Ein Diesel mit 90 PS in der Kompaktklasse – das war vor ein paar Jahren noch gang und gäbe. Wir waren damit gut unterwegs und fühlten uns keineswegs untermotorisiert. Aber heute, wo die immer schwerere Golf-Klasse leistungsmäßig explodiert, scheinen 90 Pferde total von gestern. Es gibt sie zwar noch, aber nur wenige wollen sich damit anfreunden. Sie riechen eher nach Magersucht als nach Diät. Stimmt das wirklich? Gehen uns womöglich die Maßstäbe verloren? Das Gegenteil ist der Fall. Ford Focus, Hyundai i30 und Mercedes A 160 setzen welche. Dank moderner Einspritztechnik sind sie mit 82 und 90 PS zeitgemäß auf Diät getrimmt. Die im Test ermittelten Verbräuche um 5,5 Liter lassen sich im Alltag noch unterbieten, wenn das Leistungsmaximum nicht ausgereizt wird. Ganz neu in dieser Spar-Klasse ist der i30 aus Korea. Den Diesel-Hyundai gibt es zum Knallerpreis von 16.140 Euro. Der Kölner Konkurrent kostet mindestens 2000 Euro mehr, für den Stern aus Stuttgart muss – sie ahnen es schon – satter Aufpreis gezahlt werden. 6000 Euro!

Hyundai: Lenkung hölzern, Fahrwerk mau

Bei der Probefahrt wird schnell klar, wo der Rotstift am meisten regiert. Der Hyundai hat keine fernbediente Zentralverriegelung, die Spiegel müssen per Hand verstellt werden und sind nicht beheizbar. Die Kunststoffe wirken billiger. Am ärgerlichsten aber sind die schwachen Bremsen. Für den Notstopp aus Tempo 100 um die 40 Meter zu brauchen, ist absolut nicht mehr zeitgemäß. Veraltet auch die Arbeitsweise des serienmäßigen ESP. Es steuert nicht so feinfühlig wie die modernere Elektronik bei Ford und Mercedes. Der i30 kommt in zu schnellen Kurven gern mit dem Heck herum, bleibt aber sicher. Viel Feinarbeit haben die Koreaner hingegen in den Motor investiert. Er ist gut gedämmt, im Leerlauf kaum als Diesel zu entlarven. Mit zunehmendem Tempo gibt er sich dann knurriger. Ab Tempo 65 kann der fünfte Gang rein, bei 130 dreht er entspannte 2800 Touren. Lediglich die Lenkung des Hyundai gibt sich hölzern, das Fahrwerk könnte mehr Komfort bieten.

Die A-Klasse ist die ideale Einpark-Klasse

Der ist beim kleinen Mercedes besser, auch passen Temperament und Geräuschniveau zum nervenschonenden Anspruch nicht nur der Generation 50+. Der A 160 CDI ist leise, hat es aber insgesamt nie sehr eilig. Zum Glück flutscht der Fünfgang-Schalthebel fast wie von selbst durch die Kulisse. Denn die Elastizität des vergleichsweise großen Motors ist miserabel. Nur wer viel schaltet kommt flott voran, was spätestens beim Einfädeln auf die Autobahn bitter nötig ist. Im fünften Gang läuft der Diesel erst ab 1500 Touren (Tacho 80) rund, bei 130 liegen schlanke 2500 Umdrehungen an. Einer Diät-Empfehlung widerspricht der stolze Grundpreis von 23.128 Euro (inklusive 845 Euro für die 16-Zoll-Bereifung des Testwagens). Für den Premium-Preis gibt es aber noch längst keine Premium-Ausstattung. So kostet bereits ein Radio extra, ebenso Window-Airbags vorn und hinten und die Lenkrad-Längsverstellung. Trost: Reifendruck-Kontrollsystem, Fahrlichtautomatik, eine Berganfahr-Hilfe und gute Verarbeitung sind Serie. Schließlich erfreut die A-Klasse in diesen Zeiten, da unsere Autos optisch immer beliebiger werden, mit seiner einmaligen, parklückenfreundlichen Form. Die im Alltag immer wieder überrascht, bietet sie doch trotz ihrer Kürze den geräumigsten Laderaum im Vergleich, auch ist er vielfach variabel. Die höheren Frontstühle schätzt jeder, nicht jedoch deren Sitzposition – die Passagiere hocken fast auf dem Boden, müssen erst die Höhenverstellung aktivieren.
Ganz anders der Focus. Unglaublich, wie er seine 90 PS umsetzt. Er wird zum Dynamiker dieses Trios, übernimmt sofort die Spitze. Bei Spurt und Höchsttempo zeigt er seinen Konkurrenten die Rücklichter. Seine Servolenkung passt ihre Unterstützung dem jeweiligen Tempo an, kann aber auch vom Fahrer in drei Stufen eingestellt werden. Die Sitze passen zur Qualität des Fahrwerks, das sich nur selten aus der Ruhe bringen lässt. Kurven umrundet er fast neutral. Sollten die Räder trotzdem ins Rutschen kommen, greifen fein abgestimmte Elektronik-Engel blitzartig rettend ein. Im Gegensatz zu den beiden Konkurrenten rauben sie dem Focus aber nichts von seiner Sportlichkeit. Schwer verzeihlich aber ist ein Mangel: Der 90-PS-Dieselmotor des Focus ist weder mit einem Partikelfilter zu haben, noch damit nachzurüsten. Das wäre ein triftiger Grund, den Focus aus der engeren Wahl zu nehmen. Denn wer will schon ein Auto, das später so gut wie unverkäuflich ist? Dass wir ihn am Ende dennoch rundum empfehlen können liegt an der Ford-Zentrale in Köln. Denn die haben versprochen, dass der 90-PS-Focus ab Januar serienmäßig mit Partikelfilter bestückt wird. Den gibt es zwar nicht umsonst (Aufpreis ca. 400 Euro), aber neben dem besseren Umweltgewissen wird der Motor dann auch die Abgasnorm Euro-5 erfüllen. Bis dahin ziehen wir der Feinstaub-Schleuder im Umwelt-Kapitel neun Punkte ab. Er gewinnt den Vergleich aber trotzdem.

Fazit  von AUTO BILD-Autor Diether Rodatz

Ich gebe zu: Auch ich war anfangs skeptisch, ob 90 PS heute in einem Diesel-Kompakten noch ausreichend sind. Am Ende des Vergleichs steht für mich fest: allemal! Besonders verblüfft hat mich der Ford. Er fährt so, wie das neue Markengesicht aussieht: dynamisch die Fahrbahn in sich hineinschnüffelnd. Enttäuscht hat mich dagegen der Mercedes. Er ist regelrecht tot übersetzt, in den hohen Gängen wird Überholen zur Geduldsprobe. Und der Hyundai? Er ist durchaus eine Kaufempfehlung. Nicht der Schnellste, nicht der Softeste, nicht der Größte. Aber ein ordentliches Auto für kleines Geld.