Als SUV noch Geländewagen hießen, bewies Nissan schon ein feines Näschen, wohin die Reise gehen könnte. Mit dem X-Trail brachten die Japaner bereits vor sechs Jahren jenes Trendmobil ins Rollen, ohne das heute kaum noch ein Hersteller auskommen mag.

Nach weltweit über 800.000 verkauften Exemplaren (bei uns über 50.000) geht ab dem 6. Juni nun bereits die zweite Generation des kompakten Freizeitautos an den Start. Optisch auf den ersten Blick nur schwer vom Vorgänger zu unterscheiden, setzt Nissan auf bewährte Taktik. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten, deren Figuren immer mehr Rundungen und Pölsterchen aufweisen, zeigt der neue X-Trail weiterhin Mut zur Kante.

"Viele unserer Kunden hätten am liebsten alles beim Alten gelassen" verteidigt Produkt-Manager Björn Krüger Nissans "geradlinig-ehrlichen" Karosserie-Kurs. Etwas langweilig, aber wenn’s wieder klappt ... Natürlich sollte sich der X-Trail auch deutlich vom Neuen Mode-Rundstück Qashqai abgrenzen. Mit dem flotten Bruder teilt er sich übrigens die Bodengruppe. Beim X-Trail hat Nissan allerdings kräftig daran gezogen.

4,63 Meter ist der X-Trail jetzt, und damit eine Handbreit länger als ein BMW X3. Seinen Vorgänger überflügelt er gar um 17,5 Zentimeter. In erster Linie profitiert das Gepäck davon. Allein der Laderaum wurde zehn Zentimeter länger und wuchs auf maximal 1773 Liter – Bestwert seiner Klasse, sagt Nissan.

Doppelter Boden: Das neue Modell hat dieses Lademodul serienmäßig.
Die neue, flach bauende Hinterachse ermöglicht es, die Ladekante um elf Zentimeter abzusenken. Nissan füllt diesen Raum mit einem Lademodul inklusive Schubfach für Kleinkram, der sonst nervig klöternd rumfliegt. Weiter vorn verabschiedet sich der X-Trail vom Zentral-Cockpit. Es rückt wieder nach links, macht mittig den Platz für einen Sieben-Zoll-Bildschirm frei.

Gemütliche Sitze, Materialien, die sich hochwertig anfühlen, sowie selbsterklärende Knöpfe und Tasten unterstreichen, dass Abenteuer hier unerwünscht waren. Wirkt alles sehr Pkw-like. Und genau das ist auch der Eindruck nach den ersten Metern hinterm Steuer. So sehr sich der X-trail auch bemüht, optisch den rauen Grenzgänger zwischen zwei Welten zu spielen, so ist er im Kern doch ein bemerkenswert sanftmütiger Typ. Er versucht gar nicht erst, den Dynamiker à la BMW X3 vorzugaukeln und verzichtet gänzlich auf die harte Tour.

Total verschränkt: Der X-Trail bleibt ein talentierter Kletterer.
Äußerst komfortabel federt der Allradler seine Insassen selbst über üble Pisten und verwöhnt mit einem unerwartet niedrigen Geräuschniveau. Dass er sich in allzu engagiert genommenen Kurven etwas zu stark zur Seite neigt und merklich kopflastig untersteuert, dürfte die typischen X-Trail-Kunden kaum stören. Die fahren nicht so. Sticht man doch mal zu optimistisch in eine Biegung, helfen meist ESP (jetzt stets serienmäßig), elektronische Bremskraftverteilung (EBD), Antiblockiersystem und das nochmals überarbeitete All-Mode-4x4-System aus der Patsche. Das soll jetzt noch schlauer sein und alles Mögliche überwachen. Diverse Sensoren melden einem Zentralrechner, was da draußen auf der Straße abgeht. Das Superhirn schickt dann blitzschnell die Kraft dem Rad mit der besten Haftung rüber.

Zusätzlich unterstützen nun elektronische Helfer den Fahrer bei steilen Abfahrten und beim Anfahren am Berg. Klingt gut und ist es auch, wie erste Abstecher ins Gelände zeigen. Zu den Preisen: Bei 26.990 Euro geht es los. Dafür gibt's einen komplett neuen Zweiliter-Benziner mit 141 PS, ab 30.040 Euro einen 2,5-Liter mit 169 PS. Wer dieseln möchte, muss mindestens 29.440 Euro anlegen und bekommt den von uns gefahrenen, kräftigen und völlig ausreichenden 150-PS-dCi. 20 Diesel-PS mehr kosten ab 32.140 Euro. Beide Selbstzünder kommen von Renault und haben serienmäßig Partikelfilter druntergeschnallt. Eine saubere Entscheidung.

FAZIT


Evolution statt Revolution: Der X-Trail bleibt – wortwörtlich – seiner Linie treu. Nissan hat seinen SUV auf den Punkt modernisiert, ohne modisch zu sein. Ein unauffälliger Generationswechsel wie beim Mini oder Mazda MX-5. Kontinuität statt Kurzlebigkeit. Diese Mode gefällt mir.

Von

Tomas Hirschberger