Unterschiede übrigens im Format: Der Ford ist 1,5 Zentimeter länger, hat aber sechs Zentimeter weniger Radstand. Zeit zum Einsteigen. Der Kuga empfängt uns mit reichlich Aluglanz, hübsch anzusehen und sauber gemacht. Nur die Instrumente lassen sich vor lauter Design schwer ablesen. Zierliche, aber straff und bequem gepolsterte Möbel, hohe Sitzposition, ausreichend Platz für zwei im Fond. Einwandfrei. Praktisch: Das leicht bedienbare Rollo über dem ausreichend bemessenen Kofferraum lässt sich bei Nichtgebrauch unter dem Ladeboden verstauen. Dort finden sich zudem zahlreiche Fächer für Kleinzeug. Und das Oberteil der Heckklappe ist separat zu öffnen – geschickt fürs Einladen von Einkaufstaschen.

Wer Gediegenheit sucht, wird beim Tiguan fündig

VW Tiguan
Was spricht da noch für den VW? Ganz klar, der Eindruck von Gediegenheit. Da ist der Tiguan vorbildlich. Hinzu kommen die verstellbaren Rücksitze, ein etwas besserer Raumeindruck und der geringfügig größere Kofferraum. Im Alltag ist das alles durchaus der Rede wert. Das technische Rüstzeug für den Kuga liefern die Modelle C-Max und Focus – abgesehen vom Allradantrieb, den Ford allerdings mit 2000 Euro extra berechnet. In der Basisversion ist der Kuga nämlich ein Fronttriebler. Die bedarfsgerechte Kraftverteilung übernimmt beim Allradler eine elektronisch gesteuerte Haldex-Kupplung, genau wie im Tiguan. Unter der Haube dieselt der markenbekannte Zweiliter-TDCi-Motor mit 136 PS im Verbund mit einem Sechsganggetriebe. Damit hat es sich fürs Erste. Weitere Motorvarianten sollen sich auf einen Fünfzylinder-Turbobenziner mit 200 PS beschränken, der ebenso wie das automatisierte DSG-Sechsganggetriebe für Ende 2008 auf dem Programm steht.
Reicht das, um den allseits hochgelobten Tiguan in die Wüste zu schicken? Erster Eindruck: Viel fehlt nicht. Auf den kurvenreichen Buckelpisten Südspaniens glänzt der Kuga mit BMW X3-verdächtigen Handlingqualitäten – hohe Lenkpräzision gepaart mit fast sportlicher Agilität, zumindest an SUV-Gepflogenheiten gemessen. Dazu eine straff gedämpfte Federung, die auch grobe Verwerfungen der Fahrbahn wegsteckt. Da setzt der Ford wieder mal Maßstäbe. Die elektrische Servolenkung stellt drei Geschmacksrichtungen (Komfort, Normal, Sport) zur Auswahl, die sich in Form unterschiedlicher Lenkkräfte bemerkbar machen. Schön auch, wie die Haldex-Kupplung bei entsprechender Gaspedalbehandlung lästiges Untersteuern in Kurven unterbindet. Alles in allem ein Fahrwerk, das Lust auf mehr Leistung macht.
Im VW keimt dieser Wunsch kaum auf. Sicher, auch der Tiguan gibt sich erfreulich handlich, aber im direkten Vergleich fehlt ihm das sportlich Direkte. Dafür lässt er sich leichter schalten, und der neue Zweiliter-Diesel mit Common-Rail-Einspritzung (140 PS) läuft geschmeidiger. Sollten stattdessen Ausflüge abseits der Straße auf dem Programm stehen, dann äußern sich beide eindeutig: "Im Zweifel lieber nicht." Doch wenn es partout sein muss, dann sind die Aussichten im Ford nicht schlechter als im VW. Jetzt noch die Preisfrage: Ist der Kuga ein Schnäppchen? Antwort: nein. Mit 28.500 Euro unterbietet er den Tiguan um gerade mal 300 Euro.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Wolfgang König

Nicht nur SUV-Fans könnten sich für den Kuga erwärmen. Schon weil er nicht so klobig daherkommt wie viele seiner Artgenossen. Und weil er beim Fahren kaum Kompromisse verlangt. Da wird es der vergleichsweise brave VW Tiguan künftig etwas schwerer haben.

Von

Wolfgang König