Ganz schön mutig, einen kompakten Van "Picasso" zu nennen. Ausgerechnet im Segment der praktischen Familienautos startet Citroën eine Kreativitätsoffensive. Bonjour, in der kleinen Kunststunde für kompakte Familienautos. Wir lernen: Die Franzosen bauen Picassos. Nicht einen, nicht zwei, sondern gleich drei. Einen alten mit dem Namen Xsara Picasso, der mindestens noch bis 2009 als günstiges Einstiegsmodell weiterproduziert werden soll. Seit 2006 kommt der Grand Picasso dazu, und nun stellt sich Citroën den dritten Picasso in die Sammlung: einen Fünf- statt Siebensitzer mit moderner Linienführung, ideenreichem Innenraum. Zu einem Preis (27.550 Euro), der auch noch im Rahmen bleibt. Ein Angebot, das vor der etablierten Konkurrenz von Ford und Renault standhalten muss. Die geben ihren Vans abstraktere Namen, mit C-Max und Scénic echte Kunstnamen. Aber betrachten wir zunächst den Citroën, mit 4,47 Meter Länge der größte Meister. Farblich ist zumindest unser Testwagen eine graue Maus in Metallic. Innen mixten die Designer modisches braunes Leder mit weichem Kunststoff.

Ladekünstler: Der Renault Scénic fasst 1840 Liter

Weite Ebene: Im Scénic können die Fond-Sitze komplett ausgebaut werden.
Weite Ebene: Im Scénic können die Fond-Sitze komplett ausgebaut werden.
Das Schönste aber ist die Aussicht nach draußen. Da tun sich ganz neue Perspektiven auf. Dank Panoramawindschutzscheibe und aufpreispflichtigem Glasdach fühlt man sich wie unter freiem Himmel. Die Ledersitze (3760 Euro) sehen schon beim Hingucken bequem aus, jeder bekommt einen eigenen Platz. Auch die Passagiere hinten. Statt einer durchgehenden Bank bietet der Picasso drei Einzelsitze, die sich alle separat verschieben, klappen und im Boden versenken lassen. Am Ende bleibt ein Kofferraum, der bis zu 1734 Liter fassen kann. Nur der Renault Scénic ist mit maximal 1840 Litern ein noch größerer Ladekünstler, dafür mit vier Jahren Bauzeit schon ein wenig antik in der Anmutung. Renault und Ford setzen auf eine andere Klapp-Technik: Die Fondplätze stellen sich hinter die Vordersitze – im Scénic können sie auch komplett ausgebaut werden. Herausnehmen ist zwar umständlicher als Versenken, dafür ist dann aber auch die Ladefläche platt wie der Norden. Im C-Max lassen sich die beiden äußeren Sitze zusätzlich noch diagonal nach hinten verschieben. Da entspannen sich die Schultern. Aaahh, wie gut das tut, denn im Vergleich zu Scénic und Picasso ist der C-Max mehr Vier- als Fünfsitzer. Der mittlere Platz fällt eine Nummer kleiner aus, ein echter Kindersitz. Bei der Zuladung fehlen ihm ebenfalls 35 Kilogramm (425 Kilo) zu den Franzosen (460 Kilo), trotzdem liegt er damit noch auf Kombi-Niveau.
Kunst kennt viele Perspektiven. Vorn, im Citroën tobten sich die Designer richtig aus. Keine Mittelkonsole und ein Lenkrad, das alles kann. Navi, Radio und mittels eines filigranen Hebels das automatisierte Schaltgetriebe bedienen. Wunderbar, dass der Picasso gestressten Eltern diese Aufgabe gern abnimmt. Allerdings pausiert er bei automatischen Gangwechseln kurz. Wer schon mal in einem Smart gesessen hat, kennt das Gefühl. Aber die Automatik-Funktion ist auch nur ein Zusatz (den die anderen gar nicht bieten), manuelles Schalten mit den Wippen am Lenkrad funktioniert bestens – und ganz ohne zu kuppeln. Daher: volle Punktzahl. Der 136 PS starke Diesel arbeitet angenehm leise und ist mit 6,7 Litern durchaus sparsam.
Ford baut den gleichen Vierzylinder ein. Im C-Max beschleunigt er 2,5 Sekunden schneller auf Tempo 100, verbraucht einen halben Liter weniger. Ein Kunststück? Kein Kunststück: Die Erklärung liefern das geringere Fahrzeuggewicht und die modifizierte Übersetzung des manuellen Sechsganggetriebes. Was ihm auch zu mehr Agilität und Leichtfüßigkeit verhilft. Das Fahrwerk ist ausgesprochen ausgewogen, die Lenkung deutlich direkter als bei den anderen Vans. Beim Fahren glänzen – das konnte der C-Max schon immer. Auch vor dem kürzlichen Facelift. Trapezgrill und senkrecht eingesetzte Nebelscheinwerfer sind noch die auffälligsten Merkmale, im Innenraum optimierte Ford außerdem den Seitenhalt der Sitze. Mehr Raum für Verbesserungen bietet der Scénic. Die Bedienung ist nicht ganz so klar wie im Ford. Nein, Logik ist nicht seine Stärke, auch nicht präzises Lenken. Umso mehr beherrscht Renault die Kunst der komfortablen Fortbewegung. Zwar beschleunigt der 1.9 dCi (130 PS) zwei Sekunden langsamer, als der Hersteller verspricht, fährt dafür aber ausgesprochen ruhig. Auch beim Bremsen steht der Scénic mit 37,6 Metern vor der Konkurrenz. Wie auch am Ende in der Gesamtwertung. Antiquitäten sind eben manchmal die bessere Wahl.

Test: So gut passen drei Kindersitze

In allen drei Vans passen drei Kindersitze nebeneinander. Nur das Anschnallen fällt unterschiedlich schwer. Im Citroën funktioniert es am besten, bei Renault und Ford ist es fummelig. Extra beim Scénic: zwei Kinderkopfstützen (150Euro) für größere Kinder mit Sitzerhöhung. Vorteil Picasso: Isofix für alle Sitze, bei den anderen nur links und rechts.

Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko

Kompakte Vans beherrschen viele Kunststücke: Kisten laden, Stühle klappen, Kinder kutschieren. Darin sind alle drei große Meister. Dass der Renault am Ende gewinnt, überrascht. Er holt seinen Sieg in erster Linie durch ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Der C-Max fährt am besten, der Picasso – finde ich – ist der Hübscheste von allen.

Von

Margret Hucko